Der Schweizer Lorenz Marti schaut gern - wie er selbst sagt – auf den täglichen Kleinkram und die großen Fragen. Dafür sucht er sich auch mal einen Berg aus.
Dort stehend hat er Überblick und Distanz:
"Je größer die Distanz ist, aus der ich mich betrachte, umso mehr ahne ich etwas vom großen Zusammenhang, in den mein kleines Leben eingebettet ist. Damit verschieben sich die Dimensionen, und ich gewinne ein anderes Bild meiner selbst, als wenn ich mich in den engen Wänden meines Egos einschließe. Manchmal steige ich auf einen Berg, um diese Distanz zu schaffen.
Oben angekommen, schaue ich lange in die Weite. Und irgendwann geht mein Blick in die Richtung, wo ich meine Stadt vermute. Ich sehe, wie ich mich dort mit vielen scheinbar wichtigen Dingen herumschlage. Ich sehe, wie ich unruhig treibe, wie ich ständig beschäftigt bin und dabei das Gefühl habe, nie genügend Zeit zu haben. Fast tut er mir etwas Leid, dieser Mensch, der ich bin, dort in der Ferne. Merkt er denn nicht, dass die Dinge, die ihn besetzt halten, gar nicht so bedeutend sind? Weiß er nicht, wie klein er ist, wie winzig klein? Sieht er nicht, dass er sich viel zu wichtig nimmt?"
aus: Lorenz Marti, Wie schnürt ein Mystiker seine Schuhe? Herder Verlag, Freiburg i.Br. 2004