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Konsequenzen aus der Aufarbeitung von Missbrauch

Konsequenzen und Maßnahmen für verbesserten Schutz vor sexualisierter Gewalt

Das Erzbistum arbeitet verlässlich daran, den Schutz vor sexualisierter Gewalt weiter zu verstärken. Viele Maßnahmen, die u.a. vom unabhängigen Gutachten der Kanzlei Gercke Wollschläger und anderen Gremien sowie Fachabteilungen empfohlen wurden, sind bereits in einem ersten „8-Punkte-Plan“ umgesetzt. Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki bekräftigt die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Optimierung.

Umgesetzte Maßnahmen

Das Erzbistum hat eine unabhängige Aufarbeitungskommission eingerichtet, zu der Kardinal Woelki bereits am 11. März 2021 eine Vereinbarung der Deutschen Bischofskonferenz mit dem Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) Johannes Wilhelm Rörig gegengezeichnet hat. Sie gibt einen verbindlichen – in allen Bistümern einheitlichen – Rahmen für die konsequente Aufarbeitung sexualisierter Gewalt vor.

Die Unabhängige Aufarbeitungskommission wird mit Betroffenen sowie Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Fachpraxis, Justiz, Medizin, Psychiatrie und öffentlicher Verwaltung besetzt. Die Mehrheit der Mitglieder werden vom Land NRW und von Seiten des Betroffenenbeirats benannt.

Die Unabhängige Aufarbeitungskommission hat unter anderem den Auftrag, die bisherigen Maßnahmen zu überprüfen, weitere Maßnahmen vorzuschlagen und die Aufarbeitung im Erzbistum Köln voranzutreiben.

Die Mitglieder der Unabhängigen Aufarbeitungskommission sind seitens des Landes NRW, des Betroffenenbeirates sowie des Erzbistums Köln vorgeschlagen und ernannt. Die Kommission hat mit der konstituierenden Sitzung am 1. Juni 2022 ihre Arbeit aufgenommen.

 

> Pressemitteilung vom 2. Juni 2022: "Unabhängige Aufarbeitungskommission nimmt Arbeit auf"

Das Erzbistum Köln intensiviert die Kontrolle und Begleitung mit Auflagen belegter, beschuldigter Kleriker. Diese werden regelmäßig von einem beauftragten Team bestehend aus einer psychologischen Fachkraft sowie einem Priester aufgesucht. Die ausgesprochenen Auflagen werden durch persönliche Besuche vor Ort und durch Gespräche mit den betreffenden Personen kontrolliert

Das Team berichtet der Kommission zur Kontrolle beschuldigter oder straffällig gewordener Kleriker, die durch Erzbischof am 1. Juli 2021 eingerichtet wurde. In die Kommission hat Kardinal Woelki verschiedene, auch externe Personen mit fachlichen Qualifikationen im psychologischen, personalfachlichen und juristischen Bereich, berufen.

Die Mitglieder sind zunächst für eine Dauer von drei Jahren beauftragt. Sie beraten den Erzbischof in der Wahrnehmung seiner Aufsichts- und Fürsorgepflicht für alle Kleriker, die mit entsprechenden Auflagen belegt sind. Die Kommission hat sich mit den konkreten Fällen und Auflagen auseinandergesetzt, daraus Erkenntnisinteressen für die Besuche des beauftragten Teams formuliert und das Team mit Kontrollbesuchen beauftragt. Dem Erzbischof werden seitens der Kommission die Ergebnisse der Besuche und ggf. umzusetzende Schritte empfohlen.

Vorrangiges Ziel ist der Schutz von Betroffenen sowie die Vermeidung weiterer Taten. Falls jemand gegen seine Auflagen verstößt, werden die beschuldigten Kleriker entsprechend den rechtlichen Bestimmungen zur Verantwortung gezogen.

 

> Pressemitteilung vom 30. Juni 2021: "Erzbistum Köln richtet Kommission zur Kontrolle beschuldigter oder straffällig gewordener Kleriker ein"

> Amtsblatt August 2021: Geschäftsordnung der Kommission zur Kontrolle beschuldigter oder straffällig gewordener Kleriker

Wenn Fälle aus der Vergangenheit neu bekannt werden oder aktuell ein Missbrauchsverdacht besteht, dann wird die Stabsstelle Intervention tätig. Sie klärt den Sachverhalt, spricht mit allen Beteiligten und leitet ein geregeltes kirchliches Verfahren entsprechend der Interventionsordnung ein, dazu gehört auch die umgehende Meldung bei der Staatsanwaltschaft. Bisher waren in der Intervention drei Personen tätig, die Stellen wurden verdoppelt und besetzt.

