Pädagogische Woche Tag der Lehrer

Tag der Lehrerinnen und Lehrer

Der Heilige Geist in der Schule?

Unter dem Motto "Dem Geist Raum geben – Aufbrüche im Glauben" kamen vom 9. bis 13. Oktober 900 Lehrer/Innen zur diesjährigen Pädagogischen Woche im Erzbistum Köln zusammen und stellten sich der Ausgangsfrage "Wo besteht ein Zusammenhang zwischen dem Heiligen Geist und der Schule?"

 

An einem Tag, dies ist traditionell der Dienstag, treffen sich die Lehrerinnen und Lehrer der Katholischen Freien Schulen zu einem Arbeitstag mit Vorträgen, Arbeitsgruppen und gemeinsamen Mittagsessen. Der gesamte Tag ist eine Auszeit vom Schulalltag und bietet als Tag freier Zeit Gelegenheit zur angeleiteten Reflexion schulischer Arbeit vor dem Hintergrund des pastoralen Zukunftsweges.

Vor dem Hintergrund des pastoralen Zukunftswegs im Erzbistum Köln diskutieren die Pädagogen in mehreren Workshops über grundlegende Fragen wie "Was hält und trägt mich in meinem Glauben? Wie kann ich denen, die mich danach fragen, davon mitteilen? Worin braucht dieser Glaube Wachstum, Entwicklung und unter Umständen Veränderung?"

Marchtaler Plan ist keine Methode

Der Vortrag des Tages wurde zum Thema „Marchtaler Plan“ von Dr. Suchan gehalten

 

Der Marchtaler Plan ist  der keine Methode, sondern die Konsequenz einer am christlichen Menschenbild orientierten Haltung.

 

Die Pädagogische Woche ist die größte jährliche Fortbildungsveranstal­tung für Religionsunterricht in Nordrhein-Westfalen. Die Fortbildungsreihe wird von der Hauptabteilung Schule/ Hochschule des Erzbistums Köln organisiert.

 

Abteilungsleiter Stefan Koch eröffnete den Tag

Eulen nach Athen tragen

Abteilungsleiter Stefan Koch eröffnete den Tag für die Lehrerinnen und Lehrer an den Katholischen Freien Schulen: „Das Thema der diesjährigen Pädagogischen Woche lautet: „Dem Geist Raum geben“ – Aufbrüche im Glauben. Mit dem Marchtaler Plan haben wir einen besonderen Aufbruch zum Hauptthema des Vormittags gewählt“.

Koch fuhr fort, „Aufbrüche im Glauben“ seien  kein neues Thema, auch für katholische Schulen nicht. Nach unserem Verständnis gehöre eine Art von „permanentem Aufbruch“ sowieso zum Glauben. Und damit auch zur Wirklichkeit katholischer Schulen.

Der Wandel der Schulstruktur sei keine vorübergehende Erscheinung, sondern ein Dauertrend.

Stefan Koch: „Das kann man begrüßen oder kritisieren, und vielfach wird dies auch von Experten vehement eingefordert und von anderen ebenso vehement kritisiert. Daher: ein Aufbruch allein um des Aufbruchs willen wird wenigstens von außen oft nicht verstanden. Wenigstens im groben müssen sowohl Anlass als auch Ziel des Aufbruchs im Blick sein. Der Anlass ist hier vielleicht noch deutlicher als das Ziel oder die Ziele: die bisherigen Strukturen der Kirche, in der Kirche und auch in den kirchlichen Schulen haben vielfach ihre Funktionen und Aufnahmefähigkeit verloren. Die Erosion der Volkskirche hier näher beschreiben zu wollen hieße, Eulen nach Athen zu tragen.

Anlass zum Grübeln

Auch die Wirklichkeit in unseren Schulen bietet – bei aller Euphorie über die Erfolge Freier Schulen – hinreichend Anlass zum Grübeln. Die bisherigen Konzepte zur Inklusion, zur Integration von Geflüchteten, zur Heterogenität, zur Digitalisierung, zu einem neuen Verständnis von „Bildung“ – um nur einige wenige zu nennen – sind alles andere als vollkommen oder abschließend formuliert. Hinsichtlich der Ziele müssen wir weiter unterscheiden. Als Kirche in Köln sind wir auf einem „Pastoralen Zukunftsweg“, dessen konkrete Ziele und auch Wege selbst sich erst im Gehen erschließen sollen und werden. Vor diesem Hintergrund versuchen wir, auch den Wandel der Schulstruktur zu gestalten. Dabei – und das merken wir fast jeden Tag – geht es darum, sowohl an Strukturen festzuhalten, sofern sie sich bewährt haben, als auch um das Aufbrechen von Strukturen, sofern sie sich nicht bewährt haben. Dies gilt natürlich auch für das Verhältnis von Schule und Kirche, die Zusammenarbeit der Schule in der Nachbarschaft mit der Pfarrgemeinde vor Ort usw“.

Ausführungen von Dr. Suchan zum Marchtaler Plan.

Der Marchtaler Plan ist der Rahmenplan für die Katholischen Freien Schulen in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Benannt wurde er nach seinem Entstehungsort, dem Kloster Obermarchtal, das heute die Katholische Akademie der Lehrerfortbildung beherbergt.

