Blog "Mit dem Generalvikar von Köln nach El Salvador"

Blog: Von Köln nach El Salvador

2. Februar 2019 Newsdesk/wey
Generalvikar Dr. Markus Hofmann zu Gast bei den Partnern der MISEREOR-Fastenaktion 2019

Im Vorfeld der MISEREOR-Fastenaktion reist der Kölner Generalvikar Dr. Markus Hofmann vom 2. bis 9. Februar 2019 gemeinsam mit dem MISEREOR-Hauptgeschäftsführer Msgr. Pirmin Spiegel für eine Woche nach El Salvador. Der Besuch ist ein bewusstes Zeichen der Solidarität und Partnerschaft mit den Menschen in dem von Armut und Gewalt gezeichneten Land.

Der schwierigen Situation zum Trotz packen junge Menschen in El Salvador ihre Zukunft an. Sie gestalten gemeinsam ihr Leben und ihr soziales Umfeld. Für die Reiseteilnehmer geht es darum zu begreifen und zu lernen, wie sie tagtäglich den Mut dazu finden, was sie motiviert:

  • Welche Träume und Hoffnungen haben sie?
  • Was können wir möglicherweise in Deutschland und Europa von ihnen lernen?

Seine persönlichen Eindrücke und Gedanken teilt Generalvikar Hofmann während der Reisezeit hier in diesem Blog.

8. Februar: Jugendliche unterstützen Jugendliche

„Metotepeque – metotepeque –metotepeque“. Ich habe immer noch keine Ahnung was das heißt. Es ist auf jeden Fall kein Spanisch. Aber es ist wie in so vielen Fällen hier in El Salvador: Wir verstehen uns bei der „Dinámica“ mit der uns die Jugendgruppe „Juventud Integral El Sauce“, kurz JIES, in Sonzacate auch ohne Worte. Für das kleine Spiel stehen wir im Kreis und machen die Bewegungen von José Arrué aus dem JIES-Team nach, angefeuert von einem lauten „Metotepeque“.

Was sich die Jugendlichen hier aufgebaut haben, ist aber tatsächlich weit entfernt von Spielerei. Rund 50 Ehrenamtliche betreuen hier ein Jugendzentrum, dessen Angebot wöchentlich von rund 100 Kindern genutzt wird. Zusammen mit den größeren Veranstaltungen der JIES – wie zum Beispiel dem „Dia de la Juventud“ (Tag der Jugend) – erreichen die Jugendlichen sogar mehr als 1000 Kinder und junge Menschen aus der Umgebung. Dabei hat alles ganz klein angefangen. Der MISEREOR-Partner Fundasal hatte in El Sauce, einem Stadtteil von Sonzacate, ein Hausbauprojekt angestoßen. Während der Bauzeit betreuten ältere Jugendliche die jüngeren Kinder. Daraus entwickelte sich 2003 eine Jugendgruppe, die das eigentliche Bauprojekt überdauert hat. Inzwischen gehen zum Teil schon die Kinder der Mitbegründer zu JIES.

Ich bin überrascht, wie gut durchdacht das Engagement der Gruppe ist. José erklärt uns, dass sie ihre Aktivitäten unterschiedlichen Arbeitsfeldern zugeordnet haben:

  • „Vida y Valores“ (Leben und Werte)
  •  „Participación Ciudadana“ (Gesellschaftliche Teilhabe) und
  • „Refuerzo Escolar“ (Schulische Unterstützung).

Würde ich nicht in einem bunt gestalteten Jugendzentrum in El Salvador sitzen, könnte man bei dieser Agenda fast meinen, ich hätte im Büro in Köln eine Projektbeschreibung vor mir liegen.

Ein Dankeschön der Jugendgruppe an MISEREOR und das Erzbistum Köln

Antwort auf die Bedürfnisse vor Ort

Monsignore Pirmin Spiegel fragt, wie das Team auf diese Zusammenstellung gekommen sei. José erklärt: „Das ist unsere Antwort auf die Bedürfnisse, die wir hier vor Ort identifiziert haben.“ Auch dabei gehen die Jugendlichen von JIES sehr bedacht vor. Die Entscheidung fällt im Team, aber um eine gute Basis zu haben, erheben sie in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen vor Ort jedes Jahr Daten und Fakten zur Situation der Jugendlichen, kombiniert mit Vorschlägen, was man verbessern könnte.

Ergänzend schauen sie auf die Talente, die jeder einzelne der freiwilligen Mitarbeiter einbringen kann. Egal ob Tanzen, Malerei oder Musik. Wer eine besondere Fähigkeit hat und diese weitergeben möchte, ist bei JIES willkommen.

Um ihre Arbeit zu stärken, hat sich das Team von JIES zusätzlich ein Netzwerk aufgebaut, das über die Gruppe hinausgeht. Einer der wichtigsten Unterstützer ist Jorge Alemán. Im Hauptberuf ist er Polizist, ehrenamtlich engagiert er sich gemeinsam mit JIES in der Gewaltprävention.

