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Selbstreflexion Katecheten

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Die kritische Selbstreflexion des Katecheten und der Katechetin

Autor: Burkhard R. Knipping

Implizite Vorstellungen und unreflektierte Handlungen

Studien mit Lehrenden haben gezeigt, dass Männer und Frauen im Umgang mit Kindern (wie mit Erwachsenen) geschlechtsabhängig voreingenommen sind und entsprechend handeln.
Was für Lehrende gilt, wird sich auf Katecheten und Katechetinnen übertragen lassen.


Ausgemacht wurden

  • Vorstellungen, was Mädchen zu zu trauten ist und was den Jungen
  • Befürchtungen, was Mädchen machen würden und was die Jungen
  • Einschätzungen, was die Mädchen bereits können und was die Jungen nicht und umgekehrt.

 

Folgende Handlungen wurden erkennbar

  • Lehrende nutzten das Verhalten der Mädchen, um das Verhalten der Jungen zu regulieren. „Lars, schau mal wie toll die Verena das macht.“ „Chris, wieso kannst Du das nicht. Celine kann das.“ „Jungens, seid ruhig. Ihr stört die Mädchen.“
  • Lehrende übersahen die Differenzen in den kommunikativen Fähigkeiten – zu Lasten der Jungen. „Lasst uns mal darüber sprechen. Du, zuerst Lotte. Und jetzt Lisa. Was meinst Du, Eva?“
  • Lehrende verzichteten auf Schreibarbeiten, weil (sie meinten, dass) die Jungen dies nicht mochten. Dies ging zu Lasten der Mädchen.
  • Lehrende waren nicht in der Lage, für Mädchen Risiko stärkere Lernaufgaben zu stellen und ihnen offene Problemlösungen zu ermöglichen.
  • Lehrende wussten (meinten zu wissen), dass Mädchen Hausaufgaben machen und Jungen nicht.
  • Lehrende stellten an Mädchen und an Jungen inhaltlich unterschiedliche Fragen: Jungen wurden nach neuen Sachverhalten und Funktionen gefragt; Mädchen nach Stoffwiederholungen.
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Was Katecheten und Katechetinnen sich vornehmen und beachten können

Der Katechet / die Katechetin kann ermuntert werden, die Kinder untereinander wahrzunehmen (egal in welcher Gruppenkonstellation)

  • Wie sind die Beziehungen unter den Kindern (Jungen/Mädchen): Freund/Freundin, …, ‚Opfer’?
  • Welche Verbindungen bestehen zwischen Jungen/Mädchen: Wer ist mit wem aktiv? Was arbeitet wer mit wem?
  • Wer wird aktiv von den anderen benachteiligt oder an den Rand gedrängt und welche Verhaltensmuster führen dahin?
  • Ist ein Junge (ein Mädchen) in der Gruppe genötigt, aufgrund des Gruppendrucks seinen (ihren) eigenen Interessen zu wider zu handeln?
  • Wie groß ist die Spannweite des geschlechtstypischen und des nicht-geschlechtstypischen Verhaltens unter den Jungen (und unter den Mädchen): laute / leise Kinder, ruhige / aktive Kinder, vorsichtige / übereifrige, sensible / coole Kinder …?
  • Wer zeigt ein starkes geschlechtstypisches Verhalten?
  • Welche Kinder zeigen weniger oder gar kein nicht-geschlechtstypisches Verhalten?


Der Katechet / die Katechetin kann sich vornehmen, seine / ihre Reaktion und sein / ihr eigenes Verhalten gegenüber den Kindern wahrzunehmen

  • Wie reagiere ich auf das geschlechtstypische und das nicht-geschlechtstypische Verhalten der Kinder?
  • Wie drücke ich mich aus? (Vorsicht vor: „Die starken Jungen helfen jetzt.“ „Die lauten Jungen sind jetzt mal still!“ Denn über Beschreibung und Befehl werden Geschlechtstypika gefestigt.)
  • Welche Methodiken und Sozialformen ermögliche ich den Jungen (und Mädchen) für das Arbeiten?
  • Welche Haltung zum Ereignis oder zur Arbeit habe ich und signalisiere ich? (Fälschlicherweise „Spaß beim Gottesdienst“ gewünscht statt „Freude im Gottesdienst“. „Spaß beim Arbeiten“ relativiert den Arbeitsinhalt.)
  • Habe ich mir einen Eindruck oder Kenntnisse hinsichtlich des Geschlechtertypischen und das Geschlechterspezifischen der Kinder angeeignet?
  • In welcher Beziehung stehe ich zu den Jungen/Mädchen? Gegenüber wem hege ich Antipathien, zu wem Sympathien?
  • Welche Bevorzugungen oder Benachteiligungen löse ich aus?
  • Achte ich auf mein eigenes geschlechtstypisches Verhalten?
  • Reagiere ich kritisch gegenüber benachteiligenden oder an den Rand drängenden Strukturen und/oder Verhaltensmustern?

