Der hat es in sich:Der Grundstein von 1963 in St. Hippolytus in Troisdorf

Vermutlich Karl Matthäus Winter (1932-2012), Limburg/Lahn
Travertin, Bronze
Höhe: 66,5 cm, Breite: 60 cm, Tiefe: 63,5 cm
„Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden“ – so heißt es in Psalm 118,22. Bereits im Alten Testament wird der Eck- oder Grundstein eines Gebäudes als ein symbolischer Verweis auf Christus gedeutet. Daher ist der Grundstein einer Kirche immer ein „besonders sorgfältig gearbeiteter […] Steinblock, der zu Beginn eines Kirchenneubaus vom Bischof oder einem Bevollmächtigten gesegnet und dann in feierlicher Zeremonie in die Fundamente eingesenkt wird (Grundsteinlegung)“1. Dabei ist dieser erste Stein entweder „im Fundament vermauert oder sichtbar (manchmal als Eckstein) angeordnet“2 und enthält zumeist die Weiheurkunde, Münzen, tagesaktuelle Zeitungen oder Ähnliches. Die Troisdorfer Kirche St. Hippolytus besitzt, bedingt durch ihre Baugeschichte, gleich zwei Grundsteine. In der Chorwand ist der Grundstein der Kirchenerweiterung von 1898 vermauert. Der zweite Grundstein, der für den Umbau der Kirche 1963/64 durch den Kölner Architekten Karl Band steht, ist hingegen frei unter der Orgelempore aufgestellt und trägt als Sockel eine Holzskulptur des Pfarrpatrons. Er ist auf drei Seiten mit Inschriften versehen. Auf der Vorderseite liest man:
ST. HIPPOLYTUS / KIRCHENSCHRIFTSTELLER / IN ROM / MÄRTYRERTOD 236 / ANNO / DOMINI / 1863–1864 / 1963–1964. Die linke Seite des Steins trägt die griechischen Buchstaben Alpha und Omega, die rechte Seite ist mit dem Christusmonogramm bezeichnet.
Der heilige Hippolyt(us) von Rom (geb. um 170) war ein römischer Priester; er gilt als bedeutender frühchristlicher Autor und war ein erbitterter Gegner des Papstes Calixt I. Unter der Herrschaft des Kaisers Maximinus Thrax (235–238) erlitt Hippolytus auf Sizilien den Märtyrertod. Unter Papst Fabian (236–250) gelangten seine Reliquien nach Rom und wurden dort in einer Katakombe an der Via Tiburtina auf dem Gelände des heutigen Friedhofs Campo Verano beigesetzt.
Die auf dem Grundstein angegebenen Jahreszahlen 1863–1864 beziehen sich auf die Grundsteinlegung und Weihe der zweiten Kirche an dieser Stelle, die in den 1960er Jahren bedeutend erweitert und umgebaut wurde. Am 8. Dezember 1963 vollzog der damalige Troisdorfer Pfarrer und Dechant Peter Heuser die feierliche Grundsteinlegung und -weihe und ließ die Gründungsurkunde in den 300 kg schweren Stein ein. Hinzu kamen aber noch weitere Objekte, die Dechant Heuser aus Rom mitgebracht hatte:
- Gesteinsstücke aus der Hippolytus-Katakombe in der Nähe der Kirche San Lorenzo fuori le mura (St. Laurentius vor den Mauern) in Rom. Diese Objekte unterstreichen die Verbundenheit von St. Hippolytus mit der ersten Kultstätte des Heiligen an dessen Grab in Rom.
- Zwei Öllämpchen (Anfang 3. Jh.), ein Geschenk der Kapuziner des Klosters an der Pfarrkirche San Ippolito an Dechant Heuser.
- Das Stück einer Marmorplatte mit Inschrift aus den römischen Domitilla-Kata-komben. Ein weiteres Stück dieser Platte hatte man bereits 1961 in den Grundstein der Filialkirche von St. Hippolytus, St. Maria Königin, eingemauert, um deren Verbundenheit mit der Mutterkirche zu betonen.
Die Troisdorfer Kirche trägt einen seltenen Namen – keine weitere Kirche im Erzbistum Köln ist nach dem heiligen Hippolytus benannt, in Nordrhein-Westfalen sind es insgesamt drei, in ganz Deutschland nur achtzehn Kirchen. St. Hippolytus besitzt einen besonderen, mit ausgewählten antiken Objekten gefüllten Grundstein, der wie ein Schrein gestaltet ist und wie der Pfeiler einer geistigen Brücke zwischen Rom und Troisdorf wirkt.
1 Lexikon für kirchliches Kunstgut 2010, Stichwort „Grundstein“
2 Bildwörterbuch der Architektur 2022, Stichwort „Grundstein“