Mitglieder des JIES-Teams

Mich beeindruckt das innere Feuer

Was mich am meisten beeindruckt, ist jedoch nicht allein die effektive Organisation der Gruppe. Es ist das Feuer, mit dem diese jungen Menschen sich für ihre Sache einsetzen und wie sehr sie sich mit der Initiative identifizieren.

Josés Schwester Iliana bringt es auf den Punkt: „Ohne JIES wäre ich nicht die, die ich heute bin.“ Sie erzählt, dass sie elf Jahre alt war, als sich ihr Vater das Leben nahm. Der Kontakt mit JIES hat ihr entscheidend geholfen, nicht zu verzweifelnd, sondern die Fähigkeiten zu entdecken, die Gott ihr gegeben hat. Vor kurzem hat sie ihr Psychologiestudium erfolgreich beendet und ist jetzt die Präsidentin von JIES.

Ich weiß, dass es diese Energie und Motivation auch in Deutschland und in unserem Erzbistum gibt. Nicht nur bei Jugendlichen, sondern überall in der Kirche. Nur fällt sie uns vielleicht manchmal nicht direkt auf. Ich nehme mir vor, in der nächsten Zeit noch einmal verstärkt darauf zu achten.

Abschluss der Reise

Der letzte Reisetag ist wieder viel zu schnell vergangen. Morgen um diese Zeit werde ich wieder auf Kölner Boden sein, dick eingepackt in die Wintersachen. El Salvador wird dann wieder weit weg sein - zumindest was die Kilometerzahl angeht.

Mit den Menschen, die ich hier kennengelernt habe, sieht das anders aus. Ihre Geschichten und die gemeinsamen Erlebnisse werden mich noch lange begleiten – die traurigen, wie die guten. Ihr Mut, ihre Stärke, ihr Glaube und ihre Hoffnung, dass eine bessere Welt mit Gottes Hilfe und dem Einsatz der von ihm geschenkten Talente möglich ist.

Ich freue mich, dass ich einige von ihnen wie Daisy und Beatriz von „Mein Lebensplan“, Julio von Fundasal, Bischof Iraheta und Kardinal Chávez schon bald zur Eröffnung der MISEREOR-Fastenaktion wiedersehen werde: Ich hoffe, dass ihre Art, mit der sie das Leben und die Zukunft gestalten, auch bei uns viele Menschen begeistern und berühren wird.

7. Februar: Einsatz für Landbevölkerung

Heute erwartet unsere Reisegruppe ein sehr buntes, unterschiedliches Programm. Vormittags haben wir ein Gespräch mit dem Erzbischof von San Salvador, am Mittag besuchen wir das Grab von Rutilio Grande und am Nachmittag sind wir bei einem Lehmziegel-Workshop beim Hausbauprojekt des MISEREOR-Partners Fundasal.

Kirche kämpft für bürgerfreundliche Gesetze

Um 9 Uhr empfängt uns Erzbischof José Luis Escobar Alas in einem Besprechungsraum des Generalvikariates von San Salvador. Auch er erzählt uns von der schwierigen Situation, in der sich das Land befindet und von der wir in den vergangenen Tagen schon viel gehört haben. Wie Bischof Iraheta versucht auch Escobar Alas mit verschiedenen Projekten, die Dinge im Land zum Positiven zu verändern.

Aktuell kämpft er besonders gegen die Privatisierung der Wasserversorgung, die den Zugang zu sauberem Trinkwasser für viele Menschen gefährden könnte. Außerdem ist ihm die Beschränkung des mineralischen Bergbaus ein großes Anliegen. Hierzu hat er vorletztes Jahr eine Gesetzesinitiative mit vorangebracht, die den weiteren Abbau von Bodenschätzen verbietet.

Vorbild Rutilio Grande

Auch der Jesuitenpater Rutilio Grande wollte vor mehr als 40 Jahren etwas für das geschundene Land tun. Damals bezahlte er seinen Einsatz für die arme Landbevölkerung mit dem Leben. Er hatte „den Fehler“ begangen, den Armen eine Stimme zu geben. Er wurde als bedrohlich wahrgenommen, weil er die einfachen Menschen seiner Pfarrei u.a. Lesen und Schreiben lehrte.

Zusammen mit Oscar Romero hatte er in Rom Theologie studiert. Danach teilte er sein Leben mit der Landbevölkerung und konnte sie gerade deswegen mit seinen Predigten mitten ins Herz treffen. Die Gläubigen kamen zu Hunderten zu den Eucharistiefeiern, die er zelebrierte. Er mobilisierte sie. Das war gefährlich und deswegen wurde er von einer Todesschwadron ermordet. Bischof Romero, so berichten seine Zeitgenossen, war schockiert und zutiefst bewegt, als er vom Tod seines Freundes erfuhr. Das Requiem, an dem tausende Menschen teilnahmen, feierte er persönlich.

Es ist ein besonderer Moment, als wir am Grab von Rutilio Grande beten und seiner und der beiden Begleiter gedenken, die mit ihm ermordet wurden. Es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis er auch offiziell zu den Seligen der Kirche zählt.

