Seit Anfang 2025 liefen die Vorbereitungen. Es war ein Megaprojekt mit drei unterschiedlichen Chören, mit ca. 120 Sängern und Sängerinnen, dem RochusChor Köln-Bickendorf und Projektsängern aus der ganzen Stadt, zwei Orchestern (ein großes westliches Symphonieorchester und das orientalische Nouruz-Ensemble), zwei Solistinnen ebenfalls geteilt in klassisch europäischen und orientalischen Gesang sowie Schülern und Dozenten von der gemeindlichen Pfarrmusikschule.
Unter dem Titel: „Im Dialog der Klänge und Kulturen“ präsentierte Kantor und Chorleiter Wilfried Kaets die Aufführung des zeitgenössischen Oratoriums „Stabat Mater“ in der runderneuerten Bickendorfer Rochuskirche.
Der walisische Komponist Karl Jenkins hatte das Werk, das Trauer, Schmerz und Verzweiflung der Gottesmutter und exemplarisch der Menschheit thematisiert, 2008 komponiert und vereint dabei moderne und traditionelle, mehrsprachige und mittelalterliche musikalische Elemente. Gefördert wurde das Ganze auch vom Stiftungszentrum des Erzbistums Köln.
Neben dem Oratorium gab es zwei großbesetzte Uraufführungen, eine ("Tigris und Euphrat") in arabischer Sprache vom irakischen Komponisten Bassem Hawar und eine in estnischer Sprache („Jaanipäev Uuejärve“) von Wilfried Kaets.
Musiker gehen in Schulklassen
Das besondere an dem Chorprojekt: Im Vorfeld haben die Beteiligten in Schulen für ein Klima des gesellschaftlichen Miteinanders, das im Musikstück thematisiert wird, geworben und sind mit Schülerinnen und Schülern in den Dialog getreten. Mitgemacht haben die naheliegende Montessori-Grundschule, das Montessori-Gymnasium, die Rochus Musikschule, sowie die lokale Kirchengemeinde und pastorale Einheit: „Mit den Mitgliedern des orientalischen Nouruz-Ensembles war ich in einer Grundschule und einem Gymnasium für Vorträge, Begegnung und Workshop. In der Grundschule haben wir von „fernen Ländern und Menschen“ berichtet, die Instrumente einzeln erläutert und zu klingen gebracht. Es waren rund 90 Kinder aus allen Musikklassen der Schule mit ihren Lehrkräften anwesend. Die Kinder haben sehr interessiert und aufmerksam teilgenommen und viele spannende und zum Teil unerwartete Fragen gestellt“, berichtet Chor- und Projektleiter Wilfried Kaets.
Beim Gymnasium war der Fokus altersentsprechend breiter angelegt: über die Musikklassen hinaus waren die Fachbereiche Philosophie, Politik und Religion eingeladen. Das Angebot wurde dort so interessiert aufgenommen, dass es letztlich gar nicht wie zunächst geplant in einem Schulklassenraum stattfand, sondern in der Rochuskirche (s. Bild anbei) umzog. Auch viele Lehrer waren bei dem Termin dabei.
Es gab neben den musikalisch-instrumentalen Präsentationen auch dezidiert politisch-soziologisch-philosophisch-religiöse Themen, die angesprochen und mit den Anwesenden diskutiert wurden.
Auch nach einer Stunde waren die Schülerinnen und Schüler noch erstaunlich ruhig und aufmerksam und wollten gar nicht gehen.
Schüler und Schülerinnen waren schließlich eingeladen, die Generalprobe zu besuchen und sich mit Kantor Kaets dazu auszutauschen und so den Weg der Einstudierung eines so umfangreich-komplexen Programms besser zu verstehen.
"Wir alle hatten das Gefühl, dass danach bei sehr vielen Jugendlichen sich was bewegt hat in Richtung emotionale und humane Nähe im Entfernten begreifen und als positive Erfahrung und Chance wertzuschätzen“, fasst Kaets die Stimmung zusammen.
Aufführungen waren ein großer Erfolg
Zu den Konzerten am 15. und 16. November 2025 war die frisch sanierte Rochuskirche jedes Mal ausverkauft. Bei beiden Aufführungen in der Rochuskirche waren auch viele Besucher mit migrantischem Hintergrund in der Kirche, die sowohl über die orientalischen Mitwirkenden als auch über die Bistumsinitiative „Aktion Neue Nachbarn“ eingeladen wurden. Neben dem musikalischen Erfolg werten die Beteiligten auch die Tatsache, dass besondere Themen der Integration und des gesellschaftlichen Austausch über geflüchtete Menschen mit dem Projekt transportiert wurden, als großen Erfolg: „Ziel war und ist es, das emotional Verbindende im Ungewohnten und Fremden zu suchen, als Bereicherung zu erleben und diese Erfahrung nachhaltig weiterzutragen. Das Besondere am "Stabat Mater" von Jenkins ist nämlich, dass es auf genau dieser Grenzen überschreitenden Linie angesiedelt ist, indem darin Texte verschiedener Sprachen (englisch, arabisch, aramäisch, hebräisch) aus mehreren religiösen Kontexten (Bibel, Koran,Thora) vertont werden. Die Solistinnen - „klassisch europäisch“ und „arabisch melismatisch“ – sind ebenfalls interkulturell kombiniert, genau wie das Orchester „doppelt komponiert“ ist: zum umfangreich besetzten europäischen Symphonieorchester gesellte sich ebenbürtig und integrativ ein orientalisches Ensemble.“