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Gerahmt von Gold, umgeben vom Sternenhimmel. Eine Custodia aus Zum Hl. Geist in Köln-Zollstock

Custodia, Vorderseite
Datum:
2. Jan. 2024
Objekt des Monats – Januar 2024

Hanns Rheindorf, Köln
1950er Jahre 
Silber, vergoldet, Email 
Höhe: 13,6 cm, Breite: 12,3 cm, Tiefe: 11 cm 
Signatur: H. RHEINDORF 

„Und es erschienen ihnen Zungen, zerteilt und wie von Feuer, und setzten sich auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an zu predigen in anderen Sprachen, wie der Geist ihnen zu reden eingab.“ 
Apostelgeschichte 2,3-4

Dem Blick dieser Taube können sich Betrachtende kaum entziehen. Fast schon hypnotisierend fixieren die Augen ihr Gegenüber und lassen es kaum aus ihrem Bann. Und genau dieser Blick ist es, der uns heute dazu einlädt, dieses liturgische Objekt näher zu betrachten.

Bei dem aus Silber gefertigten, vergoldeten Behältnis handelt es sich um eine Custodia aus der Kirche Zum Heiligen Geist in Köln Zollstock. Eine Custodia ist, wie der Name bereits vermuten lässt (lat. custodire – bewachen), ein Aufbewahrungsgefäß für die konsekrierte Hostie. Die Hostie wird mithilfe der Lunula fixiert und in das Innere der Custodia eingesetzt. Dafür befindet sich am Boden eine Schiene, die die Lunula aufnimmt. 

Die Vorder- wie auch die Rückseite dieser Custodia ist mit dekorativen Emailarbeiten verziert. Auf dem Deckel ist die Heilig-Geist-Taube zu sehen, die frontal mit offenen Flügeln und einnehmenden Blick auf den Betrachtenden zuzufliegen scheint. Das Federkleid der Taube setzt sich aus symmetrischen, stilisierten Formen zusammen. Die eher blassen Pastelltöne der Federn und des Hintergrundes lassen das Gelb des Nimbus hell erstrahlen. Zusätzlich verziert wurde das Bildnis mit Silberkugeln, die die Augen und Federn der Taube plastisch und gestalterisch hervorheben. Von Flammen gerahmt erscheint die Szene voller Bewegung und Energie. In der kirchlichen Tradition repräsentiert die Taube den Heiligen Geist und steht so, wie die sie umgebenen Flammen, auch für das Pfingstwunder. Das biblische Geschehen wird in der künstlerischen Darstellung dieser Taube dynamisch repräsentiert. Fast ist das Brausen des Sturmes zu spüren, der das Haus der Apostel am Pfingsttag erfüllte, bevor der Heilige Geist auf die Versammelten hinabflog.

Im deutlichen Kontrast zum Deckel wurde das Innere der Custodia gestaltet: Dieses erinnert mit dem tiefen, ruhigen und vielschichtigen Blau an einen Sternenhimmel. Noch durch den Farbkontrast des Goldes verstärkt, strahlt das Email demjenigen entgegen, der die Custodia öffnet. Einen schöneren Aufbewahrungsort für eine Hostie gibt es wohl nur selten. 

Geschaffen wurde dieses Objekt von Hanns Rheindorf. Rheindorf war von 1928 bis 1981 als Bildhauer und Goldschmied tätig. Geboren wurde er 1902 in Leverkusen-Wiesdorf. Seine Ausbildung erhielt er an den Kölner Werkschulen. An der Hochschule für Bildende Kunst, Architektur und Formgebung zählten unter anderem Georg Grasegger, Ernst Riegel und Dominikus Böhm zu seinen Lehrern. Geschätzt wird der Künstler für seine vielfältige Bildsprache und sein handwerkliches Können, was sich auch darin zeigte, wie er Metall und farbiges Email harmonisch miteinander verband. Dabei schuf Rheindorf vor allem kirchliche Kunst, folglich liturgische Objekte und Plastiken. Eindrucksvolle Monstranzen, Tabernakel und Kruzifixe zeugen von seiner vielfältigen und expressiven Bildsprache. Werke von Rheindorf sind zahlreich in den Kirchen des Erzbistums Köln zu finden und wurden auch bereits zuvor in dieser Rubrik (Januar 2021; Juni 2021) vorgestellt.

Die hier gezeigte Custodia entstand in einer Schaffensphase von Rheindorf, die sich durch farbenfrohes Email und Erzählfreudigkeit auszeichnet. Während seine frühen Plastiken in ihrer Formensprache schlicht und auf das Wesentliche reduziert waren, wurden Rheindorfs Werke im Laufe der 1930er Jahre ornamentaler. In den 1950er Jahren widmete er sich intensiv der Emailkunst, die er in Verbindung mit Metallen zu kostbaren Objekten formte. Sein Sujet fand er aber über die Jahrzehnte hinweg stets in dem weiten Feld der christlichen Glaubenslehre.


Maren Sieverding


Das Team der Inventarisierung wünscht Ihnen allen einen schönen Start ins neue Jahr 2024. 

Literatur/Quellen

Arbeitskreis für Inventarisierung und Pflege des kirchlichen Kunstgutes (Hrsg.): Lexikon für kirchliches Kunstgut, Regensburg 2010.

Eimert, Dorothea: Virtuose Meisterschaft. Hanns Rheindorf zum 75. Geburtstag, in: Das Münster, 30, 1977, S. 173-183. 

Schirrmeister, Stefanie: Kirche, Kunst und Kreativität. Hanns Rheindorf und die Kölner Werkschulen, in: Colonia Romanica, XXV, 2021, S. 74-93.

Werkverzeichnis Hanns Rheindorf, unveröffentlichtes Manuskript, verfasst von Johannes-Georg Rheindorf, Köln 1990.