"Wozu sind Geschichten gut...?"

"Wozu sind Geschichten gut ...?"

Literatur in der Erwachsenenbildung

Eine Planungshilfe für die Bildungsarbeit

"Wozu sind Geschichten gut, die nicht einmal wahr sind?" fragt der Junge Harun in Salman Rushdies Roman "Harun und das Meer der Geschichten". Wie kommt es, dass Menschen seit jeher einander Geschichten erzählen, sich zuhören, fasziniert sind von diesen Gebilden der Phantasie, darüber den Austausch suchen?

Mit Geschichten in Form von Mythen haben Menschen früherer Zeiten die Welt gedeutet und strukturiert und sich dadurch eine Möglichkeit geschaffen, dem Unerklärlichen und Beängstigenden nicht völlig ausgeliefert zu sein, Orientierungspunkte zu finden. Heute, an der Schwelle zum 21. Jahrhundert, in einer Wissenschafts- und Mediengesellschaft, wird die Welt im Großen und Kleinen erforscht und ist die Information darüber allgemein. Doch die Rätsel und Widersprüche des menschlichen Lebens sind damit nicht gelöst, die Fragen des Woher - Wozu - Wohin stellen sich als existentielle Fragen unverändert. "Hier kann die Literatur mit den merkwürdigen Sonden der Fantasie und den Seismografen der Sprache forschen, erkunden, entdecken." (Christoph Hein) Literatur kann Muster bieten, Bilder und Entwürfe zur Verfügung stellen, um das eigene Leben in der Welt zu begreifen und zu gestalten.

"Geschichtenerzählen befaßt sich mit einer Selbstverständlichkeit: daß es Zeit gibt und daß wir unser Leben als Zeit erleben. Geschichtenerzählen ist Umgehen mit der Zeit, und daß wir unser Leben als Zeit erleben, hat damit zu tun, daß unser Leben endlich ist und auch damit, daß das Leben unserer Freunde endlich ist ... Geschichtenerzählen hat etwas damit zu tun, Trauer anzunehmen", erklärt der Schweizer Schriftsteller Peter Bichsel.

Anliegen kirchlicher Erwachsenenbildung ist es einerseits, "die Erfahrungen aus den verschiedenen Sektoren heutigen Lebens und Wirkens im Licht des Glaubens verstehen, deuten und verarbeiten zu lernen, sie in ihrer Bedeutung für die jeweils eigene Biographie wie auch für das gemeinschaftliche, gesellschaftliche und politische Leben einzuschätzen", und andererseits, den Glauben "transparent zu machen in seiner Bedeutung für das Leben und die Probleme der Gegenwart." (Karl Lehmann)

Die Auseinandersetzung mit Literatur bietet hierzu besondere Möglichkeiten, da sich in der Literatur menschliches Leben in seiner Vielfalt und in unterschiedlichster Gestalt findet. Gespräche darüber regen dazu an, andere Denk- und Sichtweisen kennenzulernen, den eigenen Lebensentwurf zu prüfen, über Sinn- und Existenzfragen nachzudenken und sich der eigenen Überzeugungen bewusster zu werden. Literarische Bildungsarbeit kann so das lebenslange Lernen des Menschen, das "Wachstum im christlichen Glauben und Leben, das vor dem Tode grundsätzlich nicht abgeschlossen werden kann," (Karl Lehmann) anregen und unterstützen. Überlegungen und Hinweise dazu finden sich in dieser Planungshilfe.

 

Inhalt
1. Einleitung: Warum lesen?
2. Zur Bedeutung von Literatur - Grundsätzliche Überlegungen
2.1. Bedeutung des Lesens für die menschliche Entwicklung
2.2. Herausforderung und Anregung
2.3. Fazit für die Bildungsarbeit
2.4. Zum Thema "Literatur und Medien" - Eine Anmerkung
3. Literatur in der Bildungsarbeit
3.1. Ein Blick in die Geschichte
3.2. Formen literarischer Bildungsarbeit - Anregungen
3.3. Vorschläge für besondere Veranstaltungen
3.4. Kreativer Umgang mit Literatur
4. Katholische öffentliche Büchereien als Orte der Auseinandersetzung mit Literatur
4.1. Die KÖB in der Gemeinde
4.2. Die Krankenhausbücherei
5. Ausgewählte Literatur zum Thema

 

Herausgeber: Erzbistum Köln - Generalvikariat, Hauptabt. Seelsorge, Abt. Bildung und Dialog
Referat Erwachsenen- und Familienbildung
Marzellenstraße 32, 50668 Köln

Text und Redaktion: Dr. Gabriele von Siegroth-Nellessen
Mit Beiträgen von Uschi Ermers und Hildegard Sticker

Verantwortlich: Kurt Koddenberg
Hauptabteilung Bildung und Medien im Erzbistum Köln, Oktober 1999
ISBN 3-931739-14-7

 

Download der Planungshilfe Wozu sind Geschichten gut...?