Trennung bestehen

Trennung bestehen

Wenn es dir Kummer macht,
dass du nichts mehr tun kannst
für einen Menschen,
der deinem Herzen nahe steht,
so gedenke,
dass der Herr die Seinen ermächtigt hat
zu segnen.
Du ahnst nicht,
welche Kostbarkeit
du dem anderen mitgibst
auf seinen Weg,
wenn du ihn segnest.

Diesen Menschen,
an dem mein Herz hängt,
der mir gänzlich unersetzlich ist,
freigeben
für seinen eigenen Weg,
das ist so unsagbar schwer,
mein Gott.
Ein härterer Verlust
hatte mich nicht treffen können.

 

Diesen Menschen loslassen,
mit dem ich Innerstes teilen konnte,
der mich reich gemacht hat
wie kein anderer,
Schmerzlicheres konnte mir nicht geschehen
Beraubt fühle ich mich
und grenzenlos verlassen.
Tag und Nacht
quält mich das Heimweh.

 

Ich weiß nicht,
wie ich es zuwege bringen soll,
die harte Wirklichkeit anzunehmen.
Unfassbar ist mir alles.
Mein Gott, bleibe bei mir.
Lass mich mit meinem Entsetzen
nicht allein.
Lass mich nicht bitter werden,
dass sich unsere Wege getrennt haben,
sondern mitten in aller Traurigkeit
dankbar bleiben für das,
was wir einander
für eine begrenzte Zeit sein durften.

 

aus:
Antje S. Naegeli, Du hast mein Dunkel geteilt,
© Verlag Herder, Freiburg 2005