Pirmin Spiegel (l.) und Markus Hofmann am Grab von Rutilio Grande in El Paisnal

Hausbauprojekt für junge Menschen

Die Zeit fliegt. Nur etwa 45 Minuten später sind wir schon wieder in einer anderen Welt. Etwa 60 Kilometer von San Salvador entfernt gibt es nur einen holprigen Feldweg, der zu unserer nächsten Station „El Tránsito“ führt. So kommen meine Mitreisenden und ich ziemlich durchgeschüttelt dort an. Ich habe den Eindruck, dass auch hier das ganze Dorf zusammengekommen ist, um uns zu begrüßen. FUNDASAL betreut hier ein Hausbauprojekt, bei dem vor allem junge Menschen lernen, aus Lehmziegeln selbst ihr neues Zuhause zu errichten.

Der 25-jährige Yovany und seine Freunde sind inzwischen Experten für diese Baumethode und führen uns in die Geheimnisse der Lehmziegel-Herstellung ein. Wie zu erwarten, ist das eine ziemlich schlammige Angelegenheit. Unsere Versuche, selbst Hand anzulegen, sorgen sowohl bei der Reisegruppe als auch bei den Salvadorianern für ziemliche Erheiterung.

Markus Hofmann bringt gemeinsam mit dem Fachmann die Lehmziegel in Form

Ungefähr 3.000 Ziegel müssen die jungen Bauherren herstellen, bis ihr Haus fertig ist und das oft nach der anstrengenden Feldarbeit bei heißen Temperaturen. Da ist Durchhaltevermögen und Willensstärke gefragt. Die Aussicht auf ein schönes Zuhause motiviert sie. Mit dieser Frage ist El Salvador plötzlich wieder ganz nah an Deutschland. Mir geht die heftige Diskussion um Wohnraum durch den Kopf, die in den vergangenen Monaten bei uns geführt wurde. Auch wenn die Herausforderungen hier natürlich ganz andere sind, so bewegen die Menschen doch dieselben Fragen: Wo fühle ich mich zu Hause? Wie sieht ein würdiges Zuhause aus? Was kann ich tun, um mir ein Zuhause aufzubauen?

Selbst wenn wir diese Fragen sicher nicht sofort lösen können, ist auch hier das Leitwort der MISEREOR-Fastenaktion ein guter Ausgangspunkt. Yovany und seine Freunde nehmen es bei ihren Bauprojekten in „El Tránsito“ ganz wörtlich und „machen etwas draus“. Ich hoffe, dass ihr Vorbild auch bei uns viele Menschen ermutigt, sich für eine bessere Zukunft einzusetzen und Ideen zu entwickeln, wie sie sie umsetzen können.

6. Februar: Garten und Kaffee für bessere Lebensbedingungen

Kaffee-Tipps vom Bischof

Heute habe ich auf unserer Reise Tipps für meinen Kaffee zu Hause bekommen: Ein guter Kaffee, der richtig geröstet ist, braucht keinen Zucker. Der Grund: eine gut geröstete Kaffeebohne setzt beim Rösten Zucker frei. Das beste Aroma und den besten Geschmack entwickelt der Kaffee, wenn er heiß aufgebrüht ist man ihn 3 bis 5 Minuten ziehen lässt.

Nein, wir haben heute keine Kaffeeplantage besucht, sondern einen Bischof: William Iraheta aus dem Bistum Santiago de Maria. Er kennt sich aus mit Kaffee, denn er ist auf einer Kaffeeplantage aufgewachsen. Außerdem ist er versierter Fußballer. Als Jugendlicher hat er semi-professionell als Torhüter in El Salvador gespielt. Sein großes Vorbild kommt von einem deutschen Verein, Jean-Marie Pfaff, der ehemalige Bayern-Torhüter.

Finca La Leona

Doch irgendwie ist er dann doch Bischof geworden und auch in dieser Funktion hat er spannende Geschichten zu erzählen. Erst vor drei Jahren hat er die Leitung des Bistums übernommen und seitdem schon Vieles angestoßen. So hat er seine Kaffee-Expertise für ein Projekt der Sozialpastoral nutzbar gemacht und die „Finca La Leona“ – zu Deutsch „die Löwin“ – aufgebaut. Damit will er dazu beitragen, die Situation der Kaffeebauern in der Region zu verbessern.

Traditionell verkaufen die Bauern den Kaffee zu niedrigen Preisen an große Unternehmen und profitieren dann nicht mehr von der Wertschöpfung. Mit Hilfe der Finca bietet das Bistum ihnen Kurse in der weiteren Verarbeitung des Kaffees an und hilft ihnen, eine Selbstvermarktungsstruktur aufzubauen.

Gartenarbeit in Priesterausbildung

Überrascht bin ich auch, als er erzählt, dass er seinen Seminaristen sozusagen Gartenarbeit verordnet hat. Jeder Priesterkandidat soll einen kleinen Nutzgarten anlegen, um grundlegende Anbaumethoden kennenzulernen und die Menschen auf dem Land auch mit praktischem Wissen unterstützen zu können. Iraheta selbst geht mit gutem Beispiel voran: er hat seinen Garten hinter dem Bischofshaus, und der wird ganz „organico“, d.h. ökologisch, gepflegt.

