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Gefühle

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Jungen-Typisches in der Katechese berücksichtigen:

Jungen äußern ihre Gefühle in geringerem Maße als Mädchen.

Autor: Burkhard R. Knipping

Was zur Geschlechtstypik "Gefühlsäußerung" beachtet werden kann

Jungen haben von klein auf „viel Gefühl“, und sie haben „mit Sicherheit die gleichen Gefühle wie Mädchen, lernen aber rasch, sie nicht zu zeigen.“ So Lise Eliot.

 

Das Äußern von Eindrücken, Gefühlen wird durch die Cliquen / größeren Gruppen, die Jungen bilden, und durch die gemeinsam gemachten Spiele und Aktivitäten reduziert.


Auch andere soziale Gepflogenheiten in Elternhaus, Schule, Gruppe … sorgen für das Verstummen der Gefühlsäußerungen. Z.T. auch praktisch bedingt: Ein Junge, der wegen eines gegen ihn verübten Fouls 5 Minuten lang das Fußballspiel unterbricht, um allen Mitspielern seine ganz persönlichen Gefühle (Schmerz, Wut, Enttäuschung …) mitzuteilen, macht das Fußballspiel kaputt.

 

Weil Jungen lernen, negative Gefühle (Wut, Unsicherheit, Unzufriedenheit mit sich …) zu bewältigen (auch zu unterdrücken oder beiseitezuschieben), haben viele ein positives Selbstwertgefühl („ich bin stark, ich kann das, ich bin gut …“). Manchmal ein zu hohes Selbstwertgefühl (-> Angeber, Prahler, Macker) bis hin zu einer Selbstüberschätzung (-> kein Hauptschulabschluss, aber Berufsziel Pilot).


Die Schatten- oder Kehrseite dieses (zu) positiven Selbstwertgefühls: Leugnung von Schwächen, Ignorierung von persönlichen Mängeln/Defiziten, Beschuldigung anderer („der war das“), Aggression gegen andere/Gewalt, zu hohe Risikobereitschaft.

 

Es gelte – so sagt Lise Eliot –, die „emotionale Intelligenz“ von Jungen bzw. „die ganze Vielfalt des Gefühlsspektrums bei unseren Söhnen zu fördern“: „Denn Jungen, die ihre Gefühle artikulieren können, verstehen auch eher die Gefühle anderer, was ihnen die Chance auf bessere Kommunikation mit künftigen Partnerinnen, Kollegen und – vielleicht – eigenen Kindern eröffnet.“ (Lise Eliot)


Die Mädchen sind dahingehend zu fördern, dass ihnen „größere Widerstandsfähigkeit“ vermittelt wird, schlägt die Neurobiologin vor.

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Wie Katechet/-innen auf die geringere Gefühlsäußerung der Jungen reagieren können

„Jungen brauchen mehr Freiheit, um ihre Gefühle auszudrücken“, betont die Neurobiologin.

 

Es muss deutlich werden, dass Wert gelegt wird auf die Ansicht (Meinung wie Gefühl und Aussage) der Jungen.

 

Zeit muss gegeben werden, damit die Jungen sich selbst nach ihrem Gefühl befragen, sich ihre Äußerung überlegen und dann sich äußern können. Das dauert!
Nach der Äußerung der Jungen können von Katechet/-innen Verständnisfragen an den Jungen gestellt werden, wenn die Fragen den Jungen unterstützen und nicht vor den anderen Kindern/Jungen bloßstellen.

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Welches methodische Vorgehen kann hilfreich sein?

Jungen sind in der Gruppe direkt und einzeln nach ihrer Meinung und ihrem Eindruck zu fragen. Sie dürfen einzeln sagen, was sie zu einer Sache / einer Frage denken und empfinden. So eine Austauschrunde dauert lang, ist es aber wert. (Danach Pause mit Aktivität.)

 

Für einen guten Einstieg in die gemeinsame Zeit der Katechese kann es gut sein, dass alle Jungen von sich eine Collage „So sehe ich mich“ oder „Das bin ich“ oder „So bin ich“ erstellen. Bitte auf einem großen DIN A3-Blatt!
Jeder Junge stellt den anderen seine Collage vor.

 

Fragestellungen wie „Was fühlst Du?“ oder „Wie fühlst Du Dich?“ sind sachlich zwar richtig, kommen aber nicht bei allen Jungen an.
„Was denkst Du?“, „Wie gefällt Dir das?“, „Wie siehst Du das?“, „Was meinst Du?“, „Wie findest Du das?“, „Wie schätzt Du das ein?“ … sind sprachlich offen genug für Gefühlsausdrücke.
Auch Negatives erfragende Anreden sind gut: „Was nervt Dich Dich daran und warum?“ „Was findest Du nicht gut?“ … Manchmal sind diese Fragen leichter zu beantworten, aber gerade deswegen sollte das Positive angezielt werden.

