Ostergruß von Kardinal Woelki: "Mut, Lebensenergie und ein Lächeln im Gesicht"

20. April 2019 Kardinal Woelki, Erzbischof

Christus ist auferstanden!
Von ganzem Herzen wünsche ich Ihnen ein gesegnetes und frohes Osterfest!

Ihr Rainer Maria Kardinal Woelki, Erzbischof von Köln

„Wer das an sich eigentlich Unbegreifliche verinnerlicht hat, dass wir an einen Gott glauben, der stärker ist als der Tod, kann sich schlichtweg nur noch freuen“

Können Tiere eigentlich lachen? Die Wissenschaft scheint sich hier noch nicht so einig zu sein, wie einst der Philosoph Aristoteles. Denn von dem antiken Denker ist das Wort überliefert, der Mensch sei das einzige Lebewesen, das lachen könne. Lachen zu können ist jedenfalls eine wirkliche Besonderheit: Mal herzlich, mal überrascht und manchmal einfach nur erleichtert, weil etwas gelungen ist.

Gerade wir im Rheinland wissen nur zu gut, wie belebend es ist, wenn Menschen lachen. Was wäre sonst die buchstäblich „rheinische Frohnatur“? Natürlich gibt es auch ein abwertendes oder ein hämisches Lachen, und jeder von uns weiß, wie weh es tun kann, ausgelacht zu werden. Aber dort wo ein Mensch wirklich befreit lacht, löst sich, was ihn gefangen hält, niedergeschlagen oder traurig macht. Ein solches Lachen hat immer auch damit zu tun, dass wir die Bedeutung, den Sinn von etwas begreifen, „das Ganze“ verstehen. Das ist eine einmalige Fähigkeit von uns Menschen. Damit ist ein Lachen, das wirklich von Herzen kommt immer schon ein erster Ausdruck konkreter Erlösung. Ganz anschaulich findet das seinen Ausdruck in der Tradition des Osterlachens im Mittelalter, das alle mitriss und keinen Raum mehr ließ für Trauer und Klage.

Nach den langen Wochen der österlichen Bußzeit und der Trauer des Karfreitags spüren wir spätestens durch den Einsatz der Orgel beim österlichen „Gloria“ in der Osternacht etwas von der Freude über die Auferstehung Jesu von den Toten. Plötzlich ist die österliche Freude da: „Dies ist der Tag, den der Herr gemacht hat; wir wollen jubeln und uns an ihm freuen!“ (Psalm 118,24) Denn am Ostermorgen gibt es keinen Leichnam mehr und keinen Tod - der Gekreuzigte ist auferstanden, ja er ist wahrhaft auferstanden. Und so werden die Frauen mit den wohlriechenden Salben, die sie zubereitet hatten, auch frühmorgens am Grab gefragt: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?“ (Lk 24,5). Wer das an sich eigentlich Unbegreifliche verinnerlicht hat, dass wir an einen Gott glauben, der stärker ist als der Tod, kann sich schlichtweg nur noch freuen - und darf dabei auch lachen, den Tod verlachen, weil der keine Macht mehr über uns und unser Leben hat!

Diese Botschaft von Ostern verwandelt uns. Sie gibt neuen Mut und Lebensenergie - ganz so wie den ersten Jüngern. Denn wie uns die Heilige Schrift bezeugt, ist Jesus nicht nur für uns gestorben. Er ist für uns auch auferweckt worden. So geht unser Lebensweg zwar unausweichlich auf den Tod zu, sodass unser Leben im Tod sein Ende findet. Aber seit Jesu Auferstehung ist der Tod nicht mehr das Ende unseres Lebens, sondern der Wendepunkt. Er hat uns den Zugang zum Vater geöffnet (Eph 2,18). Seiner Wende folgt unsere Wende vom Tod zum Leben. Sein Weg zum Vater soll auch unser Weg zum Vater werden. Darüber dürfen wir uns freuen. Das darf uns sogar ein Lächeln ins Gesicht zaubern.

Frohe und gesegnete Ostern wünscht Ihnen

Ihr
Rainer Maria Kardinal Woelki