Ein Interview mit Künstlerseelsorger Patrick Oetterer:Kulturkirchen im Trend

Herr Oetterer, haben Sie einen Überblick, wie viele Kirchen oder Kapellen im Erzbistum Köln eine – erweiterte –Funktion als Kulturkirche haben?
Mir sind fünf Kirchen bekannt, die unter anderem als Kulturkirchen firmieren: St. Helena in Bonn, St. Gertrud in Köln, St. Johannes der Täufer in Herrenstrunden, die Kulturkapelle Bergheim/St.-Georg-Kapelle und die CulturKirche in Oberberg/St. Mariä Namen in Osberghausen. Ich gehe aber davon aus, dass es weitere Kulturkirchen im Erzbistum gibt. Sie sind noch nicht breiter öffentlich bekannt. Außerdem gibt es noch keine einheitliche Definition dessen, was eine Kulturkirche ist oder sein soll. Die Wortneuschöpfung „Kulturkirche“ kann unterschiedliche Konzepte umfassen, von Kirchen mit gemischter Nutzung – Kultur und Gottesdienst – bis hin zu profanierten Gebäuden, die ausschließlich kulturellen Zwecken dienen.
Welchen Zweck, welches Ziel haben diese Räume?
Ziel ist es, Kirchen als Orte der Spiritualität und Kunst zu beleben und sie für eine breite Öffentlichkeit „niedrigschwellig“ neu zugänglich zu machen. Ihr Verständnis hängt von der Prägung ab, die ihr die jeweils Verantwortlichen geben. Generell ist und bleibt eine Kulturkirche Raum und Ort der in der Zeit geprägten Begegnung von Gott und Mensch. Selbst nach einer Profanierung, also ihrer Entwidmung als sakralem Gebäude, bleibt grundlegend gegeben, dass der Raum für diese Begegnung gebaut wurde. Er sollte als Kulturkirche qualitätvoll so beschaffen und ausgesucht sein, dass er zum Staunen führt und Transzendenz erfahrbar werden lässt. Alle Themen – „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute“, wie es im
Dokument „Gaudium et spes“ des Zweiten Vatikanischen Konzils heißt –, die Menschen haben, sollten in Kulturkirchen durch Konzerte, Ausstellungen, Lesungen und vieles mehr thematisiert werden und einen künstlerisch-kulturellen Ausdruck finden können.
Warum ist es wichtig, dass es solche Orte gibt?
Kirchen sind eminent wichtige, architektonisch besonders gestaltete Orte und Räume, die Menschen eine „Mitte“ bieten und diese „unverzweckt“ offenhalten. Sie bieten sich als Orte der individuellen, der gemeindlichen und eben auch der gesellschaftlichen Sammlung und Begegnung „in und vor Gott“ an. Kulturkirchen erfahren aufgrund ihres Zuspruches eine wachsende Bedeutung. Kirche erreicht hier über ihr kreativ-künstlerisches Angebot Menschen, die sie allein über ihr gottesdienstliches Angebot womöglich nicht mehr oder nur wenig anspricht. Kulturkirchen können Menschen, die am Rande oder außerhalb der Kirche stehen, veranlassen, anhand ihrer – neu – gewonnenen Erfahrungen auch neu und tiefer über christlichen Glauben nachzudenken, um womöglich zu ihm zu finden.
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