 

> Pressemitteilung vom 30. April 2021: "Mehr Personal gegen sexuellen Missbrauch"

Seit 13 Jahren sind die Instrumente der Prävention als integraler Bestandteil aller kirchlichen Arbeitsfelder etabliert. Es wurden in den vergangenen 10 Jahren über 100.000 Menschen in der Prävention sexualisierter Gewalt entsprechend der Vorgaben in Basis, Basis-Plus oder Intensivschulungen geschult. Der Schutzauftrag ist im Regelbetrieb kirchlichen Wirkens integriert. Entscheidende Aufgabe ist die Erstellung eines Institutionellen Schutzkonzeptes (Handbuch) für jeden kirchlichen Rechtsträger im Erzbistum Köln. Dieses Handbuch der Prävention beinhaltet für jede Kirchengemeinde, jede Ordensgemeinschaft und jede katholische Einrichtung, die mit Kindern, Jugendlichen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen arbeiten, alle wesentlichen Instrumente des Schutzes gegen Grenzverletzungen und sexualisierte Gewalt.

Die Prävention ist zum 1. November 2021 zu einer Stabsstelle aufgewertet worden. Am 1. Mai 2022 trat die neue, verbesserte Präventionsordnung für das Erzbistum Köln in Kraft. Diese hat den Auftrag, fachlich alle Schutzmaßnahmen zu überprüfen und konsequent die Qualität der Prävention zu gewährleisten.

Der Betroffenenbeirat im Erzbistum Köln war der erste seiner Art in den Diözesen in Deutschland. Die Wiederbesetzung nach der ersten Amtsperiode zum 1. April 2022 ist nach den Standards und Regeln der Deutschen Bischofskonferenz vollzogen worden, die es bei der Erstbesetzung des Betroffenenbeirates vor 3 Jahren noch nicht gab.

Der Betroffenenbeirat besteht aktuell aus sieben Mitgliedern.

 

> Pressemitteilung vom 29. Juni 2022: "Betroffenenbeirat im Erzbistum Köln hat sich neu konstituiert"

> Bericht des Betroffenenbeirats über die erste Amtszeit

Das Projekt ist im Juni 2021 abgeschlossenen worden. Alle Akten von Pastoralen Diensten (Priester, Diakone, Pastoral- und Gemeindereferentinnen und -referenten) und aller Mitarbeitenden in den Erzbischöflichen Schulen, dem Generalvikariat und den angeschlossenen Dienststellen sind erfasst. Insgesamt betrifft es rund 3.700 Personen.

Das Erzbistum hat alle Personalakten durch eine Fachfirma manipulationssicher digitalisieren lassen. 

 

> Pressemitteilung vom 28. Juni 2021: "Ab 1. Juli digitale Personalakte für alle Mitarbeitenden des Erzbistums Köln"

Frauen sollen deutlich stärker in der Priesterausbildung tätig sein.

So hat Kardinal Woelki am 1. Juni 2021 Dr. Carmen Breuckmann-Giertz, zur Referentin für die Diakonen- und Priesterausbildung ernannt. Sie übernimmt die Studienleitung in der Priester- und Diakonenausbildung sowie die Begleitung der Kandidaten auf ihrem Weg in den seelsorglichen Einsatz. Bisher waren hierfür allein Priester oder Diakone zuständig. 

Bereits seit der MHG-Studie 2018 hat das Erzbistum für alle Priester­kandidaten am Beginn ihrer Ausbildung ein psychologisches Prüf- und Analyseverfahren eingerichtet. Diese psychologische Standortbestimmung gibt den Studierenden selbst und den Ausbildungs­verantwortlichen die Gelegenheit, zu einer validen Wahrnehmung ihrer Situation zu kommen.

Mit dem im Herbst 2020 begonnenen Ausbildungsjahrgang ist ein eigenes Vorbereitungsjahr, das sog. Propädeutische Jahr, eingeführt worden. Schwerpunkt dieses Jahres sind Einsätze im sozialen Bereich.

Seit dem 1. September 2021 ist Pfr. Regamy Thillainathan Regens des Priesterseminars und Direktor des Theologenkonviktes Collegiums Albertinum in Bonn. Es sollen mit ihm neue Akzente in einer zukunftsweisenden Priesterausbildung erfolgen, die auch die Erkenntnisse aus der unabhängigen Untersuchung berücksichtigen.

