Chancen- und Risikobericht | Finanzbericht 2019

Chancen- und Risikobericht

Die wichtigste Ertragsposition des Erzbistums Köln sind die Erträge aus Kirchensteuern. Ihre Entwicklung stellt deshalb einen wesentlichen Chancen- und zugleich Risikofaktor für das Erzbistum dar.

Das Kirchensteueraufkommen ergibt sich aus der Anwendung des Kirchensteuersatzes auf Einkommen- und Lohnsteuer sowie die Kapitalertragsteuer der jeweiligen Kirchenmitglieder. Da sich diese Bemessungsgrundlagen dem kirchlichen Einfluss entziehen, ist die Entwicklung der Kirchensteuer für die Kirche nicht zu steuern. Sie hängt vor allem von wirtschaftlichen Parametern ab. Diese sind insbesondere die volkswirtschaftliche Entwicklung, Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts, Inflation, Beschäftigungsentwicklung und Steuerquote, wobei die einzelnen Einflussfaktoren jeweils schwer beziehungsweise nur mit erheblichen Unsicherheiten vorhergesagt werden können. Gleichzeitig wirkt sich die Entwicklung der Mitgliederzahl und Mitgliederstruktur erheblich auf die Kirchensteuererträge aus.

Chancen

Eine Chance auf höhere Kirchensteuererträge ergibt sich insbesondere dann, wenn sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen besser entwickeln, als zum Planungszeitraum abzusehen war, und dadurch die Bemessungsgrundlagen für die Berechnung der Kirchensteuer steigen. Außerdem kann eine Erhöhung der Mitgliederzahl beziehungsweise eine Veränderung der Mitgliederstruktur für das Erzbistum positive Effekte hinsichtlich der Kirchensteuererträge mit sich bringen, wenn verstärkt wirtschaftlich aktive Mitglieder zuwandern, die Kirchensteuer bezahlen. Da insbesondere die Städte Düsseldorf, Köln und Bonn seit einigen Jahren an wirtschaftlichem Gewicht gewinnen, profitieren sie tendenziell von Migrationsbewegungen auch innerhalb des Erzbistums. Für das Erzbistum Köln ergibt sich daraus mit Blick auf die Mitgliederzahl und Mitgliederstruktur eine Chance, sofern vermehrt wirtschaftlich aktive Mitglieder zuwandern, die Kirchensteuern zahlen.

Risiko Corona-Virus

Aktuell stellt die weltweite Ausbreitung des SARS-CoV-2-Erregers („Corona-Virus“) ein wesentliches Risiko für das Erzbistum Köln dar. Sowohl mit Blick auf die Entwicklung der Kirchensteuereinnahmen als auch auf operativer Ebene. Die Projektgruppe der fünf Wirtschaftsforschungsinstitute geht in ihrer Gemeinschaftsdiagnose Frühjahr 2020 vom 8. April 2020 von einem drastischen Konjunktureinbruch in Deutschland infolge der Corona-Pandemie und einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts 2020 von 4,2 Prozent aus. Wenngleich die Forschungsinstitute davon ausgehen, dass sich die Konjunktur nach dem Shutdown (März  bis Mai 2020) schrittweise erholen kann, sind mit dieser Prognose erhebliche Abwärtsrisiken wie zum Beispiel eine mögliche langsamere Abschwächung der Pandemie sowie erneute Einschränkungen aufgrund einer zweiten Ansteckungswelle verbunden. Gleichzeitig ergeben die Schätzungen, dass ein Rückgang der Erwerbstätigenzahl um 0,6 Prozent für das laufende Wirtschaftsjahr anzunehmen ist. Sowohl ein Konjunktureinbruch als auch eine rückläufige Beschäftigungsquote wirken sich negativ auf die Kirchensteuereinnahmen aus.

Daher lassen die Annahmen der Gemeinschaftsdiagnose darauf schließen, dass trotz der guten Kirchensteuerentwicklung im ersten Quartal 2020 das Kirchensteueraufkommen im gesamten laufenden Berichtsjahr sinken wird. Eine signifikante Minderung der Kirchensteuereinnahmen ist ein realistisches Szenario, eine genauere Schätzung des zu erwartenden Rückgangs ist jedoch nicht möglich.

