Betroffenenbeirat zur Umfrage der Deutschen Ordensoberenkonferenz

Stellungnahme des Betroffenenbeirats im Erzbistum Köln

28. August 2020 (pek200828)

Der Betroffenenbeirat im Erzbistum Köln hat eine Stellungnahme zu den Umfrageergebnissen der deutschen Ordensobern abgegeben. Sie hat folgenden Wortlaut:

Die DOK (Deutsche Ordensobernkonferenz e.V.) hat am 26. August 2020 die Ergebnisse einer Mitgliederbefragung zu sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen veröffentlicht, nach der sich 1.412 Betroffene sexualisierter Gewalt gemeldet haben.

Der Betroffenenbeirat des Erzbistums Köln ist über Inhalt und Art enttäuscht und entsetzt. Wir haben viele wütende und erregte Rückmeldungen von Betroffenen erhalten. Diese Veröffentlichung ist ein Schlag ins Gesicht all der Betroffenen, die sich seit einem Jahrzehnt für eine konsequente Aufarbeitung der Geschehnisse in den Internaten, Schulen und Heimen deutscher Orden einsetzen. Einmal mehr fühlen wir uns weder ernst noch in unserer Verletztheit wahrgenommen. In der Erklärung dreht sich die DOK nur um sich selbst und ihre eigenen Probleme.

Wenn bei einer „Umfrage“ von 1.400 Betroffenen die Rede ist, wie hoch ist dann die Dunkelziffer?

Wieso bemerkt die DOK erst 2019, neun Jahre nach Bekanntwerden der ersten Fälle, dass sie „nicht über ausreichend differenzierte Kenntnisse verfügen“?

Wieso werden Dinge für die Zukunft geplant, die schon in den vergangenen zehn Jahren hätten getan werden können?

Für eine wissenschaftliche Untersuchung fehlt das Geld? – Wieso fragt die DOK nicht nach Unterstützung bei den Bistümern in Deutschland nach? Wieso nicht beim Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM)? Wieso nicht bei Universitäten, beim Bund, bei Ländern, Stiftungen usw.? Es erscheint wie so oft bei den Deutschen Orden, dass sie in einer eigenen Blase leben. Das geht so weit, dass die DOK sogar die Verantwortung, Aufarbeitung zu betreiben, auf die einzelnen Orden abwälzt und sich selbst nicht in der Verantwortung sieht.

Die Art der Selbstbeschreibung der DOK soll anscheinend ob der Macht- und Mittellosigkeit Mitleid auslösen. Dies ist völlig fehl am Platz.

Wir als Betroffene fordern:

  • dass alle Akten unverzüglich den entsprechenden Staatsanwälten übergeben werden
  • dass die Missbrauchsfälle wie auf Bistumsebene von unabhängigen Personen untersucht werden
  • dass die deutschen (Erz-)Bischöfe den Druck zur Zusammenarbeit auf die Orden erhöhen. Viele Orden sind wirtschaftlich von den Bistümern abhängig. Dies ist ein Hebel, um die Orden endlich zur Kooperation bei Aufarbeitung und Entschädigung zu überzeugen
  • dass die Namen all derer genannt werden, die sexualisierte Gewalt vertuscht und verdeckt haben
  • dass die DOK endlich ihr Versagen in Aufarbeitung und Umgang mit sexualisierter Gewalt bei ihren Mitgliedern eingesteht und entsprechende Konsequenzen (z.B. bei der Benennung von Tätern und Vertuschern) zieht
  • dass die Betroffenen von sexualisierter Gewalt von Ordensmitgliedern die gleiche Entschädigung/Anerkennungszahlung erhalten wie die Betroffenen sexualisierter Gewalt von Bistumsmitarbeitern. Dazu fordern wir einen gemeinsamen Fond aller katholischen Einrichtungen in Deutschland wie von der Expertenkommission 2019 vorgeschlagen
  • dass der öffentliche Druck (etwa durch Parteien, Fachministerien, UBSKM) auf die Orden und deren Dachorganisation erhöht wird.

August 2020
Patrick Bauer und Karl Hauke, Sprecher des Betroffenenbeirates im Erzbistum Köln