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Wie Governance und Compliance bei der Krisenbewältigung helfen können:Verborgenes Potenzial für die Zukunft der Kirche

Beitrag zu Governance und Compliance in einer Spezialausgabe der Herder-Korrespondenz von Gordon Sobbeck, Finanzdirektor und Ökonom des Erzbistums Köln (April 2023).
Datum:
8. Mai 2023
Von:
Newsdesk/wey
Wie Governance und Compliance bei der Krisenbewältigung helfen können

"Über Geld spricht man nicht – die Kir­che und ihre Finan­­zen". Tat­säch­lich wirbt das neue Spe­cial der Her­der Korres­pon­denz mit sei­nem pro­vokan­ten Titel aber ge­nau für das Gegen­teil. Drän­gende Fra­gen rund um die wirt­schaft­liche Situa­tion der Kirche müssen jetzt auf den Tisch. Zu den Im­puls­gebern im Heft ge­hört Gordon Sobbeck, Fi­nanz­direktor und Öko­nom im Erz­bistum Köln. Seine auf den ers­ten Blick über­raschen­de These: Die aus der Wirt­schaft stammen­den Kon­zepte "Governance" und "Compliance" sind Lösungs­ansätze, die zur Über­windung der Kirchen­krise beitragen können.

Fünf Fra­gen an den Autor:

Herr Sobbeck, Vo­kabeln ler­nen ist an­stren­gend. Warum sollten wir uns die Be­griffe "Governance" und "Compliance" trotz­dem merken?

Gordon Sobbeck: Wir sind in der Kir­che oft sehr gut darin, Pro­bleme zu be­schrei­ben: sin­kende Mit­glieder­zahlen, hohe Skan­dal­dichte, schwin­dende Ressour­cen, feh­len­des Ver­trauen. An­gesichts die­ser düs­teren Prog­nosen fehlt Vie­len die Zu­ver­sicht, dass es wie­der auf­wärts­gehen kann. Da braucht es drin­gend inno­vative Lösungs­ansätze, und ich bin über­zeugt davon, dass Governance und Compliance hier einen wich­tigen Bei­trag leis­ten können. Das Poten­zial das darin steckt wird voll­kommen unterschätzt.

Liegt das vielleicht da­ran, dass die bei­den Konzepte ziemlich schwer zu erklären sind? 

Sobbeck: Ich würde sa­gen, das kommt erst­mal auf den Ver­such an – und natür­lich auf die Be­reit­schaft, sich damit zu be­schäf­tigen. Eigent­lich lassen sich die bei­den Ideen re­lativ gut zusammen­fassen: Compliance be­deu­tet, dass be­ste­hende Regeln und Nor­men kon­se­quent ein­gehal­ten wer­den.

Die Governance be­schäftigt sich hin­gegen mit den in einer Or­ganisa­tion vor­herr­schenden Spiel­regeln an sich und der Hal­tung der Füh­rungs­etage zu die­sen Spiel­regeln. Sie fragt zum Bei­spiel: Er­mög­lichen und be­güns­tigen die vor­herr­schen­den or­ganisa­torischen Rahmen­bedin­gungen, Regel­werke und Stan­dards der Or­ganisa­tions­führung eine gute Kul­tur der Compliance? Oder sind sie mit­unter so­gar hin­der­lich und müssen ver­ändert wer­den?

Beide Kon­zepte le­gen den Fokus darauf, dass Or­gani­sationen grund­sätz­lich nach kla­ren und gut nach­voll­zieh­baren Rege­lun­gen han­deln soll­ten. Das ist essen­ziell, denn diese Klar­heit und die damit ver­bun­dene Trans­parenz schaffen letzt­endlich Vertrauen.

Und worin liegt jetzt der Lösungs­beitrag?

Sobbeck: Viele der ak­tuellen Skan­dal­themen, die das Ver­trauen in die Insti­tution Kirche er­schüttert haben, lassen sich letzten En­des auf die Miss­achtung und Ver­letzung von Regeln und Normen zurück­führen, de facto also auf Compliance-Miss­stände. Leicht nach­voll­zieh­bar ist das vor allem bei wirt­schaft­lichen Be­langen, also den be­kann­ten Finanz­skan­dalen. Diese Themen haben das öffent­liche Bild von Kirche ja sehr ge­prägt.