 

> Pressemitteilung vom 26. Mai 2021: "Kardinal Woelki überträgt erstmals einer Frau die Studienleitung für die Priester- und Diakonenausbildung"

> Pressemitteilung vom 31. Mai 2021: "Priesterausbildung im Erzbistum Köln erhält neue Leitung"

Das Erzbistum erkennt erlittenes Unrecht und Leid an und übernimmt Verantwortung. Dafür stellt das Erzbistum 5 Mio. Euro im Wirtschaftsplan bereit.

Die Leistungen zur Anerkennung des Leids stammen nicht aus Kirchensteuermitteln, sondern aus einem Sondervermögen des Erzbistums, im Wesentlichen gespeist durch Abgaben von Klerikern aus vergangenen Jahren. Es ist sichergestellt, dass diese Finanzmittel zur Verfügung stehen.

Betroffene sollen Leistungen auch dann erhalten, wenn dies nach staatlichem Recht nicht oder nur schwierig möglich ist. Dabei soll die Gefahr der Retraumatisierung vermieden werden. Auch Betroffene, die bereits Leistungen erhalten haben, können sich erneut an die unabhängigen Ansprechpersonen im Erzbistum Köln wenden und einen weiteren Antrag stellen. Seit September 2021 ist für die Festlegung der Leistungshöhe die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) zuständig.

Bevor Pfarrakten (Aktenbestände in Pfarrarchiven der Kirchengemeinden) ins Historische Archiv überführt werden, werden sie auf Hinweise zu sexualisierter Gewalt durchgesehen. Im Falle solcher Hinweise erfolgt eine Weiterleitung an die Stabsstelle Intervention, welche diesen Hinweisen gemäß der geltenden Interventionsordnung nachgeht.

Um die Perspektive von Betroffenen bereits in der Ausbildung von Priestern und Diakonen zu intensivieren, wurden die Curricula erweitert und um einen regelmäßigen Austausch mit Betroffenen sexualisierter Gewalt ergänzt. Das führt zu einer stärkeren Sensibilisierung der Kandidaten, indem Betroffene zu Wort kommen und gehört werden.

Der Austausch findet in der Priesterausbildung seit 2022 statt und in der Ausbildung von Diakonen seit 2023.

Die Stabsstelle Aufarbeitung hat alle bisher veröffentlichten Untersuchungen zum Umgang mit sexualisierter Gewalt der deutschen (Erz-)Bistümer analysiert (Stand April 2023). Dabei lag der Schwerpunkt auf den beschriebenen Ursachen und den daraus resultierenden Empfehlungen der Gutachter. Auch die noch folgenden Gutachten werden daraufhin analysiert um weitere mögliche Maßnahmen und Konsequenzen im Erzbistum Köln zu ziehen.

Bisher analysierte Untersuchungen:

  • Bistum Aachen
  • Erzbistum Berlin
  • Bistum Essen
  • Erzbistum Freiburg
  • Erzbistum Hamburg (Mecklenburg)
  • Bistum Hildesheim
  • Erzbistum Köln (WSW und Gercke)
  • Bistum Mainz
  • Erzbistum München-Freising
  • Bistum Münster

Die Stellen für Prävention, Intervention und Aufarbeitung haben ein gemeinsames Verständnis für die Aufgaben, Schwerpunkte und Sichtweisen entwickelt. Daraus hat sich eine neue Art der Zusammenarbeit entwickelt, die vor allem den Blick auf die Perspektive der Betroffenen richtet. Ein regelmäßiger Austausch untereinander sowie mit der Bistumsleitung sorgt auch für die notwendige Transparenz und Wichtigkeit dieser Themen.

Durch die unabhängige Untersuchung (Gercke-Gutachten) ist deutlich geworden, dass für Mitarbeitende die Möglichkeit fehlt, jenseits der hierarchischen Struktur und des Dienstweges, Hinweise und Erkenntnisse zu Missständen weiterzugeben. 

Das Erzbistum hat deshalb, im Rahmen der Einführung eines Compliance-Management-Systems, noch im Dezember 2023 die Implementierung eines Hinweisgebersystems (Whistleblowing-System) abgeschlossen.

Weitere Informationen finden Sie unter:
www.erzbistum-koeln.de/recht

Meldungen könnten unter folgendem Link abgegeben werden:
https://meldestelle-erzbistumkoeln.integrityline.app/

Maßnahmen in Bearbeitung

Um die Perspektive der Betroffenen noch stärker in den Blick zu nehmen, werden die Fortbildungskonzepte im Bereich der Präventionsschulungen sowie für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der Pastoralen Dienste überarbeitet.