 

Der Blick auf die Kinder und auf ihre Verschiedenheit (Heterogenität oder auch Diversity) – sowohl bei Jungen wie bei Mädchen – und der Blick auf sich selbst hilft,

  • sich selbst zu lösen von einem Agieren, das von den bisherigen Geschlechtsspezifika diktiert wird;
  • es hilft, ein neues personales wie inhaltliches Angebot zu machen, das den Jungen und Mädchen vielfältige Möglichkeiten bietet.


Der Katechet und die Katechetin sollte ermuntert werden, die wahrgenommenen Unterschiede und ihre konkreten Folgen ins (aktionshaltige) Gespräch zu bringen – zwecks Wahrnehmung durch alle Kinder, zwecks gemeinsamem Bedenkens und mit dem Ziel, Veränderungen anzuregen

  • Er / sie mindert die Folgen praktisch. Ggf. greift er / sie greift es didaktisch.
  • Er / sie lässt es kritisch thematisieren.
  • Er / sie bringt es nicht nur in der Katechesegruppe, sondern auch im Katechet/-innenkreis ein.
  • Auch in geschlechterhomogenen Gruppen sollte so vorgegangen werden.

Der Katechet und die Katechetin kann sich an dem Grundsatz orientieren: Die Wahrnehmung von Geschlechterdifferenzen sorgt für deren Abbau.

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Rahmenbedingungen für geschlechterbewusste Katechese

Verantwortliche für die Erstkommunion-Vorbereitung können die Rahmenbedingungen in ihrer Gemeinde prüfen: Wer oder was unterstützt den Katecheten und die Katechetin dabei, eine Jungen wie Mädchen gemäße Katechese anzuleiten?

  • Wird in unserer Gemeinde überhaupt das Thema ‚Geschlechter’ bedacht?
  • Wird in unserer Gemeinde über Geschlechtsspezifisches und Geschlechtstypisches reflektiert?
  • Ist der Anteil von Männern in unserer Gemeinde wie in der Erstkommunion-Vorbereitung groß genug, um vielfältig (‚diversifiziert’) über das Anliegen ‚Geschlechterorientierung’ sprechen zu können? Kommen beide Geschlechter gleichermaßen beteiligt zu Wort und miteinander ins Gespräch?
  • Wird in der Konzeption der Erstkommunion-Vorbereitung über Geschlechter-Bilder sowie –Rollen gesprochen?
  • Wird in der Konzeptionsphase sowie in den Katechet/-innen-Treffen über Geschlechter orientierte Katechese diskutiert? Auch reflexiv, d.h. auf die Erwachsenen bezogen?
  • Gibt es zum Thema ‚Geschlechter‘ Fortbildungen in der Gemeinde?
  • Gibt es für die Katechet/-innen Mentoren und Mentorinnen, die für das Thema ‚Geschlechter‘ qualifiziert sind?
  • Gibt es supervisorische Begleitung oder kollegiale Beratung für selbstkritische und nachdenkliche Katecheten und Katechetinnen?
  • Gibt es Geistliche Begleitung für Katecheten und Katechetinnen?
  • Bekommen Katecheten und Katechetinnen besondere Arbeitshilfen für die Katechese, die das Anliegen ‚Jungen – Mädchen’ berücksichtigen?

 

Wenn vom Obengenannten nicht die eine oder andere Unterstützung für die Katechet/-innen gewährleistet ist, wäre zu fragen, ob in der gemeindlichen Erstkommunion-Katechese nicht mit einer einfachen Form von ‚Geschlechterorientierung’ zu beginnen wäre:

  • Jungen-Gruppen (und wenn es nur eine Gruppe ist) unter Leitung eines Mannes.
  • Gemischtgruppen bleiben – mindestens für große Aktionstage – bestehen und werden von Katecheten sowie Katechetinnen geleitet.
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Fünf Orientierungen für Jungen (und Mädchen) gerechtes Zusammensein

Fünf praktische Orientierungen, um geschlechterorientiert mit Jungen (und mit Mädchen) zusammen zu sein und zu arbeiten, können bereits ein akzeptabler Ansatzpunkt sein:

  • Ich habe vor anderen und vor anderem Respekt.
  • Ich bin aufmerksam für andere und für anderes.
  • Ich möchte Beziehungen in unserer Gruppe.
  • Ich möchte kreativ mit Herausforderungen umgehen.
  • Ich nehme Konflikte an.

Dieses Fünf-Punkte-Programm haben Alexander Bentheim und Monika Murphy-Witt entwickelt. Es sollen Orientierungssätze für Jungen sein. Aber die Leitsätze sind auch für Katechet/-innen selbst hilfreich.

 


 

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Dr. Burkhard R. Knipping

Referent