1984 wurde der Marchtaler Plan als Erziehungs- und Bildungsplan für die Katholischen Freien Grund- und Hauptschulen eingeführt. Inzwischen liegen Marchtaler Pläne für alle allgemein bildenden Schularten, für die Fachschule für Sozialpädagogik und für verschiedene Sonderschulen vor.

Der Marchtaler Plan hat wesentliche Gedanken der Montessori-Pädagogik und Ansätze von Peter Petersen aufgenommen und sie in eigener Weise umgesetzt. Der Marchtaler Plan ist in den letzten Jahren ein wesentliches Moment der Innovation in Baden-Württemberg gewesen, das auch auf viele staatliche Schulen ausstrahlte. Er verfolgt ein ganzheitliches Konzept, was sich allein schon daraus ablesen lässt, dass das Fach Religion nicht mehr auftaucht, sondern ganzheitlich in den anderen Stunden verarbeitet wird.

Die inhaltliche Grundlage des Marchtaler Plans sind die Lehrpläne  des Landes Baden-Württemberg für die jeweilige Schulart.

  • Die Ziele der Erziehung und Bildung gemäß dem Marchtaler Plan sind:
  • Vermittlung von Bildung und Wissen
  • Ganzheitlich personale und soziale Erziehung
  • Sittlich-religiöse Erziehung

Katholische freie Schulen stehen für ein personales, vom biblischen Menschenbild inspiriertes Bildungsverständnis.

 

Drei Aspekte

Wenn im Folgenden die theologischen Grundlagen des Marchtaler Plans beschrieben werden,dann nicht in der Absicht, aus einzelnen Aussagen der Bibel oder der christlichen Tradition direkt das eine oder andere seiner Strukturelemente (Morgenkreis, Freie Stillarbeit/ Freie Studien, Vernetzter Unterricht und Fachunterricht) abzuleiten. Der Zusammenhang zwischen beiden stellt sich vielmehr als ein Beziehungsgeflecht dar, das zunächst im Überblick dargestellt und dann näher erläutert wird:

  1. Die Erziehungs- und Bildungskonzepte Katholischer Schulen antworten immer auf die konkreten gesellschaftlichen und religiösen Phänomene der jeweiligen Gegenwart.  Diese bilden die „Zeichen der Zeit“, die die Kirche auch im Handlungsfeld Schule wahrnehmen und erforschen muss und die sie im Licht des Evangeliums deutet. Katholische Schulen und die in ihr Handelnden müssen also zunächst die Wirklichkeit wahrnehmen, in der die Schülerinnen und Schüler sich bewegen und die ihnen die Rahmenbedingungen setzt, in der sie ihr Leben gestalten („Sehen“ – Die Zeit-Zeichen der Gegenwart).
  2.  Aus dieser Sicht auf die Realität der Welt heraus gestalten Katholische Schulen Bildungsprozesse, die die Kinder und Jugendliche nicht einfach an die gesellschaftlichen und ökonomischen Realitäten „anpassen“, sondern ihnen dabei helfen, sich zu freien und verantwortungsvollen Menschen zu entwickeln. Dabei können Katholische Schulen auf das reiche Potenzial an Inspirationen zurückgreifen, die biblische Bilder und Geschichten und das theologische Nachdenken über den Menschen und seine Herkunft und Zukunft bereithalten. Diese biblisch-theologischen Inspirationen beinhalten zwar keine unmittelbaren und direkten Antworten auf die drängenden Gegenwartsfragen und erst recht keine pädagogischen und didaktischen Konzepte für die je aktuelle Schulwirklichkeit. Aber werden, auch heute Perspektiven und Visionen vom Menschsein, die eine christliche Pädagogik hinterfragen und anregen können und darin eine innovierende Kraft entwickeln („Urteilen“ – Biblisch-anthropologische Inspirationen für ein christliches Bildungsverständnis).
  3. Aus der Wahrnehmung der Wirklichkeit und den biblisch-theologischen Inspirationen speist sich ein christliches Bildungsverständnis. Dieses kann daher nie abstrakt sein, sondern wird immer wieder neu und konkret Aussagen machen müssen, in welchen Formen und mit welcher Ausrichtung junge Menschen auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden begleitet werden können („Handeln“ – Der Marchtaler Plan als Ausformung des christlichen Bildungsverständnisses).

Alle Menschen, besonders auch Kinder und Jugendliche, wollen als einmalig und unverwechselbar gesehen und ernst genommen werden. Die biblische Überzeugung, dass Gott jeden von uns „bei seinem Namen“ (Jes 43,1) gerufen hat, spricht jedem Menschen in jeder Situation eine einmalige und unverlierbare Würde zu, die weder von seinem Entwicklungsstand noch von seiner gesellschaftlichen Position abhängt. In vielen Texten drückt die Bibel das besondere Verhältnis zwischen Gott und den Menschen aus – am eindrucksvollsten wohl in den Psalmen (Ps 8 und Ps 139) und im theologischen Bild der „Gottebenbildlichkeit“ (Gen 1,26f.). In den Religionen des Alten Orients und Ägyptens waren allein Könige und Pharaonen „Ebenbilder Gottes“. Sie repräsentierten die Anwesenheit Gottes auf Erden und handelten an seiner Statt. Im Alten Testament geht diese „Ebenbildlichkeit“ auf „den Menschen“ – und das heißt: auf alle Menschen – über: Der Mensch ist Stellvertreter Gottes auf Erden und trägt als solcher Verantwortung für die Schöpfung.

-gru-