Hat ein kirchliches Gericht die Ungültigkeit einer Ehe in einem konkreten Punkt erstmalig untersucht und festgestellt, wird beim Berufungsgericht zunächst ein Dekretverfahren geführt.
Das Dekretverfahren beschränkt sich auf drei Schritte:
- Eröffnung des Verfahrens
- Diskussion
- Dekret der Richter
Die Eröffnung des Verfahrens geschieht von Amts wegen, ohne dass die Parteien sich eigens an das Berufungsgericht wenden müssen.
- Den Parteien wird mitgeteilt, wer vonseiten des Berufungsgerichtes bei ihrem Prozess mitwirkt. Wieder sind es drei Richter, die über die Sache entscheiden. Ein Ehebandverteidiger wird ebenfalls bestellt. Auch hier kann gegen die Mitwirkung einzelner Gerichtspersonen Einspruch erhoben werden, der begründet sein muss.
Die Diskussion des Falles erfolgt in aller Regel ohne eine weitere Beteiligung der beiden Parteien - freilich unter Würdigung ihrer etwaigen Stellungnahmen zum Urteil und Ergebnis der ersten Instanz.
- Der Ehebandverteidiger des Berufungsgerichts nimmt zum Urteil der ersten Instanz Stellung, inwiefern vernünftigerweise etwas gegen eine Ungültigkeit der beklagten Ehe spricht bzw. gegen eine Bestätigung des positiven Urteils. Seine schriftliche Stellungnahme wird den Parteien nicht zugestellt.
- Die gesamten Akten werden von den drei Richtern zunächst einzeln studiert; jeder fertigt ein schriftliches Votum an.
- Danach beraten die drei Richter in gemeinsamer Sitzung und treffen ihre Entscheidung durch ein Dekret (=Beschluss).
Das Dekret der Richter bestimmt, ob das Verfahren beendet werden kann oder als förmlicher Prozess weiterzuführen ist:
- Im für die Klage günstigen Fall bestätigt das Dekret das vorinstanzliche Urteil (zumindest in einem Punkt, falls mehrere Punkte positiv entschieden wurden).
- Andernfalls wird das vorinstanzliche Urteil nicht bestätigt und zugleich die Sache angenommen zur Verhandlung in zweiter Instanz (allerdings nur bezogen auf die erstinstanzlich positiv entschiedenen Punkte, falls nicht anderes beantragt wird). Der weitere Ablauf entspricht dem eines erstinstanzlichen Verfahrens.
- Hat ein Dekret das positive Urteil der vorherigen Instanz nicht bestätigt, ist es für die klagende Partei unbedingt ratsam, das bisherige Beweisaufkommen zu ergänzen. Entschieden wird die Sache dann im zweitinstantlichen Urteil.
Erst nach zwei gleichlautend positiven Gerichtsentscheidungen gilt es als rechtskräftig festgestellt, dass eine beklagte Ehe ungültig ist und einer neuen katholischen Ehe nicht mehr im Wege steht. Das wird den Parteien im sogenannten Vollstreckbarkeitsdekret mitgeteilt. Dieses Dekret wird vom erstinstanzlichen Gericht ausgestellt. Bei der Anmeldung einer neuen katholischen Heirat ist das Vollstreckbarkeitsdekret vorzulegen.