Generalvikar zur Medienberichterstattung über die „Informationsstrategie“

10. August 2022 pek220810

Generalvikar Guido Assmann hat sich heute an die Mitarbeitenden im Erzbistum Köln gewandt. Dieses Schreiben stellen wir Ihnen ebenfalls öffentlich zur Verfügung.

 

Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,

die Bericht­erstattung in den Medien über die „Informations­stra­tegie“ des Erzbistums im Zusammen­hang mit dem ersten „Missbrauchs­gut­achten“ (WSW) und der Gutachter­wechsel hat im Hause und in der Öffent­lichkeit zu Irritationen geführt, Fragen aufgeworfen und auch zu falschen Schluss­folgerung­en Anlass gegeben. Zunächst möchte ich aber meine Irrita­tion des Um­gangs miteinander benennen. Zu glauben, dass man nicht mit­einander, sondern über­einander in den Medien reden muss, ist nicht ziel­führend und sehr uner­freulich. Nach­dem ich mich nun um­fang­reich sach­kundig gemacht habe, möchte ich Ihnen meine Sicht aufzeigen. Es wurde die Be­hauptung aufge­stellt, dass im Oktober 2020 durch ein „Drehbuch“ einer Krisen­kommunika­tions­agen­tur der Betroffenen­beirat instru­mentali­siert werden sollte. Das ist definitiv falsch – wir haben nicht nach einem Dreh­buch Dritter gehandelt.

Weil die Stimme des Betroffenenbeirats so wichtig ist und die Be­troffenen ein be­rechtigtes In­teresse an Trans­parenz haben, durften sie auf keinen Fall über­gangen werden.

Handlungs­leitend war somit immer und ausschließ­lich die Be­troffenen­per­spektive – genauso wie es unser Erz­bischof vorgegeben hatte. Es gab nie das Ziel, diese zu einem bestimmten Stimm­ver­halten zu animieren. Es ist auch niemals Druck auf ein­zelne oder mehrere Teil­nehm­er aus­geübt worden. Jeder hatte die faire und rea­listische Mög­lich­keit, sich frei zu äußern. Wäre das Votum des Bei­rats anders ausge­fallen, wäre komplett neu nach­gedacht worden. Dass die Sitzung im Oktober 2020 im Nach­gang von den Be­troffenen, die an der Sitzung teil­genommen haben, unter­schied­lich bewertet wird und sich ein Be­troffener instrumen­talisiert fühlt, zeigt mir, dass wir im Umgang mit Be­troffe­nen noch sen­sibler werden müssen. 

Unbestritten ist, dass wir eine Fach-Agentur beauf­tragt haben, uns bei unserer Kommunika­tion zu beraten. Ich bin Priester in diesem Hause, andere sind Verwaltungs­fach­leute, wiederum andere Finanz­expert­en – wir sind alle keine Kommunika­tions­profis. Und die damalige personelle Aus­stattung der Haupt­abteilung Medien- und Kommunika­tion hätte schon alleine diese Flut von An­fragen nicht bewäl­tigen, erst recht nicht noch eine Kommunikations­planung ent­wickeln können. Genau diese benötigt man aber bei solch einer schwierigen Lage – immer unter dem Ge­sichts­punkt, dass die Be­troffenen­per­spektive absolute Priorität hat.

Die Agentur hat uns Handlungs­empfehlung­en mit auf den Weg gegeben, Vor­schläge gemacht und Szenarien entwickelt, hat also für ihr Geld auch gear­beitet – eine völlig übliche Vor­gehens­weise. Bei den Ge­sprächen mit dem Be­troffenen­beirat waren Vertreter der Agen­tur nicht dabei. Natürlich haben wir nicht alle Vor­schläge in Wort und Tat umge­setzt. Weder wollten wir in­strumen­talisieren, noch auch einen solchen Verdacht irgend­wie nähren. Letzteres ist leider nicht gelungen. Das Durch­stechen eines vertrau­lichen Papiers mit den an­schließen­den Speku­lationen und mitunter völlig falschen Inter­preta­tionen hat solche Ver­dächtigung­en vielmehr befördert. Daraus wird in einigen Medien nun ein Riesen­skandal gemacht. Ist es aber nicht. 

Für uns zählt nun unter dem Strich vor allem: Das Gercke-Gutachten, an dessen Er­stellungs­pro­zess die Be­troffenen beteiligt wurden, hat genau wie von uns beab­sichtigt, viel gründ­licher diese höchst wider­lichen Taten des sexuellen Miss­brauchs ans Tages­licht gebracht als das Vorgänger-Gutachten.

Eines kann ich Ihnen versichern. Unsere dafür zuständigen Stabs­ab­teilungen werden auch weiter keine Sekun­de darin nach­lassen, solche Straf­taten akri­bisch aufzu­decken. Dabei haben sie die volle Unter­stützung des Erz­bischofs und natür­lich auch meine. Um bei der Auf­klärung erfolg­reich zu sein, bedarf es aber auch einer Menge an Ver­trauen bei den Betroffenen. Bei denen, die sich schon gemel­det haben und auch bei denen, die diesen Schritt noch nicht getan haben. Darum wird es auch künftig ausge­schloss­en sein, dass wir aus vertrau­lichen Papieren, vertrau­lichen Mails oder aus vertrau­lichen Ge­sprächen informieren. Wer so etwas auch nur duldet, schadet dem gesamten Erz­bistum, den Mitarbeit­end­en und nicht zuletzt denjenigen, die Betroffene sind.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Msgr. Guido Assmann
Generalvikar