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Jahresempfang 2014

Erzbischöfliches Offizialat Köln ? 2014

Jahresempfang 2014

 

Auch 2014 nahm sich unser Erzbischof Joachim Kardinal Meisner die Zeit, um eine gute Stunde im Kreis der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seines Gerichtes zu verweilen, gemeinsam mit ihnen auf die Bilanz des vergangenen Arbeitsjahres zu schauen und die Anliegen anzuhören, die sich aus den Erfahrungen dieser speziellen Arbeit mit Personen ergeben, deren Ehe gescheitert ist, und die für eine zweite Ehe ganz bewusst den Weg mit der Kirche suchen – oder eben nicht.

 

Als Prälat Assenmacher, 81. Offizial in der Reihe der namentlich bekannten Träger dieses Amtes im Erzbistum Köln, 1996 auf sein erstes Amtsjahr zurückschauen konnte, sagte er sich: "Warum soll in Köln nicht billig sein, was in Rom recht ist?!" In Rom besucht der Papst seit vielen Jahrzehnten regelmäßig zu Anfang des Jahres die Rota Romana, die zwar nicht das höchste, aber wohl das in der Öffentlichkeit bekannteste Päpstliche Gericht ist. Fragen wir mal! In den seither vergangenen Jah­ren ist Kardinal Meisner 17mal einer entsprechenden Einladung gefolgt, nur an zwei Terminen war er durch höherrangige Verpflichtungen verhindert. Die am Offizialat haupt- und nebenamtlich Tätigen freut dieses Interesse.

Wie immer legte der Offizial zunächst die Zahlen des Gerichtsjahres 2013 dar: Das Arbeitsaufkommen ergibt sich einmal aus den angefragten Beratungen, dann aus den noch anhängigen und neu anhängig gemachten Verfahren sowie aus den Vernehmungs­aufträgen seitens der Gerichte anderer Diözesen. Hinzu kommen die von den Mitarbei­terin­nen und Mitarbeitern übernommenen regelmäßigen Aufgaben z.B. in der Ausbildung der pastoralen Dienste, in Gremien und Institutionen sowie auf gezielte Anfragen und Aufträge hin.

 

Im Jahr 2013 suchten 191 Personen in einem ausführlichen Gespräch Beratung in der Frage, ob ein Eheprozess für sie überhaupt in Frage kommt. Von diesen 191 Gesprächen wurden 150 in Köln, 41 in der Außenstelle Essen geführt. Erfahrungs­gemäß ergeben sich daraus etwa 90/95 neue Verfahren, also ca. 50%. Die andere Hälfte der Fragesteller nimmt von einem Verfahren Abstand, sei es, weil man ihnen sagen musste, dass kein kirchenrechtlicher Klagegrund vorliegt oder dass er nicht beweisbar ist, sei es, weil die Betroffenen aus den unterschiedlichsten Gründen dann doch zu einem solchen Verfahren nicht bereit sind: Manche wollen dieses Stück gelebter Lebensgeschichte nicht an juristischen Kategorien messen lassen; manchen ist die Wiederbegegnung mit den enttäuschten Hoffnungen und Verlet­zun­gen dieses Abschnittes ihrer Vergangenheit zu schmerzhaft; manche lassen sich von Vorurteilen oder missverständlichen Begriffen wie "Annullierung" abhalten.

Wie dem auch sei: Zu Anfang des Jahres 2013 waren am Erzbischöflichen Gericht insgesamt noch 336 Verfahren anhängig, 226 kamen im Lauf des Jahres neu hinzu, ins­gesamt erledigt wurden 236 Prozesse.

 

Bei den neuen Verfahren handelt es sich um 85 sog. "ordentliche" Eheprozesse, um zwei Dokumentenverfahren, ein Nichtvollzugsverfahren und 19 Verfahren zur Auf­lösung von Ehen zwischen Ungetauften zugunsten einer neuen Ehe mit mindestens einem gläubigen Partner.

 

114 Verfahren kamen im üblichen Instanzenzug aus den Diözesangerichten der Kölner Kirchenprovinz an das Metro­politangericht, um hier in II. Instanz beurteilt zu werden. Fünf Verfahren III. Instanz wurden von Rom zugewiesen.