Das erinnert mich kurz an den kleinen Garten in der Bibel- und Liturgieschule bei uns in Köln, der jetzt gerade wahrscheinlich bei winterlichen Temperaturen vor sich hinfriert.

Glauben verständlich machen

Gute Ideen hat der salvadorianische Bischof auch für die anderen pastoralen Bereiche seiner Diözese, die hier „pastoral profética“ (prophetische Pastoral) und „pastoral de liturgía“ (liturgische Pastoral) heißen.

So hat er unter anderem eine Katechetenschule gegründet und entwickelt Projekte, die darauf ausgerichtet sind, den Menschen Glaubensinhalte verständlich zu machen. „Die Menschen hier sind gläubig, aber je besser sie die Inhalte verstehen, desto größer wird die Intensität, mit der sie ihren Glauben leben“.

Das ist für ihn auch eine wichtige Voraussetzung für die soziale Arbeit, denn Irahetas Erfahrung nach ist soziale Arbeit in El Salvador ohne Fundament im Glauben verlorene Arbeit. Dieses Gespräch wird mir in den nächsten Tagen sicherlich noch viel zu denken geben. Ich freue mich schon darauf, dass wir unsere Unterhaltung vielleicht schon bald fortsetzen können, denn Bischof Iraheta kommt im März als Gast der MISEREOR-Fastenaktion nach Deutschland.

Besuch der Gemeinde „La Lima“

Was die Projekte der Diözese für die Menschen auf dem Land bedeuten, erfahren wir beim Besuch der Gemeinde „La Lima“. Rund 50 Leute sind extra in den kleinen Ort gekommen, um uns zu begrüßen und uns einen Einblick in ihr Leben zu gewähren. Zusammen mit der Diözesan-Caritas haben sie vor einigen Jahren begonnen, ökologische Landwirtschaft zu betreiben und ihr Gemeinwesen neu zu organisieren.

Ich bin beeindruckt, wie gut sie sich vorbereitet haben. Eine Frau aus dem Dorf führt uns als Moderatorin inklusive Ablaufplan durch das Programm. Männer, Frauen und Jugendliche stellen uns jeweils unterschiedliche Aspekte ihrer Arbeit im Bereich der ökologischen Landwirtschaft vor. Allen gemeinsam ist der Stolz, mit dem sie ihre Erfolge präsentieren. Da ist zum Beispiel der 73-jährige Fidel, der jeden Tag auf dem Feld arbeitet: „Wenn Sie unsere Produkte essen, werden Sie nicht ein Gramm Chemie zu sich nehmen.“

Im Anschluss geht es raus auf’s Feld. Bei mehr als 30 Grad wächst mein Respekt vor der täglichen Arbeit dieser Leute mit jedem Schritt mehr. Schon kurze Zeit später sitzen wir wieder im Bus zurück nach San Salvador.

Gruppenfoto der Gemeinde La Lima und der Delegation

Bischof ist wichtige Kontaktperson vor Ort

Pfarrer Pirmin Spiegel, der Hauptgeschäftsführer von MISEREOR, schildert mir, wie er darauf achtet, dass die Gelder, die dem Werk für Entwicklungszusammenarbeit von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellt werden, ausschließlich für die soziale Arbeit verwendet werden. Auf der anderen Seite ist ihm und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kontakt zum jeweiligen Ortsbischof wichtig. Denn der Bischof kennt sich in der Regel durch das weitverzweigte Netz der Kirche lokal am besten aus.

Bischof Iraheta, der Bischof mit Fußballerfahrung und Kaffeeexperte, gehört auch zu denen, die die Arbeit von MISEREOR gerade wegen der partnerschaftlichen Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit den Menschen vor Ort sehr schätzen. Kein Wunder, dass er keinen Augenblick gezögert hat, den Antrag der Caritas in seinem Bistum für die Gemeinde in La Lima positiv zu empfehlen.

5. Februar: Mit Jugendlichen auf der Spur von Lebensplänen

Was ist dein Plan? Heute sagen uns die Jugendlichen des Projekts „Mein Lebensplan“, das ein Beispielprojekt der diesjährigen Fastenaktion ist, was sie vorhaben. Im Büro würde ich mich angesichts des Themas jetzt auf eine PowerPoint –Präsentation mit mindestens 30 Folien einstellen, vielleicht mit einem Kaffee dabei und einer Fragerunde im Anschluss. Kaffee gibt es hier auch. Das ist aber auch schon die einzige Parallele.

Als Erstes erwartet uns eine „dinámica“ – eine Art Spiel zur Vorstellungsrunde. Dazu muss ich mich schnell für ein Tier entscheiden, denn zusätzlich zum Namen muss jeder kurz sein Lieblingstier imitieren. Es wird der Löwe, der zu meinem Namenspatron – dem Evangelisten Markus – gehört. Und schon bin ich mittendrin im Spiel. Leider gehöre ich am Ende zur Verlierergruppe, aber das macht nichts. Der Teamgeist war da. Und das ist es, worum es bei diesem Projekt geht.