Wenn die Kirche sich kon­sequent auf den Weg macht, durch Governance und Compliance regel­basier­tes, ver­läss­liches und trans­paren­tes Han­deln in der ge­samten Or­gani­sation zu för­dern und zu for­dern, wird sich dies positiv auf das Ver­trauen aus­wirken, das die Men­schen der Kirche ent­gegen­bringen. Ver­trauen ist die wich­tigste Wäh­rung im Bereich der Kirche.

Sie haben die Bereit­schaft ange­sprochen, sich mit diesen Lösungs­ansätzen zu be­schäftigen. Wer muss diese Bereit­schaft mitbringen?

Sobbeck: Es braucht den un­beding­ten Willen der obers­ten Füh­rung einer Orga­nisa­tion, an­sons­ten ist jedes Pro­jekt, das sich mit Fra­gen der Governance und des Compliance-Manage­ments be­fasst, von vorn­herein zum Schei­tern verur­teilt. In­sofern bin ich froh, dass die Voll­ver­samm­lung der Deut­schen Bischofs­konfe­renz im Juni 2021 die Hand­reichung "Kirch­liche Corporate Governance" auf den Weg ge­bracht hat. Darin wer­den nicht nur erst­mals Em­pfehlun­gen zum Thema zusammen­gefasst, son­dern vor allem wird die ver­bind­liche Um­setzung vor Ort klar em­pfoh­len.

Das war und ist ein wich­tiger Meilen­stein in die­sem Pro­zess. Gleich­zeitig muss man im Hinter­kopf be­halten: Die Um­setzung von Governance und Compliance ist ein Marathon, kein Sprint. Wenn wir er­folg­reich sein wollen, müssen wir auf eine kon­tinuier­liche Bewusst­seins­bil­dung bei allen Men­schen in der Organi­sation hinwirken.

Das Erz­bistum Köln stand in den ver­gan­genen Mo­naten und Jah­ren häu­fig im Fokus der Kri­tik. Gleich­zeitig sagen Sie, dass Auf­brüche sicht­bar sind. Wo­ran machen Sie das fest?

Sobbeck: Wir haben im Erz­bistum Köln viele klei­nere und größere Maß­nahmen auf den Weg ge­bracht, von denen ich über­zeugt bin, dass sie in der Summe eine beacht­liche Wir­kung er­zielen. Zu den großen Ver­ände­rungen ge­hört sicher­lich die aktuell lau­fende Neu­auf­stellung des General­vika­riates sowie der in­ternen Gre­mien. Er­klär­tes Ziel dieser Reor­gansa­tion ist es, darauf hinzu­wir­ken, dass Ver­ant­wortungs­berei­che klar ab­ge­grenzt sind und Ent­schei­dungen regel­basiert ge­troffen wer­den.

Durch die Auf­tei­lung der Lei­tungs­auf­gaben auf drei Ge­schäfts­berei­che wird bei wich­tigen Ent­schei­dun­gen ein Mehr­augen­prin­zip sicher­ge­stellt. Da­rüber hinaus ar­beiten wir ge­mein­sam mit dem Kirchen­steuer- und Wirt­schafts­rat und dem Ver­mögens­rat daran, die diö­zesa­nen Regelun­gen für die wirt­schaft­lichen Ange­legen­heiten im Erz­bistum Köln gemäß der ak­tuellen Governance und Compliance-Standards weiter­zuent­wickeln.

Kurz bevor steht außer­dem die Imple­men­tierung eines Hin­weis­geber­systems, über das unter an­derem Compliance-Pro­bleme ge­meldet wer­den können. Um konti­nuier­lich besser zu wer­den, suchen wir außer­dem den Aus­tausch mit Ex­per­ten. Des­halb haben wir uns in den ver­gan­genen zwei Jahren mit dem "DICO – Deutsches In­stitut für Compliance" ver­netzt. Ich bin opti­mis­tisch, dass wir mit diesem An­satz auf ei­nem gu­ten Weg sind und hoffent­lich schon bald ers­te Aus­wirkun­gen die­ser Be­mühun­gen deut­lich sicht­bar werden.

 

Der voll­stän­dige Gast­beitrag "Ein ver­bor­genes Poten­zial für die Zu­kunft der Kirche - Warum Governance und Compliance keine Fremd­wörter blei­ben sollten" ist verfügbar unter:

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