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Zuhören und da sein zwischen Check-in und Gepäckband:Flughafenseelsorge: Begleiter für Passagiere und Personal

Schalter der ökumenischen Flughafenseelsorge Düsseldorf
Datum:
2. Aug. 2022
Von:
Newsdesk/ke
Zuhören und da sein zwischen Check-in und Gepäckband

Lange Schlan­gen an der Sicher­heits­kontrolle, ausge­fallene Flüge und zer­platzte Urlaubs­träume: Die Lage an den deut­schen Flug­häfen ist der­zeit Dauer­thema in den Me­dien. Einer, der das seit Wochen haut­nah miter­lebt, ist Johannes Westerdick. Der Pastoral­referent ist der katho­lische Part der ökume­nischen Flug­hafen­seel­sorge in Düssel­dorf. Er und das Team der Flug­hafen­seel­sorge kennen die Ge­schichten hinter den Schlag­zeilen. So wie die einer Familie aus Süd­deutsch­land, die er vor kurzem beglei­tet hat.

„Die hatten alles richtig­gemacht, waren recht­zeitig da und dann hin­gen sie in der Schlan­ge an der Sicher­heits­kontrolle fest und haben den Flieger ver­passt.“ Um­buchen sei nicht möglich ge­wesen und einen neuen Flug am nächsten Tag konnte die Familie sich finan­ziell nicht leis­ten. Da war klar: Der Urlaub fällt in diesem Jahr aus. Was er in solchen Momen­ten tun kann? Da­sein, zu­hören und den Frust mit aus­halten, sagt Johannes Westerdick. „Dass der Urlaub aus­fällt, kann ich nicht än­dern, aber ich kann Ruhe ins System brin­gen und kleine Perspek­tiven an­bieten.“

Den Menschen auf Augenhöhe begegnen

Ute Clevers und Johannes Westerdick

Oft entlade sich der Ärger der Passagiere allerdings an den Mitarbeitenden hinter dem Schalter – von verbalen Entgleisungen bis hin zu Handgreiflichkeiten. Die Menschen fühlen sich durch die Ereignisse der letzten zwei Jahre überfordert, beobachtet Westerdick. Corona, die Flut im letzten Juli, der Krieg in der Ukraine und die Hitze machen schneller aggressiv. In solchen Situationen kommen die archaischen Grundbedürfnisse des Menschen zu Tage: der Körper befindet sich in einer Stresssituation und schaltet um auf angreifen oder totstellen.

Westerdick, die evangelische Kollegin Ute Clevers und das Team versuchen dann deeskalierend auf die Passagiere einzuwirken und alles auf eine sachliche Ebene herunterzubrechen. „Wir erklären, warum der Passagier zum Beispiel nicht mehr auf einen anderen Flug umgebucht werden kann“, schildert er. „Die Mitarbeitenden vor Ort versuchen alles, um eine zufriedenstellende Lösung für die Passagiere zu finden.“ Manchmal sei das allerdings nicht möglich. Wenn der Flieger schon voll besetzt ist, könne man halt keinen weiteren Sitzplatz anbieten.

In seiner Position als Vermittler wird das Seelsorgeteam neutral wahrgenommen und ist gleichermaßen für Passagiere und Mitarbeitende da. Dem Passagier bringen sie Verständnis für den Ärger entgegen, gehen auf seine Bedürfnisse ein. Dem Mitarbeitenden stehen sie in einer Konfliktsituation zur Seite. Dabei gehe es auch darum, ihnen wieder Ansehen und Würde zu verleihen, betont Westerdick.

Flyer mit dem Logo der Flughafenseelsorge

Transzendenz ins Chaos bringen

Und wie sieht es mit Religion und Glaube am Flughafen aus? Manchmal hole sich eine Pilgergruppe einen Reisesegen ab. Explizit für eine seelsorgliche Begleitung kämen nur Wenige an den Schalter, sagt Westerdick. Das passiere eher aus dem Gespräch oder der Situation heraus. Dann bringe er den „Reisesegen to go“ ins Spiel – ein Lesezeichen mit dem Logo der Flughafenseelsorge und einer von 16 verschiedenen Segenszusagen oder einem Spruch aus der Bibel. Der Passagier darf aus einem Stapel Lesezeichen einen Segen für den Urlaub ziehen. „Wir holen etwas Transzendentes in einen chaotischen Moment rein“, erläutert der Pastoralreferent. Und es sei spannend zu beobachten, wie die Menschen reagierten: gerührt, dankbar oder auch irritiert.

Dass Westerdick und das ökumenische Team die Menschen berühren und ihre Hilfe gerne angenommen wird, zeigen die Reaktionen auf den Kontakt. Vor kurzem kam ein Ehepaar an den Schalter, überreichte eine Tafel Schokolade und bedankte sich für den geretteten Urlaub im vergangen Dezember. Eine Schülergruppe aus Bremen bedankte sich per Mail für die Unterstützung. Nachdem der Flug von Köln/Bonn nach Rom zu einem Schülerwettbewerb kurz vor Abflug abgesagt wurde, buchte die Gruppe kurzfristig auf einen Flug von Düsseldorf um. Als sie 50 Minuten vor Abflug am Flughafen eintrafen, konnten sie nicht mehr an Bord. Die Frustration war groß, doch es gab ein Happy End. Westerdick und sein Team halfen bei der Umbuchung auf einen neuen Flug am nächsten Tag, organisierten ein Quartier für die Nacht und so konnten die Schüler doch noch am Wettbewerb in Rom teilnehmen. Zwei Wochen später kam die Mail mit der schönen Nachricht: Die Gruppe hatte den zweiten Platz gemacht.

