Ein Kirchenraum als Kleiderkammer:Weihbischof Rolf Steinhäuser besucht Kalker Kleiderstube
„Das hier ist Kölns höchster Kirchturm auf der rechten Rheinseite“, erklärt Pater Aretz, Pfarrvikar im Seelsorgebereich Köln-Kalk/Humboldt/Gremberg und deutet auf das Dach der St.-Joseph-Kirche. Was von außen wie ein gewöhnlicher Kirchenraum aussieht, verbirgt im Inneren einen besonderen Ort: Die Kalker Kleiderstube. Am Donnerstag, 5. September, besuchte Weihbischof Rolf Steinhäuser die Initiative der Kirchengemeinde und ließ sich die außergewöhnliche Kleiderkammer zeigen.
Kleidung, Bücher und Co.
„Wir bieten hier Kleidung für Frauen, Männer und Kinder an, die in schwierigen finanziellen Situationen leben“, erzählt Roswitha Weiß. Sie ist eine von fünf Ehrenamtlichen, die an diesem Tag mit Pater Aretz, der unter anderem auch Direktor der Salesianer Don Boscos in Köln ist, Weihbischof Steinhäuser die Kleiderkammer zeigt.
Seit der Eröffnung 1999 ist Roswitha Weiß hier ehrenamtlich tätig und kennt die Kleiderkammer und ihr Konzept bestens. „Bedürftige können sich mit einem Bezugsschein, den sie entweder im Caritashaus, in unserem Pfarrheim oder bei der evangelischen Gemeinde bekommen, Kleidung im Wert von 10 Euro aussuchen.“ Was sich zunächst wie ein geringer Betrag anhört, ist mit einem Blick auf die Preisschilder eine Menge: Es gibt Hosen und Shirts für jeweils 1 Euro.
Ebenso sind hier Tischdecken, Kinderspielsachen und Bücher für kleines Geld zu erwerben. Am Eingang der Kleiderstube steht sogar ein Tisch mit Sachen, die umsonst mitgenommen werden können.
Auch Menschen ohne Bezugschein würden das Angebot der Kleiderkammer wahrnehmen, erzählt Weiß. „Es kommen besonders viele Studentinnen und Studenten zu uns. Manchmal rufen sie ihre Freundinnen und Freunde an und nehmen Sachen für sie mit.“ Der Erlös gehe an die Caritas und werde für gemeinnützige Zwecke genutzt.
Spenden, die nicht nur das Herz erwärmen
Wie in einem herkömmlichen Bekleidungsgeschäft wird die Ware in der Kleiderstube saisonweise ausgelegt. Wo an den Kleiderbügeln noch die letzten Sommerteile hängen, stapeln sich im Lager bereits Kartons mit dicker Winterkleidung – alles Spenden. Dafür sind die Ehrenamtlichen sehr dankbar. „Wir nehmen jede Kleiderspende sehr gerne an. Einziges Kriterium ist, dass die Sachen sauber und intakt sind“, so Weiß.
Einen besonderen Bedarf gäbe es an Männerkleidung. „Männer tragen ihre Sachen so lange, bis sie ihnen vom Leib fallen“, lacht Britta Schmidt. Deshalb würde es auch weniger Spenden an Männerkleidung geben, erzählt die ehemalige Verkäuferin. Seit 17 Jahren ist Schmidt bei der Kalker Kleiderkammer dabei. Besonders freue sie an ihrer Tätigkeit, wenn Menschen mit einem strahlenden Lächeln die Kleiderkammer verlassen.
„Vor einigen Jahren kam ein Pärchen zu uns, das heiraten wollte. Beide suchten nach einem Anzug für den Herrn. Wir hatten sogar einen da. Bei der Anprobe blickte der Bräutigam entzückt in den Spiegel und sagte ‚Ja, das ist er!‘. Solche Momente sind besonders schön“, strahlt die Rentnerin.
„Wir schicken niemanden weg“
Doch neben den schönen Geschichten gebe es natürlich auch traurige Seiten. So habe mal ein Obdachloser in kaputten Sachen draußen vor der Tür gesessen. Die Damen haben ihn kurzerhand hineingebracht, ihm etwas zu trinken und Kleidung gegeben.
Oft würden auch Menschen kommen, die zwar bedürftig wären, sich aber aus Scham keinen Bezugsschein holen würden. „Sie stöbern dann meistens nur in der Kiste mit den Dingen, die kostenlos sind, und versuchen sich nichts anmerken zu lassen“, erzählt Weiß.
Die Armut wäre aber spürbar, sagt Britta Schmidt. „In den 17 Jahren, die ich dabei bin, ist der Bedarf deutlich gestiegen.“ Hinzu käme die Einsamkeit. „Einige kommen nur zum Reden, weil sie sonst niemanden haben“, schildert Weiß. „Aber wir schicken hier niemanden weg“, fügt Schmidt hinzu.
Weihbischof Steinhäuser dankt Ehrenamtlichen für ihr Engagement
Weihbischof Steinhäuser würdigt das ehrenamtliche Engagement der Frauen: „Ihre Arbeit hier ist unfassbar wichtig und bereichernd. Dafür danke ich Ihnen aus ganzem Herzen.“ Als Beauftragter für den Pastoralbezirk Mitte, zu dem unter anderem Köln zählt, besucht Steinhäuser regelmäßig Menschen vor Ort in den Gemeinden und informiert sich über kirchliche Initiativen.
Seit knapp fünf Jahren ist die Kleiderstube nun in der ehemaligen St.-Joseph-Kirche in der Höfestraße in Köln-Kalk. Zuvor befand sie sich im Caritashaus in der Bertramstraße. Aus Platzmangel musste die Kleiderkammer umziehen und fand in der St.-Joseph-Kirche ein neues Zuhause. Insgesamt sind hier neun Ehrenamtliche tätig – in einer Kirche, die mit der Kalker Kleiderstube in einem neuen Licht erstrahlt und ihrer Botschaft treu bleibt: Menschen in Not helfen. Das findet auch Weihbischof Steinhäuser.
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