Es gibt viele Sichtweisen und Perspektiven von Betroffenen, die das Erzbistum Köln hören und stärker mit einbeziehen will. Die Betroffenen sollen stärker an Ideen und Maßnahmen zur Verhinderung von sexualisierter Gewalt oder der Unterstützung von Betroffenen beteiligt werden. Daher wurden der Betroffenenbeirat und der Beraterstab gebeten, Vorschläge zu verschiedenen Beteiligungsformaten zu entwickeln, die dann mit dem Erzbistum diskutiert werden. 

Das Erzbistum Köln beteiligt sich ebenfalls am Dialogprozess der Unabhängigen Beauftragen für Fragen des sexuellen Missbrauchs (UBSKM). Es geht darum, Standards der Betroffenenbeteiligung in Institutionen zu entwickeln. Das Erzbistum hat Betroffene aufgerufen, sich an diesem Austausch zu beteiligen.

Für die Akten der Stabsstelle Intervention wird aktuell eine digitale, einheitliche und verfälschungssichere Ablage eingerichtet. Jede Veränderung wird nachvollziehbar protokolliert. Das Löschen von Dokumenten ist nicht möglich. Auch sämtliches, bereits bestehendes Aktenmaterial wird durch die Stabsstelle Intervention während des Regelbetriebs in dieses Verwaltungssystem überführt.

Gemeinsam mit allen Bistümern in Nordrhein-Westfalen stellt das Erzbistum Köln sicher, dass wissenschaftlich ausgewertet und evaluiert wird, wie wirksam die bisher geleistete Präventionsarbeit ist und wie sie gegebenenfalls auch in ihrer Effizienz gestärkt werden kann. Ein Forschungsprojekt soll dazu aktuelle Analysen erstellen und Empfehlungen geben. Das Forschungsprojekt wird durch das Institut für soziale Arbeit e.V. (ISA) durchgeführt und läuft bis Juli 2024.

Unter „Compliance“ versteht man im Allgemeinen das Einhalten von Regeln und Regeltreue. Es gibt in der katholischen Kirche „alte“ Systeme, um ein Leben nach christlichen Regeln zu führen, das sind z.B. die 10 Gebote des Alten Testaments und die Gebote Jesu aus den Evangelien. Auf dieser Grundlage hat man sich bereits mit deren tieferer Bedeutung und Umsetzung dieser Regeln im täglichen Leben auseinandergesetzt, wie z.B. die Regeln des Benedikt.

Im Zuge der Individualisierung des Glaubens haben diese „alten“ Regeln erwiesenermaßen nicht funktioniert. 

Es ist somit notwendig, u.a. die Grundwerte, die gegenseitige Achtsamkeit sowie das Selbstverständnis zu klären und daraus einen gemeinsamen Verhaltenskodex zu entwickeln. Das Erzbistum wird dazu einen Compliance-Prozess in die Wege leiten. Entscheidend dabei wird sein, dass alle Haltungen, die in Zukunft miteinander klar verabredet werden, auch kontrolliert und deren Einhaltung eingefordert wird. Keine Abteilung inklusive der Spitze des Bistums wird davon ausgenommen sein.

Die Stabsstelle Aufarbeitung soll, zum Wohle der Betroffenen, Arbeitsabläufe optimieren. Sie analysiert, ob an den Stellen, die mit sexualisierter Gewalt zu tun haben, die Prozesse, Abläufe, Zuständigkeiten, Aufgaben und Verantwortlichkeiten klar beschrieben und bekannt sind. Diese Prozesse müssen regelmäßig evaluiert werden.

Die Stabsstelle ist Ansprechpartner für die drei Gremien, die sich mit sexualisierter Gewalt beschäftigen (Betroffenenbeirat, Beraterstab, Unabhängige Aufarbeitungskommission).

Bei allen Personen, die mit dem Themenfeld sexualisierter Gewalt zu tun haben, soll regelmäßig überprüft werden, welche Fort- und Weiterbildungen wichtig sind inklusive der Verpflichtung zur regelmäßigen Teilnahme.

Ein weiteres Arbeitsfeld der Stabstelle Aufarbeitung ist die Vernetzung mit externen Experten für das Themenfeld Missbrauch und Aufarbeitung, auch im nichtkirchlichen Kontext.

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