Neben den fröhlichen und spontanen Begegnungen gibt es aber auch die ernsten Momente am Schalter gegenüber vom Check-In 150 auf der Abflugebene im Terminal A. Wenn ein Mitarbeiter des Flughafenpersonals stirbt, bietet das Seelsorgeteam Gespräche an und hält eine Andacht im Gedenkraum des Flughafens. Und auch zu Beginn und während der Coronapandemie, als kein Flieger abhob, waren Johannes Westerdick, seine Kollegin Ute Clevers und ihr Team für die Mitarbeitenden des Flughafens vor Ort und spendeten ihnen Trost und Zuversicht in unsicheren Zeiten. Manchmal gebe es auch Todesfälle an Bord, dann betreut das Team wartende Angehörige, Crew und Passagiere. Für die Opfer der Germanwings-Katastrophe im März 2015 und ihre Angehörigen bereitet die Flughafenseelsorge jährlich zum Jahrestag eine Andacht im Gedenkraum vor und begleitet zusammen mit der Stiftung Notfallseelsorge die Hinterbliebenen zum Flug zur Absturzstelle in Spanien.

Gedenkraum am Flughafen Düsseldorf

Seelsorge als wichtiger Bestandteil des Flughafens

Katastrophen wie der Absturz der Germanwings-Maschine, aber auch der Tsunami in Thailand an Weihnachten 2004 zeigen immer wieder, wie wichtig die seelsorgliche Betreuung für wartende Angehörige ist. Auslöser für die Einrichtung der Flughafenseelsorge in Düsseldorf war die Brandkatastrophe in der Ankunftsebene des Terminals A im April 1996 mit 17 Toten und 88 Verletzten. Für Notfälle und Katastrophen dieser Tragweite gibt es ein Back-up-Team, das auf Krisen vorbereitet ist und in Absprache mit dem Notfall- und Safety Management des Flughafens zum Tragen kommt.

Die ökumenische Flughafenseelsorge in ihrer heutigen Form gibt es seit Oktober 2016 am Flughafen der Landeshauptstadt. Sie ist eine Kooperation des Evangelischen Kirchenkreises Düsseldorf und der Katholischen Stadtkirche Düsseldorf und am Flughafen nicht mehr wegzudenken. Zusammen mit seiner Kollegin Ute Clevers, einem Bundesfreiwilligen und 30 Ehrenamtlichen ist Johannes Westerdick rund um die Uhr telefonisch erreichbar; Montag bis Freitag von 7-19 Uhr sowie Samstag und Sonntag von 10-16 Uhr ist das Team vor Ort. Die „Gemeinde“ – erläutert er mit einem Zwinkern – umfasst bis zu 100.000 Reisende, 20.000 Mitarbeitende des Flughafens, 50 Flaschensammelnde und rund 50 gestrandete Menschen. Neben den monatlich 3500 Kurzkontakten seien es um die 90 bis 100 Kontakte im Monat, die zwischen einer halben Stunde oder mehreren Tagen dauern.

Ein Mitarbeitergespräch, Auskunft geben oder einem Trauernden beistehen: Einen geregelten Arbeitsablauf habe er nicht, aber das sei auch das schöne und herausfordernde, erzählt Johannes Westerdick begeistert und beschreibt seine Tätigkeit als „Info plus“. „Die Menschen kommen an den Schalter und sagen: Da guckt jemand freundlich, den kann ich was fragen.“ So könne es passieren, dass er am Tag hunderte Male den Weg zur Toilette weise und sich im nächsten Moment aus der niederschwelligen Auskunft ein längeres Gespräch entwickelt. „Man weiß nie, was der Tag bringt.“

Terminal am Flughafen Düsseldorf.

Tipps für einen entspannten Start in den Urlaub

In der momentanen Lage rät Johannes Westerdick rechtzeitig am Flughafen zu sein, wobei mehr als vier Stunden wenig Sinn ergeben, da kleine Airlines erst zweieinhalb Stunden vor dem Abflug den Check-In öffnen.

Allgemein gilt: sich gut organisieren, im Vorfeld über Vorlaufzeiten informieren und auf die Auskünfte der Airlines und des Flughafens achten. Für den Check-In und die Sicherheitskontrolle alle Papiere bereithalten und nur zulässige Dinge im Handgepäck mitnehmen. „Wenn man sich darauf vorbereitet, geht es für alle schneller“, findet Westerdick und rät, wenn möglich sich online einzuchecken und zur Zeit nur mit Handgepäck zu verreisen, um Zeit beim Check-In einzusparen.

Bei vielen Menschen kann die Situation am Flughafen und das Fliegen Stress auslösen, darum sei es wichtig den Stressmoment auf einem niedrigen Level zu halten. "Und bitte nie vergessen, dass alle Mitarbeitenden, die an dem Tag vor Ort arbeiten, keine Gegner sondern Partner dabei sind, die Reise sicher und gut zu starten!"

Informationen und Kontakt zur Flughafenseelsorge Düsseldorf finden Sie auf der Website des Flughafens Düsseldorf:

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