Jugendliche entdecken gemeinsam in einer Gruppe, dass Lernen Spaß machen kann. Spielerisch setzen sie sich mit Werten wie Beständigkeit oder Integrität auseinander. Gleichzeitig bekommen sie Handwerkszeug mit auf den Weg, das ihnen dabei hilft, Struktur in ihr Leben zu bekommen, eine konkrete Perspektive zu entwickeln und sich auf ihre eigenen Stärken zu besinnen. Meine Mitreisenden und ich haben jede Menge Spaß und erfahren gleichzeitig ganz praktisch, wie das Projekt funktioniert.

Miguel spart für die Ausbildung zum Konditor

Mit Miguel und Rosita treffen wir heute außerdem zwei Jugendliche, die ihr Leben mit Hilfe von „Mein Lebensplan“ positiv verändert haben. Miguel arbeitet gemeinsam mit seinen beiden Tanten und seinem Bruder in einer Bäckerei in San Salvador.

Im Rahmen des Projekts hat er sein persönliches Ziel entdeckt, für das er jeden Tag hart arbeitet: Er will die Ausbildung zum Konditor absolvieren. Jetzt spart er alles, was er kann, um diese Ausbildung bezahlen zu können. Es ist sein Traum, sich irgendwann von dem Geld, das er verdient, ein eigenes Haus zu kaufen. Das möchte er dann seinem Großvater zeigen, der ihn aufgezogen hat und einer der wichtigsten Menschen in seinem Leben ist.

Markus Hofmann im Gespräch mit dem Bäcker Miguel

Zusammenhalt in der Familie von Rosita

Im Gegensatz zu Miguel lebt Rosita auf dem Land. Auf dem Weg zu ihrem Haus müssen wir einen kleinen Hang hinaufklettern. Was für uns trotz der warmen Temperaturen leicht zu bewältigen ist, ist für Rosita eine von vielen täglichen Herausforderungen. Aufgrund einer Krankheit hat sie ein verkürztes Bein und kann sich nur auf Krücken fortbewegen. Ihre Familie ist arm und manchmal ist das Geld so knapp, dass sie nicht ausreichend zu essen haben.

Inzwischen ist Rosita dank des Projekts zur Hauptverdienerin der Familie geworden. Ermutigt und begleitet durch „Mein Lebensplan“ hat sie einen Job in einem Eisenwaren-Laden in San Salvador gefunden und betreibt außerdem eine kleine Hühnerzucht. Ich bin beeindruckt, wie selbstbewusst und redegewandt sie auftritt. Sie sagt, auch das habe sie dem Projekt zu verdanken. Vorher sei sie schüchtern gewesen und habe sich oft entmutigt gefühlt. Das erinnert mich wieder an das Wort von Kardinal Chávez: „Wo der Arme seine Würde entdeckt, kann er Wunderbares vollbringen“.

Besonders beeindruckt mich der Zusammenhalt in der Familie. Rositas Mutter hat ihre Tochter überzeugt, an dem Projekt „Mein Lebensplan“ teilzunehmen, obwohl sie eigentlich nicht recht wollte. Ihr Vater wich ihr, als ihre Krankheit mit acht Jahren ausbrach, im Krankenhaus nicht von der Seite. Als Zeichen, dass sie auf ihn zählen kann und er immer bei ihr ist, hat er ihr damals seinen Ehering geschenkt. Rosita kommen die Tränen, als sie uns diese Geschichte erzählt und ich kann nur im Ansatz erahnen, was ihr Vater ihr bedeuten muss. Während unseres Besuchs ist er bei der Feldarbeit. Ich hätte ihn zu gerne kennengelernt.

Zu Hause bei Rosita

Ob in El Salvador oder in Köln: „Mach was aus deinen Talenten“

Positive Geschichten wie die von Miguel und Rosita gibt es bei „Mein Lebensplan“ viele. Der mitreißende Enthusiasmus wächst ganz selbstverständlich aus einer bodenständigen Frömmigkeit. Dankbarkeit Gott gegenüber gehört genauso zum Alltag wie Fleiß und Gemeinschaftssinn. Es ist sehr ermutigend, auch diese Seite von El Salvador zu erleben. Das ist etwas, was ich gerne nach Hause mitnehme. Es sind Haltungen, auf die es auch beim Pastoralen Zukunftsweg unseres Erzbistums ankommt: Die Würde, die Gott einem jeden von uns schenkt, zu sehen und anzuerkennen; auf sein Wort zu hören und die Talente, die er mir geschenkt hat, gemeinsam mit anderen einzusetzen.

