Erzbischöfliches Offizialat Köln - Verfahren wegen nichtvollzogener Ehe

Verfahren wegen nichtvollzogener Ehe

Durch einen päpstlichen Gnadenakt

kann von einer früheren Ehe kirchenrechtlich befreit werden, wer geschieden ist aus einer Ehe, die geschlechtlich niemals vollzogen worden ist. Die Befreiung, mit der eine neue katholische Ehe kirchenrechtlich ermöglcht, gewährt allein der Papst persönlich. 

 

Unabhängig von einem konkreten Ehevorhaben kann dem Papst eine Bitte um Befreiung wegen nichtvollzogener Ehe vorgetragen werden (also anders als bei einer Bitte um Befreiung von einer nichtsakramentalen Ehe).

Kirchenrechtliche Regelungen hierzu enthält das kirchliche Gesetzbuch CIC im Prozessrecht mit den Canones 1697-1706; diese sind von der päpstlichen Website abrufbar als

Die Ermittlungen zur Sache geschehen zunächst im örtlichen Bistum. Anschließend beim Apostolischen Stuhl ist die Prüfung der Bittgesuche – durch den Erlass "Quaerit semper" von Papst Bendedikt XVI. – seit dem 01.10.2011 der Rota Romana zugeordnet, dort einer besonderen Dienststelle. Zuvor gab es eine entsprechende Dienststelle bei der Sakramentenkongregation, die 1986 ein Rundschreiben zum Verfahren erlassen hatte.

 

Das Verfahren

verläuft in fünf Schritten:

  • Antrag / Bitte an den Papst
  • Eröffnung des Verfahrens
  • Ermittlung des Sachverhalts
  • Diskussion der Sache
  • Entscheid durch den Papst


Der Antrag ist schriftlich zu formulieren als Bitte an den Papst. Eingereicht werden kann der Antrag beim Bistum des eigenen Wohnorts, üblicherweise beim Offizialat.

 

Die Eröffnung des Verfahrens ist weniger förmlich als bei einem Eheprozess (es braucht keine Prozessfrage). Doch auch hier kann nicht darauf verzichtet werden, den getrennten Ehepartner der bittstelllenden Partei möglichst zu kontaktieren: der getrennte Partner ist über das Verfahren zu benachrichtigen und zu einer Anhörung zu laden. Ebenfalls wird ein/e Ehebandverteidiger/in für das Verfahren bestellt.

 

Die Ermittlung des Sachverhalts geschieht durch einen eigens dazu Beauftragten, wie bei einem Eheprozess: Der Untersuchungsführer hört möglichst beide Parteien sowie Zeugen an. Wenn keine medizinischen Atteste vorliegen, muss dennoch nicht in jedem Fall eine medizinische Untersuchung veranlasst werden. Eine Anerkennung des Nichtvollzugs ist schon dadurch möglich, dass die Parteiangaben zur Sache hinreichend glaubhaft sind im Lichte der bezeugten Umstände. Die Ergebnisse der Ermittlungen werden in einer Akte protokolliert bzw. festgehalten.

 

Eine Diskussion der konkreten Sache geschieht weniger förmlich als bei einem Eheprozess: Sie erfolgt, soweit die ermittelten Umstände nicht ungünstig scheinen, ohne Mitwirkung der beiden Parteien; eine Offenlegung der Akte an die Parteien ist nicht vorgesehen. Eine Stellungnahme der Ehebandverteidigung wird vom Untersuchungsführer eingeholt, die den Parteien nicht zugestellt wird. Der Untersuchungsführer erstellt einen Bericht zur Akte und legt alles dem Diözesanbischof vor. Der Bischof wiederum legt alles, mit einer eigenen Stellungnahme, dem Apostolischen Stuhl vor. Die dort zuständige Dienststelle der Rota Romana entscheidet, ob die Voraussetzungen vorliegen, dass die Sache dem Papst persönlich zur Anerkennung vorgelegt werden kann.

 

Der letze Entscheid liegt beim Papst persönlich. Der Apostolische Stuhl informiert das Bistum und dieses die Beteiligten.

 

In der Praxis

ist eine vorherige Beratung im Offizialat anzuraten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kirchlichen Gerichte stehen hierfür gerne zur Verfügung.


Der Apostolische Stuhl hat bislang für seine Aufwendungen eine Gebühr erhoben [Stand 2020: ca. 850,– Euro]; das Verfahren beim Bistum ist kostenfrei. Als gesamte Verfahrensdauer ist etwa ein Jahr anzusetzen.