Kardinal Woelki: Als Kirche aufbrechen wie Abraham
Erzbistum Köln. Das Erzbistum Köln soll „eine Kirche werden, die freudig und glaubhaft die frohe Botschaft von der Liebe Gottes zu allen Menschen lebt und vorlebt“. Dieses Ziel hat Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki in seinem Hirtenbrief zur Fastenzeit 2016 für die anstehenden Veränderungen vorgestellt. In einem ausführlichen Interview mit der Kirchenzeitung für das Erzbistum Köln (12. Februar) skizziert er den Weg zu mehr Beheimatung in der Kirche, Mitverantwortung aller Getauften und Anwaltschaft für die Armen, Leidenden und Unterdrückten - „Bausteine“ nennt Woelki diese Elemente. Eine ausformulierte Vision von Kirche lehne er ab, denn: „Es wäre ja dann auch nur die Ausformulierung meiner Vision und nicht eine von möglichst vielen geteilte und in unserem Leben und Glauben verwurzelte Vision, die dann umgesetzt werden kann in Sendungs- und Handlungsschritte.“ Denn das ist ihm wichtig: alle einzuladen, mitzunehmen und teilnehmen zu lassen auf diesem Weg, heute und vor allem morgen Kirche Christi zu sein. Der Fastenhirtenbrief wird zum 1. Fastensonntag am kommenden Wochenende in den Pfarrgemeinden veröffentlicht.
Entscheidend ist der Aufbruch, das Losgehen - mit allen Unwägbarkeiten, die darin liegen. Wie
Abraham alles zurückließ und sich einer zuerst ungewissen Zukunft entgegen aufmachte, so müsse auch
die Ortskirche in manchem Abschied nehmen und Vertrautes zurücklassen. „Dabei dürfen wir
darauf vertrauen, dass Christus mit uns unterwegs ist. Mit ihm können wir uns vertrauensvoll auf
den Weg in die Zukunft machen.“ Und ganz zentral: „Damit wird auch klar, dass unser
Zukunftsweg ein geistlicher Weg sein wird, der alle Dimensionen unseres kirchlichen Lebens
betreffen wird, ja muss.“
Aber ist denn bisher alles unzureichend? Ganz und gar nicht, so Woelki. Doch Tatsache sei,
dass der Glaube für viele Menschen keine Lebensrelevanz mehr hat. „Eine prophetische Kraft
geht nur noch eher selten von uns Christen aus.“ Zugleich gilt: „In vielen
Seelsorgebereichen versuchen die Menschen im Vertrauen auf Gott gemeinsam Neues. Menschen sind
schon aktiv – wir brauchen mehr davon!“ Denn der Glaube scheint heute vielfach nicht
mehr recht in die Zeit zu passen. Dabei hatte das Zweite Vatikanische Konzil schon vor 50 Jahren
die Zukunftsweichen gestellt, indem es dazu aufrief und ermunterte, die „Zeichen der
Zeit“ jeweils als Herausforderungen für die Christen und als Anruf Gottes zu verstehen und
entsprechend zu handeln. Aber: „Wir haben uns eher an Überkommenem orientiert, statt im
Vertrauen auf die mitgehende Nähe Gottes die anbrechende Zukunft mit allen Getauften und Gefirmten
zu ergründen, zu gestalteten und zu verantworten“, kritisiert der Erzbischof.
Das bedeutet für die Zukunft zum Beispiel weniger Orientierung an bisherigen Strukturen und
Funktionen. Die klassische Gemeinde rund um Kirche, Pfarrhaus und das entsprechende Personal wird
nicht verschwinden, aber in ihrer faktischen Normalität, die das kirchliche Leben weithin schon
jetzt nicht mehr durchgehend prägt, weiter relativiert. „Gemeindliches Leben findet nicht nur
dort statt, wo der Priester ist. Das ist ein wichtiger Grundsatz, den es zu verinnerlichen
gilt“, beschreibt Woelki. „Gemeindliches Leben ist überall dort, wo Menschen in Jesu
Namen und in Einheit mit der großen, der Weltkirche zusammenkommen, in unterschiedlichen Formen
Gottesdienst feiern, in Wort und Tat den Glauben bezeugen und ihren Nächsten dienen.“
In Zukunft wird es daher auch weniger denn je um die Erfüllung von Personalplänen gehen - die
ein bemühtes, aber zunehmend vergebliches „Löcherstopfen“ würden -, sondern darum,
„als Glaubensgemeinschaft in Jesu Christi Namen zur Fülle unserer Möglichkeiten zu
gelangen.“ Erste Voraussetzung dafür ist, „das Wort Gottes zum steten Ausgangspunkt
unseres Nachdenkens und Handelns zu machen. Ich glaube fest daran, dass eine solche Praxis uns als
Kirche verändern wird. Hier können wir sehr viel aus anderen Ortskirchen lernen.“
Kirche sei das pilgernde Volk Gottes, erinnert der Erzbischof an die zentrale Aussage des
Konzils. „Wenn wir das ernst nehmen, wird die Kirche der Zukunft im Erzbistum Köln keine von
Hauptberuflichen mehr versorgte Kirche sein, sondern eine miteinander gestaltete, getragene und
verantwortete Kirche.“ Teamarbeit wird wichtiger denn je, auch in der Leitung der Gemeinden
und ihrer Untergliederungen, damit verbunden eine gepflegte Diskussions- und auch Streitkultur.
Auch das Tempo der Veränderungen wird örtlich verschieden sein und eine sensible wie sorgfältige
Abstimmung erfordern. In alldem werden die Geweihten und Hauptberuflichen im kirchlichen Dienst
„noch mehr zu geistlichen Begleitern, Unterstützern und Vernetzern unserer engagierten
Getauften“ werden.
Und Kardinal Woelki will, dass es gleich losgeht: mit Gesprächsabenden über den Hirtenbrief,
mit der Bearbeitung der daraus entstehenden Fragen. Für Wegbegleitung ist gesorgt, nicht nur durch
die schon bestehenden Institutionen der pastoralen Begleitung, sondern auch bei der neuen
Diözesanstelle für den pastoralen Zukunftsweg im Erzbistum Köln, die ab April ihre Arbeit aufnimmt.
Kein neuer Wein in alten Schläuchen also, kein neues Projekt für die, die sich sowieso schon immer
engagieren, aber erst recht kein „Weiter so“: „Vielmehr geht es darum,
miteinander zu entdecken und schätzen zu lernen, wer wir als Kirche sind: Volk Gottes, in dem jede
und jeder Getaufte eine Gabe Gottes geschenkt bekommen hat, die wir je so einbringen können, wie
niemand anderes es könnte.“
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