Paare beten

Paare beten

Wir wussten uns nie allein 

Ansichten

Für sich allein, als Gemeinde in der Kirche, mit den Kindern vor dem Essen oder Einschlafen: So beten viele. Aber als Paar? Die Erfahrungen Eheleute zeigen: Die Partnerschaft wird dadurch tiefer

Wir haben in zwei Familienkreisen nachgefragt. Dem einen gehören fünf jüngere Familien mit Kindern von 1 bis 8 an; sie leben in relativ enger Nachbarschaft in einem Neubaugebiet und haben sich vor drei Jahren anlässlich der Taufe eines Kindes als Kreis zusammengefunden. Der zweite Kreis ist inzwischen ein reiner ; die Kinder dieser Paare sind alle über 20 und gehen eigene Wege. Die meisten Mitglieder dieser Gruppe kennen sich schon aus der Jugendarbeit. Die sechs Paare, zu denen eine Witwe ändlich dazu gehört, wohnen in verschiedenen Gemeinden im Umkreis von 20 Kilometern.

Alles schien geklärt. Als wir uns entschlossen zu heiraten und zusammen zu leben, hatte sich die Frage nach Religion, Kirche und so weiter gar nicht gestellt; wir kannten uns ja schon aus der Schule und der Jugendgruppe. Dann kam unser erstes Mittagessen in der neuen Wohnung.
Alles war schön gedeckt, das Essen dampfte - aber irgendwie wussten wir nicht, wie wir anfangen sollten. In Reginas Elternhaus hatte immer der Vater vorgebetet, bei Peter war es die jüngere Schwester. Regina wartete so selbstverständlich, dass Peter klar wurde: Das ist nun meine neue Rolle. Sie blieb es bis heute. Regina (oder die Kinder) sprechen das Tischgebet nur, wenn Peter nicht da ist.

Das Tischgebet ist das einzige, das wir gemeinsam beten. Jeder von uns betet auch so mal, und das wissen wir voneinander. Aber wenn wir nicht in der Kirche sind, beten wir nicht gemeinsam (außer am Heiligabend).
Regina und Peter (beide 54)

Wir haben immer als ganze Familie laut gebetet, auch das Jahr über. Am Ende hat dann jeder, der ein besonderes Anliegen hatte, das angefügt; zum Beispiel betete ich für meine Eltern, als sie im Sterben lagen. Erst seit Karl-Heinz tot ist und die Kinder aus dem Haus sind, bete ich leise.
Hildegard (56, verwitwet)

Leise gebetet haben wir nur auf dem Friedhof. Zwar gingen wir dort gemeinsam hin, meist zum am Grab von Herberts Eltern, die hier am Ort begraben sind; aber seltsamer Weise haben wir dann jeder für sich gebetet. Zu Hause, meistens beim Abendessen, beteten wir laut. Für Herbert war das neu, aus seinem Elternhaus kannte er das nicht. Überhaupt lernte er das regelmäßige Beten erst durch Heidrun. Früher betete er nur gelegentlich, dann waren es eher Hilferufe. Wir sind sicher, dass das gemeinsame Beten dem anderen Anteil an der eigenen Wahrnehmung gibt, und das ist gut so.
Heidrun (52) und Herbert (55)

Unser gemeinsames Beten bestand lange Zeit im Wesentlichen aus Hilferufen. Als unsere Tochter Corinna Krebs hatte und wir immer hilfloser und verzweifelter wurden, konnten wir fast nur noch stammeln. Aber ich glaube, dass es uns geholfen hat. Wir wussten uns nie allein.
Auch nach Corinnas Tod ist uns das gemeinsame Gebet geblieben. Wir sind fest davon überzeugt, dass wir gerade dadurch und nicht nur durch die Gespräche untereinander oder mit Ärzten diese Krise als Paar gemeistert haben. Indem wir uns an Gott richteten, konnten wir uns gegenseitig das sagen, was uns im Innersten bewegt, ohne dass der andere gleich eine Antwort geben musste. Als Mithörer waren wir dazu nie verpflichtet.
So zu beten, dazu gehört sicher viel Vertrauen, aber auch Zeit. Bei uns ist das langsam gewachsen. Leider waren die Krankheit und der Tod von Corinna im Hintergrund; ob wir auch anders so zu beten gelernt hätten, wissen wir nicht. Aber wir sind sicher, dass vorher schon eine Übung des Betens da war, es ist nicht so, dass uns die Not beten lehrte.
Carola (49) und Franz (53)

Wir beten inzwischen längst nicht mehr, nur weil wir es als Kinder so gelernt haben. Es gab Krisen, die wir gemeistert haben, auch weil wir beteten. Unsere Kinder, die ganze Generation nach uns, meinen vielleicht, wir seien naiv. Aber das sind wir nicht. Das Beten hilft ja nicht automatisch oder magisch. Wir haben bewusst gebetet und uns unser Innerstes gegenseitig gesagt. Das entlastet den Partner. Außerdem versuchten wir, in unserem Beten immer auch ernst zu machen mit den Worten: Dein Wille geschehe.
Cäcilia (56) und Willy (55)

Mit den traditionellen Gebetsformen wie Anbetung des Allerheiligsten, Rosenkranz oder Prozessionen tun wir uns schwer. Aber das heißt nicht, dass wir nicht beten. Wir beten jeden Tag mit unseren Kindern, aber nicht so naiv wie Herz ist klein, darf niemand hinein als nur das Jesulein 
Karin (32) und Michael (35)