Des Weiteren kann nicht vorhergesagt werden, welche Auswirkungen die durch die Kontaktbeschränkungen verursachten Einschränkungen für die persönliche Seelsorge und das Feiern von Gottesdiensten auf die Bindung der Menschen zur katholischen Kirche haben. Ein weiterer daraus resultierender Rückgang der Mitgliedszahlen kann nicht ausgeschlossen werden und hätte mittel- und langfristig ebenfalls negative Folgen für die Kirchensteuerentwicklung.

Gleichzeitig stellt die Ausbreitung des Corona-Virus das Erzbistum auch operativ vor erhebliche Herausforderungen:

Die Gesundheit der Menschen steht für das Erzbistum an erster Stelle. Die Infizierung von Mitarbeitern oder Nutzern der kirchlichen Einrichtungen stellt ein großes Risiko dar. Das Erzbistum Köln hat deshalb einen Krisenstab gegründet, der insbesondere bestehende Pandemiepläne aktualisiert und angepasst sowie zunächst diverse Präventionsmaßnahmen zur Verhinderung der Ansteckung initiiert hat. Schulen in Trägerschaft des Erzbistums Köln, die Tagungshäuser oder auch das Museum Kolumba wurden zeitweise geschlossen. Weitere Maßnahmen umfassten Zutritts- und Arbeitsbeschränkungen, erhöhte Hygienemaßnahmen sowie umfangreiche Informationen und Veranstaltungsabsagen. Außerdem wurden Pläne für den Fall eines Auftretens einer Infektion, insbesondere im Hinblick auf notwendig Quarantäne, erstellt.

Die Corona-Krise beeinflusst auch auf operativer Ebene die Ertrags- und Aufwandssituation des Erzbistums. Die ergriffenen Maßnahmen führen zu Ertragsausfällen bei den Tagungshäusern und dem Museum Kolumba, die sich teilweise über Anpassungen im Personal- und Sachaufwand durch verringerten Wareneinkauf, Kürzung von Fremdleistungen, verzögerte Wiederbesetzung von Stellen usw. kompensieren lassen. Gleichzeitig entstehen im Zuge der Corona-Krise jedoch voraussichtlich zusätzliche Kosten insbesondere durch einen steigenden Materialaufwand im Zuge der ergriffenen Schutzmaßnahmen sowie durch eine mögliche Verteuerung der erforderlichen Hygieneartikel und Schutzkleidung. Außerdem kann durch die Kompensation von ausfallenden Mitar-beitern durch externe Leiharbeitskräfte ein erhöhter Personalaufwand entstehen.

Weitere Risiken

Die Entwicklung der Kirchensteuererträge stellt einen großen Risiko- beziehungsweise Unsicherheitsfaktor dar, sofern das tatsächliche Kirchensteueraufkommen geringer ist als das prognostizierte Kirchensteueraufkommen. Da das Kirchensteuereinkommen die bedeutendste Ertragsposition des Erzbistums ist und sich kirchliche Aktivitäten sowie die entsprechenden Strukturen nicht kurzfristig reduzieren lassen, können sich bei ungeplant sinkenden Kirchensteuererträgen Finanzierungslücken für das Erzbistum ergeben.

In den vergangenen Jahren war die Wachstumsdynamik in Nordrhein-Westfalen häufig schwächer als in den südlicheren Bundesländern. Daher ist bereits seit Längerem tendenziell ein Rückgang des Anteils des Erzbistums am Gesamtaufkommen der Kirchensteuer in Deutschland festzustellen. Eine Fortsetzung oder Verstärkung der Wachstumsschwäche in Nordrhein-Westfalen ist deshalb ein gravierendes Risiko für die Ertragssituation des Erzbistums Köln.

Gleichzeitig stellt das sogenannte Kirchensteuerclearing aufgrund der großen Zahl überregionaler Arbeitgeber mit zentralen Gehaltsabrechnungsstellen für die Ertragslage des Erzbistums Köln ein besonderes Risiko dar. Im Rahmen des Kirchenlohnsteuer-Verrechnungsverfahrens wird das Steueraufkommen zwischen den Finanzämtern der jeweiligen Bundesländer und den Bistümern nach dem Wohnortprinzip der Steuerzahlenden nachträglich genau abgerechnet. Dieser Verrechnungsprozess erfolgt stark zeitverzögert und kann zu nicht prognostizierten Schwankungen der Kirchensteuererträge führen.