Das gelingt in El Salvador und verändert die Menschen positiv. Das kann auch bei uns gelingen – und diese Art, Kirche zu sein, wird auch uns und die Kirche positiv verändern. Gott zählt auf meine, auf unsere Mitarbeit. Heute hat er mir durch Rosita und Miguel gesagt: „Mach was aus deinen Talenten: Sei – gemeinsam mit anderen – Zukunft!“

4. Februar: Teufelskreis aus Gewalt und Gegengewalt durchbrechen

Stimmen gegen das Unrecht

Ein kleines Stück Rasen bepflanzt mit Rosen kennzeichnet den Platz an der katholischen Universität Centro-Americana (UCA), an dem sechs Menschen gestorben sind. Der Mord an den Jesuiten Ignacio Ellacuría, Segundo Montes, Ignacio Martín-Baró, Joaquín López y López, Juan Ramón Moreno und Amando López ist inzwischen fast 20 Jahre her.

Sie wurden getötet, weil sie ihre Stimme gegen das Unrecht im salvadorianischen Bürgerkrieg erhoben. Paradoxerweise war ihr Tod ein entscheidendes Ereignis, das den Friedensschluss zwischen den Kriegsparteien durch den Aufschrei der Weltgemeinschaft wesentlich ermöglicht hat. Ihr unerschrockenes Zeugnis hat damals etwas bewegt.

Blick auf Menschen hinter den Zahlen

Dennoch ächzt das Land heute erneut unter kaum vorstellbarer Gewalt. Wie es dazu kommen konnte, versuchen Forscher an der UCA herauszufinden.

Die Ordensschwester Prof. Martha Zechmeister und der deutsche Theologe Benjamin Schwab haben ein Forschungsprojekt begonnen, das versucht, zu verstehen, welche Mechanismen den Teufelskreis aus Gewalt und Gegengewalt am Laufen halten:

  • Auf der einen Seite stehen die Jugendbanden, die sich auch untereinander bekämpfen.
  • Gleichzeitig reagiert der Staat mit einer Politik der harten Hand, um das Phänomen in den Griff zu bekommen.

Das Ergebnis: Über 3000 Tote im vergangenen Jahr bei einer Bevölkerung von circa 6 Millionen. Zum Vergleich: In der Bundesrepublik gab es im Jahr 2017 laut polizeilicher Kriminalstatistik rund 400 Mordopfer.

Das Projekt der UCA richtet den Blick auf die Menschen hinter den Zahlen. Es fragt nach den Betroffenen:

  • Warum fühlen sich Jugendliche von den Banden angezogen?
  • Was bedeutet die Gewalt für diejenigen, die täglich mit ihr leben müssen?
  • Was bedeuten Gerechtigkeit und Frieden aus Sicht der Opfer?

Für Martha Zechmeister ist die Haltung entscheidend: Es geht darum, die Perspektive der Opfer so einfühlsam wahrzunehmen, dass es selbst weh tut. Menschen, die so weit gehen, können etwas verändern.

Das beweisen die ermordeten Jesuiten und Menschen, die heute in den Jugendbanden, in den Polizisten und den Migranten nicht Zahlen, Statistiken oder Feinde sehen, sondern Brüder und Schwestern erkennen, die ein menschliches Antlitz haben. So entstehen Inseln des Lebens in einem Meer des Todes. Zechmeister erzählt uns von Ordensfrauen, die Jugendlichen ein sicheres Umfeld bieten, in dem sie Pläne für ihre Zukunft schmieden können.

Martha Zechmeister (2.v.l.) erzählt die Geschichte der Jesuiten

Mit Kunst auf Situation aufmerksam machen

Auch gibt es Initiativen der Jugendlichen selbst, die sich in Gruppen organisieren. So berichten Zechmeister und Schwab von einer Gemeinschaft, die mit Hilfe von Kunstprojekten auf ihre Situation aufmerksam macht, sich über ihre Rechte informiert und versucht, eine Dialogplattform zu errichten.

Im Unterschied zu Projekten, die „von oben“ aufgesetzt werden und dann oft verpuffen, fördert MISEREOR genau solche Initiativen, die von den Betroffenen selbst kommen bzw. getragen werden. Diese Veränderungen sind nachhaltig. Mir wird deutlich, dass wir mit unserer Unterstützung von MISEREOR wirklich etwas verändern können. Immer wieder hören wir an diesem Tag, wie dankbar diejenigen sind, die nach dem Leitwort der diesjährigen Fastenaktion etwas aus ihrem Leben machen und dabei auch aus Deutschland unterstützt werden.

Archiv für Menschenrechtsfragen

Im Generalvikariat des Erzbistums San Salvador besuchen wir zum Beispiel das Archiv für Menschenrechtsfragen. Das international anerkannte Archiv bewahrt wie kaum eine andere Einrichtung in El Salvador Dokumente für die Angehörigen der Opfer und zum Beispiel auch für die Wahrheitskommission auf, die die Verbrechen des Bürgerkriegs klären soll.

Wir besuchen auch das Archiv für Menschenrechtsfragen im Bistum San Salvador.

Engagement für menschliche Entwicklung

Auch für aktuelle Fragen von Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung engagieren zahlreiche Gruppen. Diese bestehen vor allem aus Ehrenamtlichen und werden vom Erzbistum San Salvador im Bischofsvikariat für die menschliche Entwicklung koordiniert. Familien, die aus Angst vor Gewalt innerhalb El Salvadors auf der Flucht sind, erfahren Hilfe durch Rechtsberatung und die Vermittlung von Ausbildungsplätzen.