Bei uns hatte nur Klaus - als früherer Ministrant - eine Ahnung, aber eine abgebrochene Geschichte von Gebetspraxis. Daniela kannte das alles nicht. Wir ahnen, dass mit Beten etwas anderes gemeint ist als das Herunterleiern von vorgestanzten Sätzen. In den Taufgesprächen wurde da etwas angestoßen, aber als Partner sind wir da sehr vorsichtig: Wir möchten darum wissen, aber respektieren auch den anderen. Wir spüren aber auch, dass wir irgendwie sprachlos sind. Wir wissen nur, was wir ablehnen. Den Weg oder besser die Sprache, es besser zu machen, haben wir noch nicht gefunden.
Daniela (29) und Klaus (33)

Die Sprachlosigkeit erleben wir auch. Wenn nicht die Kinder mit größter Selbstverständlichkeit nach religiösen Dingen fragen würden, dann gäbe es zwischen uns vielleicht keine Gespräche über Religion. Aber nicht weil es uns unwichtig wäre. Wir sind nur so unsicher, wie wir reden können. Wir haben aber erfahren, dass die ältesten Gebete, vor allem das Vaterunser, gar nicht kitschig sind. Wie kann man sprechen, ohne dass man denken muss: Jetzt tickst du nicht richtig?
Michaela (34) und Patrick (35)

Nach dem ersten Gespräch mit dem Pfarrer über die Taufe von Julia waren wir entschlossen, als Familie immer wieder zu beten; wir waren regelmäßig im Gottesdienst und hatten immer schon gebetet. Wir entdeckten eine Fülle von Gebetbüchern, die uns hilfreich sind. Allerdings beten wir mehr als Familie und nicht als Paar. Das liegt vielleicht daran, dass wir zu festen Anlässen beten, die nichts mit unserer Beziehung zu tun haben.
Gabi und Markus (beide 36)

Wir haben bald gemerkt, dass das Beten mit den Kindern uns nicht genügt. Wir wollten durchaus ehrliche Gebete mit ihnen sprechen und nicht so verniedlichenden Kitsch. Aber dann wurde uns nach und nach bewusst, dass diese Ehrlichkeit auch an uns Ansprüche stellt. Wenn Daniel und Klara spüren sollen, dass Beten etwas Wichtiges ist, dann muss es auch für uns gelten.
Beate und Frank (beide 35)

Eine Form für uns, leicht ins Gebet zu kommen, ist die : Wir erzählen einander, heute schön für mich war , und danken dann miteinander dafür.
Ganz wichtig ist für uns der Tagesanfang geworden. Den alten Brauch, gute Meinung zu wecken , habe ich (Nico) früher nie verstanden. Jetzt machen wir möglichst täglich. Ein kurzes Gebet (wie sei dem Vater... ) und ein bewusstes Kreuzzeichen setzen sozusagen den Notenschlüssel vor den Tag - keine bestimmte Bitte, keine großartige Meditation, einfach ein Aufblicken, gerade wenn man nur schwer in die Gänge kommt, ein kurzer Dank, ein Lob. Das kostet nicht viel Kraft; die Regelmäßigkeit am Tagesanfang ist wichtiger als die Form. Aber es tut wirklich gut!
Noch ein anderes kurzes Ritual, das uns viel bedeutet: Wir segnen uns, wenn es geht mit Weihwasser. Gebet und Wunsch für einen guten Tag, eine gute Reise gehen so ineinander über. Stichwort Reise: Wenn wir ein paar Tage getrennt sind, vereinbaren wir einen Zeitpunkt und ein kurzes Gebet, das wir dann füreinander und miteinander beten.
Als wir noch mit den Kindern Abendgebet mit Singen, Vorlesen, Erzählen halten konnten, entstand eine Gebetsecke (in der auch die Krippe steht). Wir haben sie beibehalten als den Ort in unserem Haus, wo das Ausdruck findet, was uns wertvoll ist, was uns bewegt. Wenn wir morgens oder abends die Zeit finden, stellen meine Frau und ich uns manchmal einfach hin und beten - für die Klassenarbeit, für die Oma im Krankenhaus, die Geburtstagsparty - und wenn noch jemand da ist, unsere Kinder oder Schwiegerkinder zum Beispiel, stellt sich manchmal einer dazu. Oder er hört nur, dass wir beten, auch für sie und ihn.
Wir sind uns einig: Das freie Beten als Paar erscheint uns als die intensivste und schwierigste Form des Betens. Wir kennen uns gut, können uns einander nichts vormachen beim Beten, keinen Konflikt überspielen, nicht in Formeln flüchten. Aber es ist die fruchtbarste Form für unsere Beziehung. Und da das Beste nicht immer gelingt, ist es uns wichtig, auch gemeinsam vorformulierte Gebete zu beten, abwechselnd oder gemeinsam. Für mehr sind wir manchmal zu müde oder zu unruhig.
Gemeinsam beten kann aber auch heißen, dass wir nur nebeneinander sitzen, und eine Kerze brennt in unserer Gebetsecke. Oder wir sitzen mal zwischendrin in einer Kirche. Wir haben dann das Gefühl, miteinander in Gott auszuruhen.
Elisabeth (52) und Nico (55)

Aus: neue gespräche, Heft 2/2004 (Thema );

Herausgegeber: Arbeitsgemeinschaft für katholische Familienbildung AKF)

Die Zeitschrift "neue gespräche - für Familien und Gruppen" erscheint 6 mal im Jahr und kann bei uns abonniert werden.