Die Aachener Ordensgründerin Clara Fey, die im 19. Jahrhundert gemeinsam mit einigen Gefährtinnen die Kongregation der Schwestern vom Armen Kinde Jesus gründete, wurde von Papst Franziskus seliggesprochen, was mit großer Feierlichkeit im Aachener Dom gewürdigt wurde.
Ihre Lebensgeschichte offenbart einen spannenden Blick auf die Nöte armer Kinder in der Zeit der Industrialisierung. Als 16-jährige Schülerin, die als Fabrikantentochter in besten Verhältnissen ausgebildet wurde, wird sie mit dem Elend dieser Kinder konfrontiert, indem sie während einer Cholera-Epidemie Krankenbesuche macht und in den Augen der Kinder den verzweifelten Ruf nach Geborgenheit spürt.
Gemeinsam mit gleichgesinnten Freundinnen und angeregt durch ihren priesterlichen Bruder, entschließt sie sich im Alter von 25 Jahren, mit einfachsten Mitteln eine Schule für die oft verwahrlosten Kinder zu gründen. Dieses „Schülchen“ ermöglicht den Kindern eine religiös orientierte Bildung als Alternative zu einer fortschreitenden Verelendung. Und es folgt ein radikaler Entschluss: Clara Fey entscheidet sich für ein Leben im Verzicht auf Ehe und Familie, auf Besitz und freie Selbstverfügung, stattdessen für ein Leben, das ganz der Unterstützung der Kinder und der religiösen Reflexion gewidmet sein soll. So begründet sie als 28-Jährige ihre Ordensgemeinschaft. Viele Anregungen zu einem Leben in tätiger Nächstenliebe erhielt sie selbst durch eine sehr religiös motivierte Erziehung, zunächst bei ihrer Mutter und in der Familie, später durch ihre außergewöhnliche Lehrerin, die Dichterin Luise Hensel.
Das caritative Wirken Clara Feys und ihrer Mitschwestern wurzelt in einer tiefen Spiritualität,[1] welche der Wahlspruch „Manete in me – Bleibt in mir!“ bezeugt. Bei der Aufnahme armer Kinder kommt es Clara Fey darauf an, „dass wir es im Namen Jesu tun. Die Armen, insbesondere die armen Kinder, sind die besten Freunde Jesu. Er sieht sie so, dass er alles, was ihnen geschieht, ansieht, als sei es ihm geschehen.“[2] Zur guten Bildung, welche die Schwestern in ihren Einrichtungen zu vermitteln suchen, gehört stets die Begegnung mit dem Glauben, also auch eine umfassende religiöse Bildung und Erziehung.
Auf die Ordensgründung in Aachen folgen viele segensreiche Jahre barmherzigen Wirkens für Kinder und Jugendliche, weit über die Region des Aachener Grenzlands hinaus. Als Clara Fey 1894 im niederländischen Simpelveld im Kreis ihrer Mitschwestern stirbt, gehören mehr als 1100 Frauen ihrer Kongregation an. Die Ordensgemeinschaft durchlebt die Wirren des deutschen Kulturkampfes und zweier Weltkriege. Inzwischen liegt der Schwerpunkt ihrer Fortentwicklung auf anderen Kontinenten, in Indonesien und Kolumbien.
Im Kreis unserer katholischen Schulen in Freier Trägerschaft sind wir mit einer Reihe von Einrichtungen verbunden, die von den Schwestern vom armen Kinde Jesus begründet, aufgebaut und in vielen Jahrzehnten segensreich geleitet wurden, so u. a. Gymnasien in Bonn-Bad Godesberg, Schleiden, Neuss und Düsseldorf-Kaiserswerth. Dort wird die Seligsprechung von Clara Fey durch Papst Franziskus besonders gewürdigt und nunmehr Jahr für Jahr am Todestag der Seligen, dem 8. Mai, gefeiert.
Es steht uns in einer Schule in ursulinischer Tradition, die sich ähnliche Motivationen und Zielsetzungen zu eigen macht, gut an, allen, die Clara Fey und ihrem Wirken verbunden sind, herzlich zu gratulieren. Wir können gemeinsam dankbar auf das Vorbild dieser starken Frau schauen.
Dr. Karl Kühling
Schulleiter am Gymnasium der
Erzbischöflichen Ursulinenschule Hersel