Die gesunde Ernährung von Kindern und Jugendlichen und weitere Fragen der Gesundheit werden hier ebenso aufgegriffen wie nachhaltige Landwirtschaft, die Stärkung der Familie, die Vernetzung von Jugendlichen oder die Ermöglichung zur Planung der eigenen Zukunft.

Die Arbeit dieser Gruppen durchdringt das ganze Erzbistum und enthält viele Anregungen, die auch für unseren pastoralen Zukunftsweg fruchtbar gemacht werden können. Die ungebrochene Vitalität der Menschen, die wir hier kennenlernen, ist ein riesiger Reichtum, der mich staunen lässt.

3. Februar: Aus Wellblech-Hütten entstanden Häuser

Gleich am ersten Tag hat El Salvador mich gepackt. Wir besuchen Los Manantiales, eines der Stadtviertel, in die man sich als Tourist wohl niemals verirren würde. Es hat einen schlechten Ruf, da es inmitten des Banden-Territoriums liegt.

Dort treffen wir Menschen, die sich hier mit Hilfe des Projektpartners FUNDASAL eine Nische geschaffen haben. Mit viel Einsatz und harter Arbeit haben sie über Jahre hinweg ihre Behausungen aus Plastik und Wellblech in ein Viertel mit soliden Häusern, Straßen und Versammlungsorten verwandelt.

Angst vor Gewalt

Bei allem, was sie erreicht haben, bestürzt mich folgende Geschichte einer Mutter: Sie erzählt, dass ihr Sohn als illegaler Einwanderer in Italien lebt. Obwohl seine Chancen, dort etwas zu erreichen, gering sind, möchte sie nicht, dass er zurück zu ihr nach Hause kommt. Was muss in einer Mutter vorgehen, dass sie eine solche Perspektive für ihr Kind annimmt? Es ist die Angst vor der Gewalt. Die Angst, dass das Leben ihres Sohnes in Gefahr ist, so wie das vieler anderer junger Menschen hier.

„El Salvador ist wie ein brennendes Haus“

Doch was kann man dagegen tun? Der salvadorianische Kardinal Gregorio Rosa Chávez fasst die Situation des Landes während unseres Gesprächs am Morgen in einem Bild zusammen: El Salvador ist wie ein brennendes Haus. An erster Stelle stehen die Opfer, die unserer Hilfe bedürfen. Anschließend gilt es, sich darum zu kümmern, dass der Brand gelöscht wird. Schließlich gilt es, sorgfältig zu überlegen, was getan werden kann, damit ein neuerlicher Brand verhindert werden kann. Bis dahin ist es jedoch noch ein weiter Weg.

Chávez sagt „Das Land steht in Flammen“. Wo bleibt da die Hoffnung? Seine Antwort: „Die Salvadorianer sind durchdrungen von einem tiefen Glauben und von einer tiefen Leidensfähigkeit. Es ist bewundernswert, wie sie immer wieder aufstehen und weitergehen. Das Beste, was wir in El Salvador haben, sind seine Menschen. Dort, wo der Arme seine Würde erkennt, kann er Wunderbares schaffen“.

Óscar Romero: Vertrauen auf Fürsprache

Frau betet am Grab von Óscar Romero

Mit diesem Gedanken steht Chávez ganz in der Tradition seines Vorgängers und Mentors Óscar Romero. Auch er hat sich ohne Kompromisse an die Seite der Menschen gestellt. Der Besuch an seinem Grab und am Ort seiner Ermordung zeigt uns: Die Salvadorianer haben das nicht vergessen.

In der Krypta der Kathedrale. in der Romero begraben ist, erleben wir das Ende einer Heiligen Messe mit, an der auch Jugendliche aus Italien teilnehmen, die gerade vom Weltjugendtag in Panama kommen. Augenblicklich ist die Erfahrung lebendig, Teil der Weltkirche zu sein. Die Italiener kommen aus Verona und bilden mit den Salvadorianern und uns völlig selbstverständlich eine betende Gemeinschaft. Das große Vertrauen der Menschen auf die Fürsprache des ermordeten Bischofs beeindruckt unsere Gruppe.

Ich denke, dass die Unterstützung des Erzbistums Köln für die Wieder-Errichtung der Kathedrale und ihrer Krypta nach dem Erdbeben 1986 ein bis heute wirksames Zeichen der Solidarität ist. Der Friede, der von diesem Grab des Märtyrers ausströmt ist geradezu mit Händen zu greifen.

Anspannung bei heutiger Präsidentschaftswahl

Auf dem Platz vor der Kathedrale bringen die schwer bewaffneten Polizisten uns die angespannte Situation, die nicht nur am Tag der Präsidentschaftswahl zu spüren ist, erneut zu Bewusstsein. Diese Spannung zu begreifen braucht eine gewisse Zeit. Morgen werden wir an der katholischen Universität UCA mehr über die Hintergründe der Gewalt in diesem Land hören.

