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Kirche muss Menschen nahe sein - Differenzierte Wahrnehmung:Kardinal Woelki zum nachsynodalen Schreiben des Papstes "Amoris Laetitia"

Datum:
8. Apr. 2016
Von:
(pek 160408)
Kirche muss Menschen nahe sein - Differenzierte Wahrnehmung

Köln. Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki hat in einer ersten Stellungnahme das nachsynodale Schreiben „Amoris Laetitia“ von Papst Franziskus gewürdigt:

 

„Schon eine erste oberflächliche Befassung zeigt für mich das Kennzeichnende dieses Textes: Der Papst stellt zum einen die großen biblischen, theologischen und kirchlichen Zusammenhänge her und wendet sich andererseits geradezu akribisch dem einzelnen Menschen und seiner Lebenssituation zu. Daraus wird eine großartige katechetische Bewegung, die die liebende Zuwendung Gottes zu jedem Menschen aufscheinen lässt: In der gelebten Liebe kann sich trotz ihrer Gefährdungen und Schattenseiten „ein Traum Gottes mit uns Menschen“ verwirklichen.

 

Für Papst Franziskus ist überaus wichtig, dass die Kirche den Menschen nahe ist, dass sie durch ihre Art zu sprechen und zu handeln jeden Anschein einer idealistischen Überhöhung, undifferenzierten Beurteilung, lieblosen Verurteilung oder gar Ausgrenzung vermeidet. Diese Haltung der Nähe, eines „demütigen Realismus“ und der Barmherzigkeit bleibt in einer Spannung dazu, dass die Kirche immer „Mater et Magistra“ ist, Mutter und Lehrerin, die den Menschen nichts von dem vorenthalten darf, was der Schöpfer mit der Schöpfung gewollt und durch Christus gelehrt hat. Weder Dogmatismus noch Beliebigkeit führen zum Ziel, sondern nur die beharrliche Zuwendung im Geist Christi, jene Barmherzigkeit, die keine billige Gnade ist, sondern der Vernunft das Herz zur Seite stellt. Kennzeichnend dafür ist allein schon die Kapitelüberschrift „Die Zerbrechlichkeit begleiten, unterscheiden und eingliedern“. Das ist anstrengend, das ist aufwändig, das führt im Zweifel zu vielen Fragen, erfordert Respekt und Klugheit, aber dieser Ansatz des Papstes fördert nicht zuletzt die Gewissensbildung und damit im besten Sinne die Verantwortung jedes einzelnen - als Ehefrau oder -mann, als Alleinlebende, als Bischof oder Priester.

 

Der Text muss nun in seiner ganzen Tiefe intensiv studiert werden; ihm sind viele aufmerksame Leserinnen und Leser zu wünschen, die dieses sehr differenzierte Dokument aufmerksam lesen und die darin enthaltenen Spannungen und offenen Fragen auszuhalten versuchen, statt sie durch die gängigen Klassifizierungen in je ihrem Sinn zu erledigen.“

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