Erzbischöfliches Offizialat Köln - Förmlicher Ehenichtigkeitsprozess

Förmlicher Eheprozess

Der förmliche Eheprozess ist das ordentliche gerichtliche Verfahren zur Feststellung der Ungültigkeit einer Ehe. In einem solchen Verfahren sollen möglichst beide Ehepartner und Zeugen persönlich angehört werden. Das Verfahren ist von der Natur der Sache her diskret und damit nicht öffentlich. Ein Anwaltszwang besteht nicht.

Ein förmlicher Prozess ist immer dann zu führen, wenn ein beeinträchtigtes Eheversprechen als Ehenichtigkeitsgrund vorgetragen wird.

Sofern ein Ehehindernis oder ein Formfehler als Ehenichtigkeitsgrund erscheint und dies dokumentarisch beweisbar scheint, kommt ein summarischer Ehenichtigkeitsprozess in Frage.

 

Eine etwaige Nichtigkeitserklärung

will kein Kapitel aus der Lebensgeschichte der beiden Partner für belanglos erklären oder ausstreichen. Die Ehelichkeit der Kinder einer ungültigen Ehe bleibt in jedem Fall unberührt.

Ebensowenig werden moralische und menschliche Verbindlichkeiten aufgehoben, die mit der Ehe verbunden sind.

Die "nichtig" genannte Ehe ist niemals ein Nichts: auch die ungültige Ehe (deren Ungültigkeit förmlich bewiesen und festgestellt ist) bleibt eine Ehe und Lebenswirklichkeit, die allerdings eine nachfolgende Ehe nicht mehr kirchenrechtlich hindert.
 


Die Vorschriften des förmlichen Prozesses

zeigen, dass die Kirche auf einen sorgsamen und diskreten Umgang mit den beklagten Ehen Wert legt.

  • Das Verfahren ist nicht öffentlich. Die Parteien begegnen sich vor Gericht nicht persönlich; sie und die Zeugen werden einzeln angehört. Die Gerichtspersonen sind alle von Amts wegen zu Stillschweigen verpflichtet. Auch von den Parteien und Zeugen wird ein diskretes Verhalten erwartet.
     
  • Ein Kollegium von drei Richtern muss in jedem förmlichen Ehenichtigkeitsprozess entscheiden. Der Vorsitzende ist stets ein Kleriker (Bischof, Priester, Diakon), die beiden anderen können Laien sein (d.h. Nicht-Kleriker, Männer oder Frauen). Einer dieser drei Richter leitet die Beweiserhebung (und ist damit der Ansprechpartner für die Parteien).

  • Ein/e Ehebandverteidiger/in ist in jedem Verfahren von Amts wegen beteiligt, wie eine Partei. Bevor es zum Entscheid der drei Richter kommt, hat er/sie vorzubringen, was vernünftigerweise gegen die Ungültigkeit einer beklagten Ehe spricht.
     
  • Die Gültigkeit einer Ehe wird angenommen bis zum Beweis des Gegenteils. Im Zweifel muss gegen die Ungültigkeit der Ehe entschieden werden, also dass die Ehe weiter als gültig anzunehmen ist. Bloße Wahrscheinlichkeit reicht zur Feststellung einer Ungültigkeit nicht aus.
     
  • Ein Entscheid zugunsten der Ungültigkeit einer Ehe hat erst dann Bestandskraft bzw. ist erst dann anwendbar, wenn keine Berufung eingelegt wird.

  • Durch Berufung kann ein Urteil angefochten werden: sei es, das die Klage anerkannt wurde, oder sei es, das die Klage nicht anerkannt wurde. Zur Berufung berechtigt sind die Beteiligten, also die klagende Partei wie die nichtklagende Partei sowie der/die - von Amts wegen stets zu beteiligende - Ehebandverteidiger/in.
     

Zum 8. Dezember 2015

ist die Eheprozessordnung verändert worden durch Papst Franziskus mit seinem Erlass "Mitis Iudex":

  • Der Wohnsitz nun auch der klagenden Partei macht ein kirchliches Gericht ohne Weiteres zuständig (wie bislang bereits der Eheschließungsort, der Wohnsitz der nichtklagenden Partei sowie der Ort der meisten Beweise).
  • Ein Urteil, das (ab dem 08.12.2015 den Prozessbeteiligten mitgeteilt ist und) erstmals die Ungültigkeit einer beklagten Ehe feststellt, muss nicht mehr von Amts wegen überprüft werden durch eine nachfolgende Instanz. Die Bestandskraft des positiven Urteils hängt nun einzig davon ab, ob Berufung eingelegt wird und ob ggf. diese Berufung Erfolg hat.
  • Unter besonderen Voraussetzungen kann ein förmlicher Eheprozess auf einem verkürzten Weg vom Bischof persönlich entschieden werden.

 

In der Praxis

kann die gesetzliche Vorschrift, dass eine Instanz nicht mehr als ein Jahr dauern soll, nicht immer eingehalten werden, trotz eines gerichtlichen Bemühens um zügige Abläufe. 

Die Gerichtsgebühr beträgt im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz Euro 200,– in erster Instanz und Euro 100,– in jeder weiteren Instanz. Sie geht zu Lasten der klagenden Partei. Besondere Auslagen, z.B. für Gutachten, können hinzukommen; sie gehen ebenfalls zu Lasten der klagenden Partei.

Bei einer wirklichen Notlage kann auf Antrag eine Prozesskostenhilfe gewährt werden.

 

Für Beratungsgespräche mit weiteren Auskünften

zu den kirchlichen Eheverfahren stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kirchlichen Gerichte gerne zur Verfügung.