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Leibliche und geistige Werke der Barmherzigkeit

Datum:
24. Juli 2023
Die Werke der Barmherzigkeit führen zur Mitte des Glaubens. Das Evangelium beantwortet die Frage, wie Menschen Christus nachfolgen können: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“
Das Tor der Barmherzigkeit ist Teil der Fasten- und Osterzeit 2016 am Bonner Münster, die unter dem Motto „Barmherzigkeit verändert“ steht.  Dieses Motto ist an den Torseiten und im Innenbereich des Tors umlaufend in elf verschiedenen Sprachen angebracht.  Es begleitet die Menschen, während sie das Tor durchschreiten.  Barmherzigkeit verändert Ex-Bild-DB-ID: 18608

Die Werke der Barmherzigkeit führen zur Mitte des christ­lichen Glaubens. Barm­herziges Han­deln ist dabei aus zwei Per­spek­tiven zu ver­stehen: Wer sich ganz von Gottes ent­gegen­kommen­der Barm­herzig­keit ange­nomm­en weiß, der kann ebenso handeln. In der christ­lichen Tradi­tion werden leib­liche und geistige Werke der Barm­herzig­keit unter­schieden.

Das Evangelium antwortet ein­deutig auf die Frage, wie Men­schen Christus nach­folgen können: „Was ihr für einen meiner gering­sten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40). Damit ist Barm­herzig­keit die Be­dingung unseres Heils. Die Barm­herzig­keit ruht im Her­zen eines jeden Menschen und sie be­stimmt, wie wir auf­richtig für alle Anderen offen sind und auf sie zugehen.

Barm­herzig­keit nimmt den Mit­men­schen un­mittel­bar wahr und wendet sich ihm konkret zu – ganz gleich, ob Hilfe in physischer oder geistiger Notlage nötig ist.

Im "Heiligen Jahr der Barmherzigkeit" (2015/16) hat Papst Fran­ziskus die Werke der Barm­herzig­keit beson­ders in den Fokus gerückt.

Die sieben leiblichen Werke der Barmherzigkeit

Die Schriften des Evangeliums beschreiben an vielen Stellen, wie das Gebot der Barmherzigkeit konkret gelebt werden soll.

Am deutlichsten beschreibt das Matthäus-Evangelium (Mt 25,35 ff), was unter barmherzigen Wer­ken zu verstehen ist:

„Denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen ge­geben. Ich war durstig und ihr habt mir zu trinken ge­geben. Ich war fremd und obdach­los, und ihr habt mich aufge­nommen. Ich bin nackt ge­wesen, und ihr habt mir Kleider ge­geben. Ich war krank, und ihr habt mich be­sucht. Ich war im Gefäng­nis, und ihr seid zu mir gekommen.“

Die leiblichen Werke sind:

  • Hungrige speisen
  • Durstigen zu trinken geben
  • Fremde beherbergen
  • Nackte kleiden
  • Kranke pflegen
  • Gefangene besuchen
  • Tote bestatten

Die sieben geistigen Werke der Barmherzigkeit

Die Barmherzigkeit wendet sich dem ganzen Men­schen zu, den leib­lichen und den seelischen Nöten. Die geistig­en Werke richten unsere Auf­merksam­keit auf die geistige und geist­liche Ar­mut, in der viele Men­schen unserer Zeit nach Zu­spruch, Nähe und Ver­ständ­nis suchen.

Die sieben geistigen Werke der Barm­herzig­keit sind:

  • Unwissende lehren
  • Zweifelnde beraten
  • Trauernde trösten
  • Sünder zurechtweisen
  • Beleidigern gern verzeihen
  • Lästige geduldig ertragen
  • Für Lebende und Verstorbene beten

Alle Werke der Barmherzig­keit haben gesell­schaft­liche, poli­tische und öffent­liche Dimen­sion­en, jedoch wird in den geistigen Wer­ken das darüber hinaus ge­hende seelische und geistige Heil ange­sproch­en, das oftmals nötiger als eine materielle Unter­stütz­ung ist. Eine rein materielle Barm­herzig­keit allein wird der mit­mensch­lichen Er­wartung nicht gerecht, ebenso wenig wie eine Gerech­tig­keit, die ohne Barm­herzig­keit auszu­kommen meint.

Die geistigen Werke ver­weisen auch auf die Heraus­for­derungen, denen sich ein „barm­herziges“ Leben aus­ge­setzt sieht. Die Mensch­lich­keit, die in den Werken der Barm­herzig­keit be­schrie­ben wird, geht über unsere mensch­lichen Kräfte hinaus. Ohne die Barm­herzig­keit Gottes gerät un­sere mensch­liche Barm­herzig­keit schnell an Grenzen.

In der Ankündigung des Heiligen Jahres der Barm­herzig­keit (2015/2016) schrieb Papst Fran­zis­kus deshalb: „Öffnen wir un­sere Her­zen für­ein­ander und für Gottes Barm­herzig­keit“. Weiter er wen­det sich an die Kirche selbst: „Öffnet die Türen. Lasst die Men­schen hinein, damit sie Gottes Liebe er­fahren können!“

Warum 7?

