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Schöpfung und Himmelfahrt Mariens: Das Chorfenster in St. Mariae Heimsuchung, Lohmar-Donrath

Lohmar-Donrath, St. Mariae Heimsuchung, Chorfenster
Datum:
31. Mai 2022
Objekt des Monats – Juni 2022

Antikglas, Blei, Schwarzlot
1953/54
Hanns Kirchner (Entwurf), Franz Melchior (Ausführung)


Als große, polychrome Rundbogenfläche erhebt sich das Chorfenster in St. Maria Heimsuchung hinter dem Altarbereich der eher nüchternen, kleinen Kirche. Das Auge braucht eine ganze Zeit, bis es die Bildmotive im dichten Ornament der Glasmalerei erfasst hat.

Die Grundstruktur des Fensters bildet ein zentrales Sonnenmotiv mit radialen Strahlen, das sich in konzentrische Kreisringe bettet. Nach oben schließt es halbrund, nach unten gerade ab. Die sich ergebenden fächerartigen Flächen sind eng befüllt mit kleinteiligen, polygonalen Feldern in kräftigen, vielfarbigen Tönen. Bald erkennt man im Auge der Sonne ein Rosetten- oder Blütenornament. Dann an den Randbereichen verschiedene Symbole. Sind da Fische? Nein, Pflanzen. Beides! Fische und Pflanzen. Und da: Lilienblüten, Sterne, hier eine Sonne! Und gegenüber der Mond! 
Je weiter der Blick eintaucht in dieses Bilduniversum, desto weiter erschließt er es. Zeitgleich, im Moment der Betrachtung, entstehen vor unserem Auge immer neue Motive der Schöpfung Gottes aus diesem Dickicht der Formen.

Die untere Fensterzone und die Randbereiche werden von eher dunklen Tönen dominiert: erdige Nuancen und satte Grünschattierungen. Das ist der Bereich des Irdischen. Der mittige, obere Fächer wirkt ätherischer und scheint sich zur himmlischen Zone zu verklären. Hier bestimmen lichte Blau- und pastellige Gelbtöne die Komposition. Da erkennen wir im Zentrum die Darstellung Mariens. Ein heller Schein umfängt sie, während kleine schwebende Engelfiguren sie in diese himmlische Zone überführen. Als Mittler und Zeugen ergänzen sechs nimbierte Figuren die Himmelfahrtsszene in den zwei inneren Kreisringen. Es sind die zwölf Apostel. Ihre Köpfe sind hell und zu den Tönen der himmlischen Zone passend gestaltet, während sich ihre Körper mit dem Ornament der irdischen Welt zu verbinden scheinen.

In einer symbiotischen Beziehung verbindet Hanns Kirchner, der dieses Fenster Anfang der 1950er Jahre entwarf, die zentralen Bildthemen – Schöpfung und Himmelfahrt Mariens – als Derivate für das himmlische und irdische Wirken Gottes und lässt sie als Grundlage der Messfeier in den Kirchenraum sprechen. Hinter dem Altar positioniert, bindet die Glasmalerei so auch den Zelebranten der heiligen Messe in eben dieses Bilduniversum ein.

Das Donrather Chorfenster ist ein herausragendes Beispiel für die Kunst der Glasmalerei der 1950er Jahre. Die Komposition überzeugt in Gestalt und Farbigkeit mit stimmungsvoller Dichte und Qualität. In ihrem Entwurf wendet sie sich einer entschieden modernen Formensprache zu: Dynamisch, abstrakt, facettenreich, von pulsierender Farbigkeit und gleichzeitig gegenständlich. Wie Licht, das durch ein Prisma fällt, sich in seine Farbbestandteile auffächert und sichtbar wird, reflektieren sich in Kirchners Werk Medium und Materialität der Glasmalerei.

Silke Ingenhorst

Literatur/Quellen

Forschungsstelle Glasmalerei des 20. Jh. e.V.
http://glasmalerei-ev.net/pages/b6616/b6616.shtml, zuletzt aufgerufen am 31. Mai 2022.

Imbusch, Heinrich: 50 Jahre Mariä Heimsuchung Donrath, In: Heimat- und Geschichtsverein Lohmar e. V. (Hrsg.): Lohmarer Heimatblätter, Heft 18, Siegburg 2004, S.12-21.

Kirchen im Erzbistum Köln nach 1918. Bau- und kunsthistorische Begutachtung (Projekt 02/2006 – 12/2009).