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Kardinal Woelki feiert Hedwigswallfahrt im Kölner Dom:75. Diözesanwallfahrt für Heimatvertriebene

Kardinal Woelki feiert Hedwigswallfahrt im Kölner Dom (15.10.2023)
Datum:
16. Okt. 2023
Von:
Newsdesk/bto
Kardinal Woelki feiert Hedwigswallfahrt im Kölner Dom

Erz­bistum Köln. Men­schen, die nach dem Zwei­ten Welt­krieg gezwun­gen wurden, ihre Hei­mat im Os­ten zu ver­lassen, präg­ten an diesem Sonn­tag das Bild in einem voll­besetz­ten Kölner Dom. Ver­treter von Lands­mann­schaften, Fahnen­träger, Trachten­gruppen und das ober­schle­sische Blas­orchester, das den Gottes­dienst musi­kalisch ge­stal­tete, re­präsen­tierten die Gene­ration, die 1945 und in den Jah­ren da­nach aus dem Erm­land, Schle­sien, Ober­schlesien oder dem Sudeten­land in den Wes­ten ge­flüch­tet sind, um hier bei Null anzu­fan­gen und sich ein neues Leben aufzu­bauen. Aber es war nicht nur die Gene­ration der in­zwi­schen Hoch­betag­ten, die auf Ein­ladung von Ver­trie­benen- und Aus­siedler­seel­sorger Rainer Hoverath mit Erz­bischof Kardinal Woelki an­läss­lich des Hedwigs­festes die 75. Diözesan­wall­fahrt für Heimat­vertriebene und Aus­siedler feier­ten. Auch Jüngere, näm­lich deren Kin­der und Enkel­kinder, waren mit dabei so­wie erkenn­bar viele Men­schen, die eher eine aktu­elle Flucht­geschichte zu er­zählen haben und zu den 2,1 Millionen Ge­flüch­teten zählen, die sich der­zeit in Deutschland aufhalten.

Bindung an Ober­schlesien als identitäts­stiftend erlebt

Christa Freus­berg, heute 83 Jahre alt, war fünf, als die Mutter mit der Familie 1945 den letz­ten Vieh­wagen zur Flucht aus Glei­witz in Ober­schle­sien be­steigt und eine be­schwer­liche Flucht unter Todes­angst auf sich nimmt – auch wenn sich die Tochter heute kaum noch daran erinnert. Trotz­dem ist sie seit 40 Jahren Mit­glied der ober­schle­sischen Lands­mann­schaft in Düssel­dorf und hat hier als stell­vertre­tende Vor­sitzende lange ver­sucht, durch ge­mein­same Treffen, Aus­flüge und Feste für ihre Lands­leute ein Zusammen­gehörig­keits­gefühl zu schaffen sowie die Er­innerun­gen an die Heimat und die damit ver­bundenen Tradi­tionen wach zu halten. Von ehemals 350 seien sie aller­dings nur noch 20, die meis­ten seien be­reits ver­storben, sagt sie und betont, dass diese all­jähr­liche Wall­fahrt mit an­schließen­der Begegnungs­möglich­keit stets eine zen­trale Rolle ge­spielt habe. "Die Bin­dung an Ober­schlesien habe ich immer als identitäts­stiftend erlebt. Wenn ich die al­ten Gesänge höre, bin ich sofort wieder ganz drin. Dann kommt die Ge­schichte wieder hoch."

"Offene Herzen, offene Grenzen und offene Türen"

Eine "deutschland­weite, europa­weite Soli­darität" und Ini­tiativen zur Be­kämpfung der Flucht­ursachen for­dert in sei­ner Pre­digt Erz­bischof Woelki an­gesichts der aktuellen Flucht­bewegungen von welt­weit 108,4 Millionen Men­schen. "Wer durch Krieg, Terror und Zer­störung der Heimat auf der Flucht ist, wer um Leib und Leben fürch­ten muss, wer die Er­mor­dung oder Verge­walti­gung von Ange­hörigen, Nach­barn oder Freun­den miter­leben musste, erst einmal nicht mehr zurück­kehren kann und bei uns Zu­flucht sucht, der muss offene Her­zen, offene Gren­zen und offene Türen vor­finden", mahnt der Kar­dinal wört­lich und nimmt dabei vor allem auch die Poli­tik in die Pflicht.