Die Zahl 7 jeweils für die leiblichen und geistigen Werke der Barmherzigkeit hat sich im Leben der Kirche heraus­gebildet, als Aus­druck eines Lebens das der von Gott bereits ge­schenkten Barm­herzig­keit folgt und die empfangene Liebe an die Mit­menschen weitergibt.

In der Zahlensymbolik steht die Zahl 3 für das Göttliche (Dreifaltigkeit) und die Zahl 4 für das Mensch­liche (vier Himmels­richtungen, vier Jahres­zeiten, vier Ele­mente). Da 3+4 = 7 kommen hier Gött­liches und Mensch­liches zusammen. Damit gilt die 7 als Heilige Zahl der Be­gegnung Gottes. (In der Bibel z.B. die 7 Schöpfungs­tage, das Buch mit 7 Siegeln in der Offen­barung des Johannes)

Daneben gilt ebenso die Zahl 12 (= 3x4) als Heilige Zahl der Be­gegnung Gottes (in der Bibel z.B. 12 Stämme Israels, 12 Apostel, das himm­lische Jerusalem soll 12 Tore haben).

Leibliche Werke der Barmherzigkeit als Kirchenfenster

"Keiner lebt für sich allein": Sieben Kirchenfenster in der Kirche St. Elisabeth in Köln-Höhenberg zeigen die sieben leiblichen Werke der Barmherzigkeit. Eine Betrachtung von Pfarrer Franz Meurer.

Unsere Kirche in Köln-Höhenberg hat die heilige Elisabeth von Thüringen als Patronin. Als Landgräfin hat sie sich vor 800 Jahren besonders um die Armen gekümmert. Sie hat sich so intensiv engagiert, dass sie schon mit 24 Jahren starb. Vier Jahre später bereits wurde sie heiliggesprochen.

Als vor 40 Jahren die acht Fenster in der Kirche gestaltet werden sollten, war sogleich klar: Eins muss die heilige Elisabeth zeigen. Doch was soll in die anderen sieben? Natürlich das, was Elisabeth getan hat gemäß ihrem Wahlspruch „In den Armen begegnet uns Gott“. Also die sieben Werke der leiblichen Barmherzigkeit, die da sind: Hungernde speisen, Durstigen zu trinken geben, Nackte bekleiden, Fremde aufnehmen, Gefangene befreien, Kranke besuchen und Tote bestatten.

Für die künstlerische Gestaltung der Fenster konnte Professor Rolf Maria Koller gewonnen werden, Hochschullehrer an der Kölner Fachhochschule für Kunst und Design.

Wie zeige ich Barmherzigkeit?

Die geniale Idee: Die Fenster zeigen nicht die sieben guten Werke, sondern die sieben Notlagen! Also müssen sich die Menschen in der Kirche, die die Fenster betrachten, überlegen, was zu tun ist. Wollen sie sozusagen in die Bilder einsteigen und sich engagieren? Möchten sie Teil der Darstellung werden und mitspielen durch gute Werke der Barmherzigkeit?

Was Barmherzigkeit ist, erklärt sehr gut der Soziologe Heinz Bude in seinem Buch „Solidarität“. Er sortiert die Begriffe Empathie, Barmherzigkeit, Gerechtigkeit und Solidarität. Empathie verwenden wir oft positiv, es meint aber nur die Fähigkeit, sich in andere hineinzudenken. Auch der Folterer muss empathisch sein.

Was bin ich bereit zu investieren?

Barmherzigkeit ist die Kraft des Einzelnen, die Macht des Individuums. Du kannst deiner kranken Nachbarin helfen oder eben nicht. Es liegt an dir. Gerechtigkeit ist die Aufgabe des Staates. Sie gelingt immer nur unvollkommen, wie die Energiekrise zeigt. Solidarität meint, dass wir alle voneinander abhängen. Niemand ist eine Insel, keiner lebt für sich allein. Wir sind aufeinander angewiesen.

Die Fenster in unserer Kirche machen nachdenklich. Was bin ich bereit zu investieren? Kann ich Geflüchtete aufnehmen? Oder mit einer Spende mithelfen? Oder mit einem guten Wort denjenigen beistehen, die Durst nach Anerkennung haben? Wie ich mich engagiere, entscheide ich selbst – das ist Barmherzigkeit. Die Fenster laden dazu ein mitzumachen.

Ein Artikel aus dem Magazin "AdventsZeit" (2022).

Was ist Barmherzigkeit?

Was ist Barmherzigkeit?

Ein Beitrag der Serie "Katholisch für Anfänger". Die Zeichentrickserie erklärt auf einfache und humorvolle Art zentrale Begriffe aus Kirche und Christentum. In dieser Folge geht es um Barmerherzigkeit.

     

Bilddtafeln "Sieben Werke der Barmherzigkeit"

Bilddtafeln

Bildtafeln des Künstlers Dieter Hartmann schmücken den Chorraum der Sankt Lambertus Kirche in Mettmann. Sie stellen die "7 Werke der Barmherzigkeit" dar. Sankt Lambertus ist Teil des Zyklus "Lichte Stille", einer Kooperation katholischer und evangelischer Kirchenmusik, des Erzbistums Köln und den Bildungswerken des Erzbistums.

     

Service und Kontakt

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