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Klimafreundliche Gemeinde

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Klimafreundliche Gemeinde

 

 

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Die Kirchengemeinde St. Antonius und Elisabeth in Düsseldorf hat sich auf den Weg gemacht: Sie möchte eine klimafreundliche Gemeinde werden. Wie das geht und was das für die Gemeinde bedeutet, erklärt Klaudia Hilger, die Pastoralreferentin in der Gemeinde ist.

Woher kam die Idee, eine klimafreundliche Gemeinde zu werden?

Klaudia Hilger: An Erntedank, in der Schöpfungspädagogik in der Kita und in Schulgottesdiensten ist das Thema schon sehr präsent. In uns hat deshalb schon lange die Idee gearbeitet, nicht nur zu diesen Anlässen über das Thema Schöpfung zu sprechen, sondern auch zu fragen: Wie schöpfungsfreundlich bzw. klimafreundlich ist unser Gemeindealltag? Haben wir Ökostrom? Wird im Pfarrheim abends die Heizung abgedreht? Als Gemeinde hinken wir da hinter dem her, was wir predigen. Aber müssten wir nicht eigentlich eine Vorreiterrolle übernehmen? Die Stadt Düsseldorf hat sich klare Ziele zur Klimaneutralität gesteckt. Müssen nicht gerade wir als christliche Gemeinde daran nach Kräften mitarbeiten. Auch die übergeordnete Politik ist auf dem Weg, aber viel zu langsam. Bei diesem Thema ist keine Zeit zu warten. Wir müssen anpacken. Gerade und besonders die Kirchen.

Wie sind Sie vorgegangen?

Klaudia Hilger: Der Pfarrgemeinderat hat eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die Stellschrauben und finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten erörtert hat: Wie sieht es zum Beispiel mit einer Photovoltaik-Anlage aus? Wo ist das möglich? Ist es sinnvoll bzw. effizient? Die Gruppe hat sich mit Christian Weingarten aus der Abteilung Schöpfungsverantwortung des Erzbischöflichen Generalvikariats getroffen. Von dort gibt es Einiges an Unterstützung für Gemeinden. Wir werden z.B. eine Energieberatung erhalten und unsere Gebäude werden in ein Energieportal aufgenommen. Ein Energiemanagementsystem soll entwickelt werden. Außerdem wird der NABU uns mit einer Begehung des Gemeindegeländes und Vorschlägen zur Förderung der Biodiversität auf unserem Gelände unterstützen.

Es gibt aber noch eine weitere Umweltgruppe in der Gemeinde, oder?

Klaudia Hilger: Ja, die Arbeitsgruppe soll helfen die Gemeinde systematisch zur klimafreundlichen Gemeinde weiterzuentwickeln. Parallel gibt es eine sehr aktive Umweltgruppe, die sehr flexibel einzelne Projekte angeht. Jeder kann sich mit seinem Maß an Möglichkeit engagieren. So gab es zum Beispiel eine Initiative zum vegetarischen Kochen. Außerdem beteiligt sich die Gruppe am Projekt „Essbare Stadt“ der Landeshauptstadt Düsseldorf. Die Stadt stellt dabei ein Hochbeet zur Verfügung, das dann von einem Team gepflegt wird und jeder, der vorbeikommt, darf ernten. Die Leute haben sogar aus eigener Zucht Saatgut und Pflänzchen mitgebracht. Es sind aber nicht zwei getrennte Gruppen, weil viele Aktive in beiden Gremien beteiligt sind. Oft wandern Ideen aus der Arbeitsgruppe des PGR in die Umweltgruppe. Die entstandenen Projekte sollen ohnehin nicht gruppenintern bleiben, wir freuen uns über Menschen von außen, die mitmachen.

Was haben Sie weiter vor?

Klaudia Hilger: Wichtigstes und schwierigstes Thema bleiben Energie und Heizung – was ist hier die Form der Zukunft? Da ist noch gar nicht ganz klar, was da die beste Technik ist, weil es viele gute Ideen gibt, die meisten aber noch in Forschung und Entwicklung sind.

Wie hat die Gemeinde reagiert? Wer macht mit?

Klaudia Hilger: Wir haben einen Aufruf gestartet, jeder aus der Gemeinde kann sich beteiligen. Wegen der besonderen Zeit ist die Beteiligung im Moment noch nicht so groß; viele Menschen sind sehr belastet, reale Treffen nicht möglich. Aber es hat sich zum Beispiel auch schon ein Presbyter aus der evangelischen Gemeinde gemeldet und gefragt, ob er mitmachen darf. So kann er einerseits nach Anregungen für seine Gemeinde schauen, andererseits ergibt sich eine neue Chance für die Ökumene und wir überlegen, ob wir auf Stadtteilebene Projekte entwickeln können.

Was hat das alles mit dem christlichen Glauben zu tun?

Klaudia Hilger: Die Idee von Erntedank, die Aufforderung, die Schöpfung zu bewahren ist Auftrag an alle Menschen, aber auch genuiner Teil des christlichen Auftrags. Deswegen müssen wir Christen mitmachen und voranschreiten – und zwar im Tun und nicht nur im Reden. „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen“ (Mt 7,16), sagt Jesus. Da müssen wir vor Ort handeln, und nicht schauen, was in der Politik noch geredet wird. Die Bewahrung der Schöpfung ist auch ein Thema der Gerechtigkeit zwischen den Menschen. Der Klimawandel könnte zum Beispiel durch Dürren zu Kriegen und Fluchtbewegungen führen. Die, die zuerst leiden, sind die, auf deren Kosten wir sowieso schon leben. Was wir in den nächsten 10 Jahren tun und lassen, ist entscheidend für die weitere Entwicklung. Als Gemeinde jetzt nicht zu handeln ist keine Option. Das ist Motivation und Christenpflicht.

Wenn sich jetzt auch andere für euer Projekt interessieren, was empfehlen Sie ihnen?

Klaudia Hilger: Einen guten Einstieg bietet die Aktion des Klimafastens. Sie bietet einen Überblick über die verschiedenen Themenbereiche und zeigt, für welches Thema man mehr Ideen hat. Energie ist immer ein wichtiges Thema, deshalb kann der Einstieg über eine Energieberatung sinnvoll sein. Auch das Visionspapier (PDF) des Erzbistums ist eine Möglichkeit, in der Gemeinde hier gehen wir die darin genannten Themen Stück für Stück durch und überlegen, was wir tun können. Darüber hinaus bieten die Serien „Planet E“ und „Plan B“ (ZDF) Inspiration und Motivation.. Auch ein Besuch von Christian Weingarten kann ein erster Schritt sein. Er weiß, welche Unterstützung das Erzbistum anbietet und was es schon alles gibt. Das motiviert, weil man dann nicht vor so einem großen Berg von Arbeit steht.

Das Interview führte Pavlos Leußler.