Außer­dem ruft Woelki dazu auf, Verant­wortung für Kirche und Welt zu über­nehmen – wie damals nach dem Zwei­ten Welt­krieg – und sich ge­meinsam der Auf­gabe, ein geein­tes Europa zu ge­stalten, in dem Gottes Schöpfungs­ordnung gelte, zu stellen. An die Fami­lien der Heimat­vertrie­benen, an die Gemein­schaften und Ver­bänden appelliert er, Gott im All­tag einen Platz ein­zuräumen und dafür zu sor­gen, dass der Glaube nicht er­kalte und Gott nicht bei­seite geschoben werde.

Kardinal Woelki wür­digt beispiel­lose Integrationsleistung

Immer wieder ver­weist er auf Parallelen zwi­schen den Flücht­lings­strömen von einst und heute. Er erinnert daran, dass Millionen Men­schen vor fast 80 Jah­ren schon ein­mal ein dem aktuellen Leid ver­gleich­bares Schick­sal er­lebt hätten, aus ihrer Hei­mat ver­trieben worden seien, und wür­digt deren beispiel­lose Integrations­leis­tung in den Jahr­zehn­ten danach. "Voraus­setzung war die ge­mein­same Kultur, mehr noch: der ge­mein­same Glaube", stellt der Erz­bischof fest. Dabei habe diese Hedwigs­wall­fahrt geis­tige Heimat ge­boten, die Möglich­keit, Ver­wandte und Bekannte wieder­zutreffen und altvertraute Lieder zu singen.

"Die Gene­ration meiner Eltern und die nach­folgende haben nach dem Krieg nicht nur eine neue Hei­mat gefun­den, son­dern auch wieder aufzu­bauen ge­holfen: zer­störte Städte, Dörfer und Land­schaften, einen demo­kra­tischen, frei­heit­lichen Rechts­staat, eine florie­rende So­ziale Markt­wirt­schaft und vieles mehr." Der katho­lische Glaube, eine gemein­same Gebets­sprache sowie eine gemein­same Basis in den letz­ten Über­zeugun­gen seien dabei "ein, wenn nicht der ent­schei­dende Inte­grations­faktor" ge­wesen und bedeu­teten außer­dem einen großen Reich­tum an Wall­fahrtskirchen, Klös­tern, Kreuzen, Kapellen oder geist­licher Musik und Brauch­tum. "Wie arm wären wir heute, wenn wir all das nicht mehr hätten, wenn Sie daraus nicht immer noch leben würden", wen­det sich der Kardinal der Heimat­vertrie­benen-Gemein­de im Dom zu.

Noch nie so viele Flücht­linge wie in diesem Jahr

Aus­führ­lich geht er auch auf die aktu­elle Situa­tion ein und nennt kon­krete Zahlen. Denn noch nie zuvor hat es so viele Men­schen welt­weit auf der Flucht gege­ben. Allein in die­sem Jahr habe es, zitiert Woelki den Global-Trend-Be­richt des UN-Flüchtlings­kommissa­riats, einen An­stieg der Flücht­lings­zahlen von über 19 Millionen ge­geben. Haupt­gründe dafür seien der russische Angriffs­krieg in der Ukraine, die Ver­trei­bung von Afghaninnen und Afghanen durch die radikal islamischen Taliban, die ver­stärk­ten Kämpfe im Sudan, seit einer Woche auch die Flucht­bewe­gungen, die durch Terror und Krieg im Hei­ligen Land aus­gelöst worden seien, aber auch Hunger, Natur­katas­trophen und der Klima­wandel. Mehr als die Hälf­te davon seien Men­schen, die inner­halb ihres jewei­ligen Heimat­landes flie­hen würden. Aus­drück­lich wür­digt Woelki, was die Men­schen in den Gemein­den, im Erz­bistum und spe­ziell bei der Caritas-Aktion Neue Nach­barn angesichts dieser heraus­fordernden Situation leisteten.

Ab­schließend ruft er den vie­len heimat­vertrie­benen und geflüch­teten Men­schen im Dom noch einmal zu: "Es ist gut, dass Sie so zusammen­stehen und im Glau­ben eine Kraft­quelle haben. Lassen Sie uns aus diesem Glau­ben heraus das Leben in unseren Fami­lien, unseren Gemein­den und in der Gesellschaft gestalten."

75. Diözesanwallfahrt für Heimatvertriebene im Kölner Dom (15.10.2023)

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