Für die Festschrift zur Wiedereröffnung des sanierten Collegiums im Jahre 1989 verfasste der damalige Direktor, Wilfried Evertz, diesen Text zur Geschichte des Hauses:
Nachdem im Jahre 1815 durch die Verhandlungen auf dem Wiener Kongreß die Rheinlande an Preußen gekommen waren und das Erzbistum Köln nach seiner Wiedererrichtung durch die Bulle "De salute animarum" (1821) neue Gestalt gewonnen hatte, gehörte es für den neuen Erzbischof Ferdinand August von Spiegel bei seiner Amtsübernahme 1825 zu den vorrangigsten Aufgaben, die Bedingungen für eine solide und zeitgemäße Priesterausbildung zu schaffen. Vieles lag auch auf diesem Gebiet nach den vergangenen, unruhigen Jahren der napoleonischen Zeit und der Befreiungskriege im Argen.
Einerseits galt es, für geeignetes Lehrpersonal an der im Zuge der Bonner Universitätsgründung neu errichteten Katholisch-Theologischen Fakultät zu sorgen, andererseits benötigten die dort studierenden "Aspiranten zum geistlichen Amt" dringend ein Konvikt, in dem sie Anleitung und Hilfestellung auf ihrem Weg zum Priesterberuf finden konnten. Da die Kassen des neuerrichteten Bistums leer waren, stand der Neubau eines Konviktsgebäudes von Anfang an nicht zur Diskussion. So war es mehr der Not gehorchend, als man sich im Jahr 1824 in der Kölner Kurie entschloß, das Angebot der preußischen Behörden anzunehmen und ein Konvikt für die Bonner Theologen in einem der Universität angegliederten Gebäude (zwischen Koblenzer Tor und Rheinufer) zu eröffnen. Leiter dieser Einrichtung, so verständigte man sich mit dem Kultusminister, sollte jeweils einer der Professoren der Katholisch-Theologischen Fakultät sein.
Es dauerte jedoch nicht sehr lange, bis sich die Nachteile dieser Abmachung zwischen Kirche und Staat deutlich zeigten. Von Beginn an stellte es sich als Mißstand heraus, daß die Räumlichkeiten im Universitätsgebäude zu beschränkt waren, um alle Theologen aufnehmen zu können. So mußte, zum Leidwesen des Erzbischofs und der Verantwortlichen in der Priesterausbildung, ein Teil der Studenten (aus den bessergestellten Familien) auch weiterhin in der Stadt Wohnung nehmen. Das weite Problem, das sich aus der Einrichtung des Konviktes im Universitätsgebäude ergab, war allerdings noch erheblich folgenreicher: durch die im preußischen Beamtentum vorherrschende staatskirchliche Aussassung betrachteten die Universitätsbehörden das Konvikt grundsätzlich als ein der Universität angegliedertes Institut, das damit selbstverständlich staatlicher Weisung zu unterstehen hatte. Von erzbischöflicher Seite wurde dagegen großer Wert darauf gelegt, daß es sich hierbei um eine kirchliche Einrichtung handele. Im Jahre 1875, auf dem Höhepunkt des Kulturkampfes im Rheinland, mußte dieser Konflikt dann zwangsläufig zur Schließung des ersten Bonner Konviktes führen. Man berief sich bei dieser Entscheidung lapidar auf die Kulturkampfgesetze, nach denen staatliche Leistungen für die Kirche einzustellen waren.
Zehn Jahre später, nach inzwischen beendetem Kulturkampf, wurde am 15. Dezember 1885 Philippus Krementz als Erzbischof von Köln inthronisiert, der vorher Bischof im Ermland gewesen war. Auch er stand in Köln vor ähnlichen Problemen wie sein Amtsvorgänger Spiegel sechzig Jahre zuvor: der Bonner Fakultät und dem Kölner Priesterseminar fehlte es an Lehrpersonal, ebenso stand die dringende Frage der Wiedererrichtung des Bonner Konviktes an.
Anfängliche Überlegungen in Richtung eines sog. "Vollseminars" in Köln wurden schon sehr bald wieder verworfen, da einer damit verbundenen Auflösung der Bonner Fakultät zugunsten einer rein kirchlichen Ausbildungsstätte die staatlichen Behörden niemals zugestimmt hätten. Auch ließen die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel einen solchen Plan von vorneherein illusorisch erscheinen. Eine erneute Unterbringung des Konviktes in einem der Bonner Universität gehörenden Gebäude und die damit verbundene Einflußnahme des Staates war für Erzbischof Krementz nach den bisherigen Erfahrungen ebenfalls nicht erstrebenswert.
Da ein geeignetes Konviktsgebäude auf die Schnelle nicht gefunden werden konnte, entschloß man sich in der Erzbischöflichen Kurie sehr bald, mit den zu dieser Zeit noch in Holland im Exil lebenden Jesuiten Verbindung aufzunehmen, um, wenigstens für die erste Zeit, in ihrem seit dem Kulturkampf an der Lennéstraße leerstehenden ehemaligen Klostergebäude ein Provisorium einrichten zu können.