Große Gastfreundschaft

Es ist beeindruckend, dass trotzdem immer wieder Menschengruppen Zeichen der Hoffnung setzen. Die Comunidad El Coro hat mit der Hilfe von MISEREOR und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KFW) ein Viertel für 160 Familien bewohnbar gemacht, das vorher regelmäßig durch Überschwemmungen verursachte Obdachlosigkeit und Elend kannte.

Was die Unterstützung dieser Projekte für die Menschen vor Ort bedeutet, zeigt auch, mit wieviel Freude und Engagement sie sich auf unseren Besuch vorbereitet haben. Voller Stolz führen sie uns durch ihr Viertel und organisieren extra für uns einen Auftritt ihrer Tanzgruppe.

Liebe ist stärker als Gewalt

Die Gastfreundschaft, die hier zum Ausdruck kommt, zeigt sich auch in der spontanen Begrüßung, die der junge Priester, der am Ort der Ermordung der Romeros die Heilige Messe feiert, eigens für uns zwischen Tagesgebet und Lesung setzt.

Es ist ein bewegender Abschluss dieses Tages, mit der Ortsgemeinde das Evangelium von der Ablehnung Jesu in der Synagoge von Nazareth zu hören. Nach der Heiligen Messe können wir den Altarraum näher anschauen, wo auf dem Boden die Umrisse des sterbenden Bischofs eingezeichnet sind. Sein Mörder kam durch das Hauptportal der Kirche und erschoss den Bischof während der Gabenbereitung. Neben dem Kreuz der Altarwand stehen die Worte: „An diesem Altar opferte Bischof Oscar Romero Gott sein Leben für sein Volk“.

Die bis heute lebendige Verehrung zeigen die Gläubigen auch an diesem Ort ganz selbstverständlich. Romero ist ihr Heiliger. Die Heiligsprechung im Oktober 2018 stellt die päpstliche Bestätigung für die Überzeugung dar, dass Gott sein Opfer angenommen hat.

Die Kraft der Salvadorianer, die schwierigen Umstände ihres Lebens anzupacken, findet durch Oscar Romero eine besondere Quelle. Liebe ist stärker als Gewalt. Das konnten wir heute aus dem Mund einer armen aber weisen Frau hören. Das haben wir von Kardinal Chávez gelernt und das zeigt die Ähnlichkeit von Oscar Romero und Jesus.

2. Februar: Von Düsseldorf nach San Salvador

Es geht los – und das ziemlich früh, denn die Anreise in das rund 9.500 Kilometer entfernte El Salvador ist lang: Abfahrt um 5 Uhr morgens, umsteigen in Madrid, Stop in Guatemala. Bis wir in der Hauptstadt San Salvador sind, werden voraussichtlich etwa 22 Stunden vergehen. Eine gute Zeit, um mich auf die Reise vorzubereiten.

Gewalt, Armut, Bandenkriminalität: Warum reist man nach El Salvador?

Warum reist man nach El Salvador? Ein Mitreisender erzählt mir gleich zu Beginn, dass er versucht habe, einen Reiseführer für das kleinste der mittelamerikanischen Länder zu bekommen. „Haben wir nicht“, so die Antwort des Verkäufers. „Da will doch keiner hin!“.

Nach allem was ich im Vorfeld über Gewalt, Armut, Bandenkriminalität und Mordraten gelesen habe kann ich mir auch gut vorstellen, warum er das sagt. Und doch liegt gerade hier der Grund dafür, warum ich als Vertreter des Erzbistums Köln gemeinsam mit einer Delegation von MISEREOR dorthin fahre. Wir zeigen den Menschen in El Salvador damit, dass sie uns etwas bedeuten. Dass wir sie als Teil der Weltkirche nicht vergessen haben und an ihrer Seite stehen.

Gespannt auf Lateinamerika

Ich bin sehr gespannt, was mich erwartet, denn ich bin noch nie zuvor in Lateinamerika gewesen. Gleichzeitig freue ich mich darauf, die Projektpartner von MISEREOR persönlich kennenzulernen, von denen ich bisher nur gelesen habe, denn wirklich verstehen kann man einen Menschen erst, wenn man sich in sein Lebensumfeld begibt.

Neugierig bin ich auch, mehr über den ersten und einzigen Heiligen des Landes, Óscar Romero, zu erfahren. Morgen besuchen wir sein Grab aber auch die Stätte an der er ermordet wurde, weil er für die Armen und Hilfsbedürftigen seines Landes gekämpft hat.

Blog El Salvador: Anreise

El Salvador

El Salvador (spanisch „der Erlöser“) ist ein Staat in Zentralamerika und liegt am Pazifik. El Salvador ist das kleinste Land der Region, weist zugleich deren höchste Bevölkerungsdichte auf.
 

5 Länderfakten:

  • Fläche: 21.041 km² (vergleichbar mit dem Bundesland Hessen)
  • ca. 7,3 Millionen Einwohner
  • 48 % der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze
  • 50 % der Bevölkerung sind Katholiken, weitere 31 % Protestanten und evangelikale Christen
  • gilt eines der gefährlichsten Länder der Welt