Auch die Finanzierung der Erzbischöflichen Schulen als Ersatzschulen durch das Land Nordrhein-Westfalen birgt Risiken für die Ertragssituation des Erzbistums Köln. Ihre Finanzierung ist zwar durch das Ersatzschulfinanzgesetz mit einer Refinanzierungsquote der anerkennungsfähigen Kosten von 94 Prozent abgesichert. Gesetzliche Änderungen, die zu einer verschlechterten Refinanzierung führen, sind aber grundsätzlich nicht auszuschließen.

Auf der Aufwandsseite stellen mittelbare Pensionsverpflichtungen des Erzbistums Köln ein Risiko dar. Da die Mitarbeitenden einen Anspruch auf eine Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung haben und die Durchführung ihrer Versorgung durch die Kirchliche Zusatzversorgungskasse (KZVK) erfolgt, besteht für diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein mittelbarer Anspruch gegen das Erzbistum Köln.

Die KZVK hat in ihrem Jahresabschluss 2018 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 238,4 Mio. Euro ausgewiesen. Gegenüber dem Vorjahr hat sich dieser Fehlbetrag insbesondere aufgrund höherer Beitragseinnahmen infolge der planmäßigen Beitragssatzerhöhung von 5,3 Prozent auf 5,8 Prozent in 2018 und einer Steigerung der Kapitalerträge um rund 119,8 Mio. Euro verringert. Das Jahresergebnis der KZVK ist jedoch durch Sondereffekte aufgrund einer ab 2020 geplanten Neuausrichtung des Finanzierungssystems für die Pflichtversicherung der Kasse belastet, die eine Zusammenlegung der bestehenden Abrechnungsverbände vorsieht. Ohne diese Sondereffekte hätte die KZVK im Jahr 2018 ein positives Jahresergebnis erzielt. Das Erzbistum Köln geht daher davon aus, dass die KZVK auch in Zukunft allen Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann und einer Einstandspflicht des Erzbistums nur eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit zukommt.

Kirchengemeinden und die übrigen territorialen pastoralen Einrichtungen und Körperschaften im Erzbistum Köln finanzieren ihre Aktivitäten größtenteils aus Zuweisungen und Zuschüssen des Erzbistums. Hieraus ergeben sich ebenfalls Risiken für das Erzbistum, insbesondere aus der Trägerschaft von Kindertagesstätten, da das Land Nordrhein-Westfalen auf Grundlage des Kinderbildungsgesetzes eine pauschale Finanzierung pro Kind vornimmt. Sofern die jährliche Anpassung der vom Land gezahlten Pauschale pro Kind nicht ausreicht, um Kostensteigerungen zu decken, erhöht sich der Trägeranteil am Gesamtaufwand der Kindertagesstätte. Im Jahr 2019 wurde das Kinderbildungsgesetz, das die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen der Kindertagesbetreuung in Kindertageseinrichtungen und der Kindertagespflege regelt, vom Land Nordrhein-Westfalen novelliert. Durch Neuregelungen verbessert sich nun die Finanzierung für die kirchengemeindlichen Träger von Kindertageseinrichtungen ab August 2020. 

Es besteht jedoch auch zukünftig das Risiko, dass das Erzbistum einen höheren Aufwand aus Zuweisungen und Zuschüssen tragen muss, sofern Fehlbeträge aus dem Betrieb von Kindertageseinrichtungen von den Kirchengemeinden als Trägern nicht finanziert werden können.

Die bereits seit Längerem anhaltende Niedrigzinssituation hat sich auch im Berichtsjahr fortgesetzt, und eine nachhaltige Rückkehr zu deutlich höheren Zinsen ist weiterhin nicht erkennbar. Dies wirkt sich auf die Rückstellungen und Rücklagen für langfristige Verpflichtungen, insbesondere aufgrund von Pensionszusagen und Beihilfen, aus. Es besteht das Risiko, dass keine ausreichenden Kapitalerträge erzielt werden können, um die kalkulierten Beträge zur Deckung der Verpflichtungen zu erzielen. In diesem Fall müssten die Zinserwartungen auf das zurückgestellte beziehungsweise zurückgelegte Kapital weiter gesenkt und eine zusätzliche Dotierung der Rückstellungen und Rücklagen aus Kirchensteuermitteln vorgenommen werden.