 

Einzelarbeit (ggf. Zweier-Arbeit) machen die Jungen selbst- und eigenständiger und holt sie für die Arbeitsphase aus einem Gruppendruck und aus einer Gruppenmeinung heraus: Sie kommen zu ihrem persönlichen Arbeitsergebnis und über dieses Ergebnis können sie in der Gruppe sprechen.
„Stell‘ uns doch bitte vor, was Dein ‚Ergebnis’ ist.“ Und danach: „Erzähle uns, warum Du zu Deinem ‚Ergebnis‘ gekommen bist.“

 

Eine Bewegungsaufgabe für Gruppen-Teile oder für die gesamte Gruppe ermöglicht mit Jungen auch über Gefühle zu sprechen. Ggf. kann die Aktivität mit einer Sachaufgabe kombiniert sein.

 

Wenn die Jungen sich mit der Äußerung ihrer persönlichen Einschätzungen schwer tun, kann eine Art „Kreuzworträtsel“ helfen: Wie beim Kreuzworträtsel werden kurze Beschreibungen des gesuchten Wortes erstellt und Kästchen für jeden Buchstaben beigefügt. Die Kästchen-Reihen der Suchwörter können sich dort überschneiden, wo in zwei Worten gleiche Buchstaben gegeben sind.
Diese Methode ist allerdings sehr direktiv, denn die Antworten sind vorgegeben.

 

Aktionen, die die Jungen im Setting „Katechese“ nicht erwartet haben, macht sie gesprächig - auch über ihre Überraschung und nachher über ihre Eindrücke.
Nach jeder Katechese-Einheit werden die Jungen gebeten, Rückmeldung zu geben, ob ihnen die Einheit und die Zusammenarbeit gefallen haben.

 

Auch der Katechet / die Katechetin spricht über seine / ihre Eindrücke und Gefühle, über Einschätzungen und Wünsche.
Diese Beteiligung soll nicht die Inhalte des Jungen-Gesprächs normieren, sondern lediglich zeigen, wie mann / frau darüber reden kann. Es geht um ein semantisches Vorbild (Wortwahl) und ggf. auch um ein inhaltliches Vorbild (Zeugnis).

 

Für Jungen kann es hilfreich sein zu erfahren, dass es in ihnen Impulse und Regungen gibt, sie diese gut (aus)halten können und steuern können, weil es ihre eigenen Impulse sind. Dieses erreicht man (überraschenderweise) über die Hemmung von inneren Handlungsimpulsen (sog. Inhibitionskontrolle1). Kartenspiele wie „HalliGalli“ eignen sich dafür gut.

 

Unterschiedliche Arbeitsmaterialien sorgen für Überraschungen, und die rufen Emotionen und Stimmungen hervor: Lego-Figuren zur Visualisierung von Bibelszenen; grobe, schwere Naturmaterialien zur Illustrationen von Gefühlen; Bauklötze für die Erklärung von Kirchenarchitektur…
Ein Nebeneffekt solcher Arbeitsmaterialien ist die sinnlichere (= gefühlvollere) Wahrnehmung wie auch die räumliche Strukturierung (= memorierbarer).

 

Der Wunsch oder sogar die Regel, dass in der Katechese-Einheit die Jungen einander erzählen, was sie vor oder während oder nach der Katechese-Einheit gemacht haben bzw. machen werden (oder in der Woche oder in ihrem Hobby …), intensiviert das Ausdrucksvermögen, ruft in den Jungen die Beachtung ihrer Gefühle / Stimmungen hervor (die versteckt sind in Äußerungen wie „war nicht gut“, „finde ich toll“ …) und fordert sie sehr heraus.

 

Gesprächsregeln sollten die Jungen miteinander (jedoch unter Anleitung) fest vereinbaren, damit allen klar ist, dass Äußerungen eines Jungen nicht unterbrochen werden und der sprechende Junge nicht gestört wird. Unterbrechung und Störung verängstigen den Sprecher. Insbesondere dann, wenn er von Eindrücken, Sichtweisen und Gefühlen spricht. Auch gilt: „Ich“ spreche von „mir“ und in der „Ich“-Form und nicht als „wir“.

 

Sog. Erlebnispädagogisches Material ist hilfreich für Aktivität und Reflexion der Aktivität (inkl. Freude, Ängsten, Teamgeist, Spannung, Unsicherheit...). | mehr...

 


 

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Dr. Burkhard R. Knipping

Referent