 

Von den insgesamt 236 erledigten Verfahren wurden 78 durch ein positives und 16 durch ein negatives Urteil abgeschlos­sen, 124 mal wurde die positive Entscheidung der Vor­instanz durch ein Dekret bestätigt, 18 Verfahren wurden von den Parteien aufgegeben oder von Amts wegen eingestellt. Die hohe "Erfolgsquote" erklärt sich durch die vorgeschalteten Beratungs­gespräche, in denen von evident aussichts­losen Verfahren abgeraten wird.

 

Die Verteilung der kanonischen Ehenichtigkeitsgründe, über die in den Verfahren befunden wurde, überrascht die Kenner der Materie nicht: 2013 waren bei 52% aller nichtig erklärten Ehen die sog. "psychischen Gründe" maßgebend, welche im CIC/1983 in can. 1095 nn. 1-3 behandelt werden: Eheschließungs- und Eheführungs­unfähigkeit. Dem gegen­über sind die früher "klassischen" Konsens­mängel wie Ausschluss der Unauflöslichkeit, der Treue oder der Nach­kommen­schaft auf insgesamt 30% zurückgegangen.

Die Quote kirchlicher Eheprozesse, die sich für die einzelnen Diözesen ergibt, wenn man die absoluten Zahlen zu den Zahlen der Katholiken dort in Relation setzt, ist für den Bereich der Deutschen Bischofskonferenz ziemlich unterschiedlich, wie eine weitere Statistik ausweist. Es wäre freilich sehr spekulativ, Gründe für diese erstaunliche Bandbreite nennen zu wollen.

Schaut man über Deutschland und Europa hinaus wie viele Katholiken in den verschiedenen Kontinenten leben und vergleicht damit die dort eingeleiteten Ehe­verfahren, so fällt auf, dass Afrika und Mittel- und Südamerika unter­repräsentiert sind: Von dort kommen nur 3 bzw. 14% aller Ehenichtigkeits­verfahren, während in Afrika 15% und in Mittel- und Südamerika 42% aller Katholiken leben. Es wäre interessant, die Gründe für diese Kluft zu erforschen. Dem steht gegenüber, dass in Nordamerika, wo lediglich 7% aller Katholiken leben, 48% aller Eheverfahren weltweit geführt werden.

 

In unseren Breiten ist jedenfalls mit einer zahlenmäßigen Explosion der kirchlichen Eheverfahren kaum zu rechnen, wenn man nur einmal auf die demographischen Zah­len, die Zahlen der Ehe­schließun­gen allgemein und der kirchlichen Ehe­schließungen im besonderen schaut und die Erosion kirchlicher Bindung in Rechnung stellt.

Auch die permanente Diskussion über die Stellung der wiederverheirateten Geschiedenen in der Kirche, die immer lautere Forderungen nach einer kirchlichen Anerkennung der zweiten Ehe und der Zulassung der Betroffenen zu den Sakramenten wirkt nicht unbedingt motivierend, die Mühen und Zumutungen eines kirchlichen Verfahrens auf sich zu nehmen, die wir weder ignorieren noch schön reden können.

 

In der Aussprache mit den Mitarbeitern des Offizialates betonte der Erzbischof, dass die von den kirchlichen Gerichten in ihrer täglichen Arbeit hochgehaltenen und verteidigten wesentlichen Güter und Merkmale der christlichen Ehe wie Unwider­ruflichkeit der lebenslangen Bindung, die Verpflichtung zur gegenseitigen Treue und die Offenheit für die Grün­dung einer eigenen Familie keineswegs zu den Wert­vorstel­lungen unserer Zeitgenossen querstehen, sondern im Grunde den tiefsten Sehnsüchten vieler Menschen entsprechen; für viele ist das Scheitern einer Ehe keineswegs lediglich die nüchterne Beendigung einer "Lebensabschnitts­partner­schaft", sondern eine der schlimmsten Katastrophen überhaupt.

 

Zum Schluss der Begegnung, die wohl das letzte Treffen dieser Art in der 25-jährigen Ära von Erzbischof Joachim Kardinal Meisner in Köln war, erteilte der Kardinal den Anwesenden seinen Segen und stellte sich mit ihnen für ein Gruppen­foto.

 

Domkapitular Prälat Dr. Günter Assenmacher

Erzbischöflicher Offizial

 

 

 

Foto: M. Rösner-Peters