Siegburg: Katholisch-Soziales Institut ist eröffnet

Siegburg/Köln. In Anwesenheit von Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde heute das Katholisch-Soziale Institut des Erzbistums Köln (KSI) auf dem Siegburger Michaelsberg eröffnet. Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki bezeichnete ihre Anwesenheit nicht nur als besondere Ehre, sondern als Zeichen für die Bedeutung des KSI "weit über das Erzbistum Köln hinaus".

4. Mai 2017 HA Medien und Kommunikation/Je

Das im ehemaligen Benediktinerkloster beheimatete, auf dem Michaelsberg weithin sichtbare Tagungszentrum könne eine Art Leuchtturm werden und "glaubwürdig Orientierung für Seele und Gewissen jedes Einzelnen ebenso wie für die Gestaltung des Gemeinwohls geben", so Woelki. Als Ort des Dialogs und der Meinungsbildung stehe das KSI in der Verantwortung für das Gemeinwohl: "Gerade in Zeiten, in denen der Kampf um die Deutungshoheit von Begriffen, von Fakten und Wahrheiten ausgebrochen ist und die Aufrichtigkeit von Institutionen angezweifelt wird wie selten zuvor, ist es von immenser Bedeutung, trennscharf und gründlich zu diskutieren – getreu dem Motto: Für Fakten gibt es keine Alternativen."

Ziel der Akademie-Arbeit, so der Erzbischof, sei "die Auseinandersetzung des Einzelnen und der Gesellschaft insgesamt mit der Frage der sozialen Gerechtigkeit auf allen Ebenen des zunehmend komplexen und weltweit vernetzten Lebens". Orientiert an der Katholischen Soziallehre, deren Prinzipien angesichts der Not der Arbeitenden während der Industrialisierung formuliert wurden, müsse auch heute gefragt werden, "was und wer die Würde des Menschen bedroht, wie die Freiheit zu schützen und wie Solidarität und Subsidiarität zu fördern sind". 

Kardinal Woelki: "Einzelnen zur Verantwortung befähigen"

Beispielhaft nannte Woelki das Erstarken von Rechtspopulismus und Nationalismus, die besondere Verantwortung der Industrienationen für den Klimawandel, die Frage, "wie wir unsere Wirtschaft und unsere Löhne so gestalten, dass niemand abgehängt wird" oder "das Tausendfache Ertrinken derjenigen, für die Europa die Hoffnung auf ein besseres Leben oder wenigstens auf Überleben darstellte". Diese Herausforderungen stellten gegenwärtig ganz Europa auf die Probe und seien zugleich Herausforderungen an die Bildungs- und Akademiearbeit des KSI, die den Einzelnen zur Verantwortung befähigen müsse: "Verantwortung zu übernehmen bedeutet eine Form von Mut, die nicht reine Kühnheit ist, sondern redliche Antwort auf zuvor Durchdachtes."

Die Ansprache des Kardinals im Video finden Sie auf domradio.de

Bundeskanzlerin Merkel: "Förderung eigenständigen Denkens und kritischer Urteilsfähigkeit"

Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte den Stellenwert der Bildung: „Religiöse Bildung war seit jeher verbunden mit der Förderung eigenständigen Denkens und kritischer Urteilsfähigkeit. Es ist daher das allerwichtigste, dass Sie die Menschen in Ihrer Bildungseinrichtung dazu ermutigen, ihnen auch die Selbstgewissheit geben, dass sie eigenständig urteilen können”, damit sie „den Mut zum Nachdenken haben und sich Zeit für bestimmte Entscheidungen geben -  weil alles immer schnell gehen muss, aber nicht schnell geht”. Gerade ein Ort wie der Michaelsberg mit seiner jahrhundertealten Tradition rege dazu an, über Bleibendes und Wesentliches nachzudenken und diese Aspekte häufiger zum Maßstab des eigenen Handelns zu machen.

Das Katholisch-Soziale Institut

Das KSI wurde 1947 von dem damaligen Kölner Erzbischof Josef Kardinal Frings gegründet mit dem Ziel, als Ort des Dialogs zwischen gesellschaftlichen Gruppen und Kräften Menschen zu einem christlichen, wertbezogenen Handeln in persönlichen, sozialen und politischen Bereichen zu befähigen. Als Akademie organisiert das KSI jedes Jahr rund 400 eigene Veranstaltungen, hinzu kommen zahlreiche Buchungen durch externe Anbieter. Die Themen der Seminare, Kurse und Veranstaltungen reichen von Politik über Medien und Glauben bis hin zu einer Fülle von öffentlichen Kulturveranstaltungen. Leitlinie des KSI-Programms als katholisches Haus ist es, Orientierung für Glaube und Gesellschaft zu bieten.

Umbau der ehemaligen Abtei

Der Um- und Neubau des Michaelsbergs erfolgte nach Plänen des Kölner Architekturbüros " msm meyer schmitz-morkramer". Mit moderner Technik ausgestattete Tagungsräume bieten Platz für  bis zu 260 Personen. Vier Foren im Neubau sowie der Annosaal und zehn weitere Seminarräume in der Abtei runden das Raumangebot ab. Sitzgruppen sowie der Kreuzhof, der Pavillon oder die Dachterrasse laden zu Gesprächen und Entspannung zwischen den Tagungseinheiten ein. 51 Einzel- und 44 Zweibettzimmer sowie 13 Komfortzimmer bieten bis zu 169 Gästen Raum. Die modern eingerichteten Zimmer verfügen über Bad mit WC und Dusche sowie TV, Telefon und W-LAN. Vier Zimmer sind behindertenfreundlich eingerichtet. Das Erzbistum Köln investierte 41 Millionen Euro in den Um- und Neubau der Gebäude auf dem Michaelsberg. 2015 erforderte ein heftiges Hagelunwetter Schadensreparaturen, die rund 6 Millionen Euro kosteten.

KSI Siegburg

Der Michaelsberg

Mit der Eröffnung des KSI im ehemaligen Benediktiner-Kloster geht die fast 1000 Jahre alte Tradition des geistlichen Lebens auf dem Siegburger Michaelsberg in eine neue Phase. 1064 vom Kölner Erzbischof Anno II. gegründet, erlangte die Abtei schon im Mittelalter große Bedeutung. In den Jahrhunderten erfuhren die Gebäude eine wechselvolle Geschichte. Die mangelhafte finanzielle und personelle Situation veranlasste die Benediktiner, 2010 das Kloster 946 Jahre nach seiner Gründung aufzulösen. 

Schon kurz nach dem Bekanntwerden der Auflösung sprach sich das Erzbistum und auch die Stadt Siegburg für den Erhalt des Michaelsbergs als geistlich-christliches Zentrum aus. Mit dem Umzug des Katholisch-Sozialen Instituts von Bad Honnef und der Ansiedlung der Unbeschuhten Karmeliten (OCD) in Siegburg ist dieses Ziel verwirklicht. Sechs indische Mönche dieses Ordens leben im ehemaligen Gästehaus Sankt Maurus, das hierfür bereits 2012 umgebaut wurde. Die Mönche halten Gottesdienst in der Abteikirche und sind in Siegburg seelsorgerisch tätig.