Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare sind ein Thema. Es ist gut, dass offen und öffentlich in der Kirche darüber diskutiert wird und das Anliegen gleichgeschlechtlicher Paare nach einer Segnung ihrer Beziehung sichtbar wird. Viele Christinnen und Christen haben in dieser Frage einen klaren Standpunkt. Anliegen dieses Textes ist es, den Standpunkt des kirchlichen Lehramts in die Diskussion einzubringen.
Segnen: Die Menschen und die ganze Welt unter Gottes Fürsorge stellen.
Wer im Buch der offiziellen kirchlichen Segnungen („Benediktionale“) blättert, mag über deren Vielzahl und Vielfalt staunen. Sogar die Segnung von Wasserreinigungsanlagen findet man hier. Weil die Kirche sich als Heilswerkzeug in Gottes Hand versteht, nimmt sie den Aufruf des 1. Petrusbriefs sehr ernst: „Segnet, denn dazu seid ihr berufen worden, dass ihr Segen erbt“ (3,9). Andere und sich selbst Gottes Liebe und Fürsorge anvertrauen: Das macht ein Gutteil christlicher Existenz aus.
Warum dann kein Segen für die Verbindung homosexueller Paare?
Wie aber konnte dann die Glaubenskongregation im Jahre 2021 erklären, die Kirche verfüge nicht „über die Vollmacht, Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts zu segnen“? (Quelle: siehe unten) Hier muss man genauer hinsehen: Es geht nicht darum, Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung Gottes Segen zu entziehen. Das Schreiben sagt sogar, es schließe nicht aus, „dass Segnungen einzelnen Personen mit homosexueller Neigung gespendet werden …“, und erinnert daran, „dass Gott selbst nicht aufhört, jedes seiner Kinder [also jeden Menschen] zu segnen“.
Das Problem für die Kirche ist nicht die gleichgeschlechtliche Liebe selbst, sondern deren sexuelle Ausdruckform.
Die Kirche lehnt nicht pauschal die Liebe zwischen Menschen desselben Geschlechts ab. Man denke nur an den „Jünger, den Jesus liebte“, der im Johannesevangelium eine gewichtige Rolle spielt (21,7 u.a.)! An ihre Grenzen stößt die Kirche, wenn diese Liebe in sexuelle Ausdrucksformen gekleidet wird. Deren angestammter Raum ist gemäß katholischer Glaubensüberzeugung nur die Ehe zwischen Mann und Frau.
Gemäß kirchlicher Lehre sind nur Mann und Frau auf eine geschlechtliche Vereinigung hin ausgerichtet.
Die Bibel bringt die gegenseitige Hinordnung von Mann und Frau häufiger zum Ausdruck. Besonders deutlich und grundlegend kommt sie in den beiden Schöpfungserzählungen zu Beginn der Bibel zur Sprache. „Männlich und weiblich“ erschuf Gott die Menschen (Genesis 1,27). In unmittelbarem Abschluss wird die Geschlechtsgemeinschaft thematisiert: „Gott segnete sie und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehrt euch, füllt die Erde …“ (1,28). Auch in der zweiten Erzählung ist allein die Frau dem Mann ebenbürtig (vgl. 2,18). „Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und hängt seiner Frau an und sie werden ein Fleisch“ (2,24) – in einer umfassenden, existentiellen Einheit, die nicht nur im Geschlechtsakt besteht, sich darin aber besonders prägnant ausdrückt. Deshalb ist es kirchliche Lehre, dass praktizierte Sexualität der Ehe zwischen Frau und Mann vorbehalten ist.
„Kirchenamtliche“ Segnungen dienen nicht nur dem Heil, sondern drücken zudem Zustimmung aus.
Jeder Mensch, der sich dem Segen Gottes öffnet, „verdient“ ihn auch. Aber ein Segen hat nicht nur diese individuelle Dimension. Früher erbaten Brautleute zu ihrer Hochzeit den Segen der Eltern. Dabei ging es ihnen schlichtweg um die elterliche Zustimmung. Bis heute kann man sich mit etwas einverstanden erklären, indem man „seinen Segen dazu gibt“. In diesem Sinne würde eine kirchliche Segnung „die Absicht zum Ausdruck bringen, … einen Entschluss und eine Lebenspraxis zu billigen und zu fördern“, die nach kirchlicher Lehre dem Schöpferwillen Gottes nicht entspricht (Quelle: siehe unten). Deshalb sieht sich die Kirche nicht bevollmächtigt, dies zu tun.
Die Kirche will gleichgeschlechtliche Paare willkommen heißen, bleibt aber ihrer Lehre verpflichtet.
Das Erzbistum Köln ist der gemeinsamen Lehre der Römisch-Katholischen Kirche verpflichtet. Diese Verpflichtung steht in einer Spannung zum Wunsch vieler Menschen nach einer Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. Diese Spannung auszuhalten und mit ihr umzugehen ist für viele nicht leicht, für andere unerträglich. Das Spannungsfeld zwischen Seelsorge und Lehre ist Teil der kirchlichen Lehrentwicklung.
Wir heißen gleichgeschlechtliche Paare willkommen. Dafür wollen wir – am besten mit gleichgeschlechtlichen Paaren – Wege und Möglichkeiten finden, dies glaubwürdig zu tun. Alle Seelsorgerinnen und Seelsorger stehen dabei vor der Herausforderung, die Anliegen der ihnen anvertrauten Menschen und die kirchliche Lehre gleichermaßen im Blick zu halten. Der Umgang mit der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare muss immer dem seelsorglichen Anliegen folgen, Menschen auf ihrem Lebens- und Glaubensweg zu begleiten und ihnen die bedingungslose Liebe Gottes glaubwürdig zu bezeugen.
(Autor: Dr. Raimund Lülsdorff)